Interview: IMPERIUM DEKADENZ - Horaz

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Man sollte niemals versuchen, Kunst zu schaffen, wenn man nicht das Gefühl hat, dass Geist und Seele mit etwas gefüllt sind, das raus muss. Das richtige Feeling ist im Prinzip die Quintessenz beim Schreiben.

Wir sprachen mit IMPERIUM DEKADENZ-Fronter Horaz über Masken, Tonträger-Hartware und den richtigen Flow beim Komponieren!

Veröffentlicht am 13.02.2023

Mit "Into Sorrow Evermore" haben IMPERIUM DEKADENZ einen erneuten Volltreffer gelandet. Fronter Horaz stand uns für eine Handvoll Fragen zur Verfügung. Viel Spaß mit unserem Interview über Masken, Tonträger-Hartware und den richtigen Flow beim Komponieren!

Hallo Horaz, wie geht’s euch?

Servus! Es war viel, viel Arbeit, aber wir sind glücklich und stolz auf das bisher Erreichte.

Glückwunsch zu "Into Sorrow Evermore"! Die Platte erscheint mir wie der nächste logische Schritt in der Historie eurer letzten Alben, aber mal geradeweg heraus gefragt: habt ihr dieses Mal irgendwas anders gemacht und wenn ja, was?

Naja, uns wurde Corona aufgezwungen. Das bedeutet, wir hatten plötzlich viel mehr Zeit, weil an den Wochenenden nichts mehr los und bei der Arbeit Kurzarbeit angesagt war. Wie vertreibt man sich also die ganze Zeit? Genau, man schreibt Songs. Wir hatten dieses Mal über zwanzig Songideen gesammelt, aus denen sich acht Stücke herauskristallisiert haben. Auf einen solchen Pool konnten wir noch nie zurückgreifen. Wir versuchen, uns stets bei allen Gefühlslagen, die IMPERIUM DEKADENZ ausmachen, zu intensivieren, haben aber dieses Mal einen Schwerpunkt auf die melancholischen Momente gelegt.

Nimmt das aktuelle Weltgeschehen Einfluss auf eure Musik und wenn ja, wie und an welcher Stelle?

Die Frage kann mehr oder weniger jeder selbst beantworten, da wir alle davon betroffen sind. Man saugt all die Dinge auf, sieht, dass die westliche Welt – oder die gesamte Welt im Hinblick auf die Umwelt – einem großen Umschwung entgegensteuert, macht sich Sorgen und versucht, es zu kompensieren. Der Ukraine-Krieg hatte jedenfalls keinen Einfluss auf das Album, da die Songs alle vor dem Ausbruch geschrieben wurden. Aber Corona, die Zeit der Isolation und die damit verbundene Mehrzeit, sich mit sich selbst zu beschäftigen, schon. Der Wunsch, mehr Melancholie einfließen zu lassen, hat bestimmt damit zu tun.

Worum geht es auf Album und gibt es einen roten Faden in den Lyrics?

Ja, es geht darum, sich mit den negativen und dunklen Aspekten des Seins auseinander zu setzen. Dabei werden Wahrheiten aufgedeckt, die im Licht verschleiert bleiben oder gerade durch das Licht überblendet werden. Oft im Gewand von Metaphern, wie z.B. bei "Truth Under Stars", wo der Tageshimmel die "Wahrheit" dahinter verdeckt, also das Universum. Es ist die Erkenntnis, Melancholie zu leben und daraus Mut und Kraft zu schöpfen.

Was hat es mit den beiden Masken auf sich?

Masken an sich haben eine ganz bestimmte Funktion. Etwas zu verschleiern oder auch etwas bestimmtes ausdrücken zu wollen. Hier wird Letzteres eingesetzt und kann als Waage zwischen den Gefühlswelten verstanden werden. Eine Entscheidung oder eine Tendenz trifft die Wahl. Im Kontext zum Albumtitel, ist unsere Wahl getroffen und spiegelt sich auch in den Texten wider. Die Masken wurden von Simon Stiegeler angefertigt.

Ebenfalls meinen Glückwunsch zum Sound – besonders zur Konsequenz und Stimmigkeit, mit der die Akteure miteinander in Symbiose treten. Wie tretet ihr an eine solche Aufgabe heran und wie war eure Vision? Wie konkret eure Vorstellungen?

Wir wollten so organisch klingen wie auf "When We Are Forgotten" und so kraftvoll wie bei "Dis Manibvs". Die große Überschrift war aber, mehr nach 90er Black Metal zu klingen, also die Gitarren deutlich knurrender und kraftvoller zu machen, die Vocals und Drums mit mehr Hall zu versehen. Mit Christoph Brandes (Iguana Studios) haben wir da einfach den perfekten Produzenten für uns gefunden, der unser Glossar versteht und weiß, was wir wollen. Natürlich spielen auch sein Können, Equipment und bewundernswertes Engagement eine große Rolle.

Warum habt ihr dieses Mal keine deutschen Lyrics an Bord?

Tatsächlich reiner Zufall. Wie gesagt, wir hatten über zwanzig Song-Ideen und die vorliegenden acht kamen dabei raus. Gerade bei gesprochenen Teilen kommt Deutsch meiner Meinung nach nicht so rund wie Englisch rüber und derartige Teile haben wir dieses Mal öfters drin. Zudem eignet sich Englisch auch immer dort besser, wo wenig Wörter oder kurze Sätze gebraucht werden. Solche Teile finde ich sehr Metal und sehr Oldschool und sie passen damit perfekt in das aktuelle Soundkonzept.

Atmosphäre und Emotion spielt eine immer größere Rolle in eurer Musik – welche Rolle spielt dabei das richtige Feeling beim Komponieren?

Man sollte niemals versuchen, Kunst zu schaffen, wenn man nicht das Gefühl hat, dass Geist und Seele mit etwas gefüllt sind, das raus muss. Das richtige Feeling ist im Prinzip die Quintessenz beim Schreiben. Seit "When We Are Forgotten" haben wir einen größeren Fokus auf persönliche Themen bei den Lyrics. Diese persönliche Note wirkt sich auch auf das Songwriting aus, da man gefühlsmäßig mehr mit Herz als Verstand an die Ideen ran geht.

Wie oder wodurch stellt sich dieses Feeling ein?

Man kann nicht einfach einen Song schreiben und zwei Tage später gleich den nächsten. Man muss sich zuerst wieder mit etwas füllen, das sich materialisieren lässt. Da gibt es keinen An-Schalter dafür. Man muss sich für die Welt interessieren, Orte, Menschen und andere Kunst in sich aufnehmen und versuchen, alle möglichen Aspekte aus diesen Erfahrungen zu sehen. Auch der Alltag, Tiefschläge in Lebenssituationen und nervende Nichtigkeiten sind eine wichtige Komponente, denn Hass hat schon viele gute Metal-Riffs geschrieben.

Ich fand die kompositorische und songübergreifende Stimmigkeit der Platte verblüffend und beschrieb sie zuweilen als gigantischen Longtrack – wie zutreffend ist diese Sichtweise für euch? Habt ihr (auch) einen roten Faden im Musikalischen vorgesehen?

Genau, das ist für uns eigentlich schon immer ein wichtiger Punkt gewesen. Einzelne Stücke sind weniger wichtig als die gesamte Erfahrung des Albums. Wir möchten eine Reise in die innere Gedankenwelt schaffen und da sind die Übergänge, aber auch die Abfolge der Stücke von großer Bedeutung. Hier geschieht nichts durch Zufall.

Wie seht ihr eure Entwicklung vom rohem BM früher Tage zu eurem heutigen Stil – ist dies für euch eine natürliche Evolution oder war es eine bewusste Entscheidung?

Ich denke, den Kern unseres Stils haben wir seit der ersten Platte beibehalten und stets versucht, das Bestehende zu verbessern und nicht neu zu gestalten. Roher Black Metal war IMPERIUM DEKADENZ eigentlich nie. Wir schauen auch immer nur von Album zu Album. Einen langfristigen Plan hatten wir nie. Ein paar neue Songideen entstehen, und dann schauen wir, in welche Richtung das nächste Album gehen soll.

Wie bei allen Bands auf Napalm Records ist auch eure neue Scheibe als hochwertige LP erhältlich und wenn ich euren Post dazu richtig deute, bemesst ihr dem physischen Medium eine hohe Bedeutung bei. Gleichzeitig habe ich für mich abgespeichert, dass man als Band mit Tonträgern dieser Tage nicht mehr viel verdient. Welchen Stellenwert hat diese Veröffentlichungsform für euch und euren bandtechnischen Broterwerb?

Es ist ja kein Geheimnis, dass das Metal-Volk eines der letzten ist, das noch Alben in physischer Form kauft. Musik wird hier nicht nur mal beiläufig gehört, sondern ganz bewusst. Es ist Leidenschaft und auch eine Lebenseinstellung, die entsprechend gewürdigt werden soll. Vinyl verkörpert dies und deshalb hat dieses Medium einen so großen Zulauf. Soweit es in unseren Händen liegt, wollen wir den Leuten ein bestmögliches Produkt verkaufen. Wertigkeit ist hier sicherlich der wichtigste Begriff. Es stimmt aber, dass der Tonträgerverkauf kaum schwarze Zahlen schreibt, weil eigentlich auch die ganzen Produktionskosten des Albums darauf umgelegt werden müssen. Das dringend benötigte Geld kommt also mit Auftritten und Merchandising-Artikeln rein.

(Wo) Werdet ihr mit "Into Sorrow Evermore" auf Tour gehen?

Das wollen wir unbedingt, ob es klappt ist aber noch ungewiss. Deutschland, Österreich und die Schweiz haben da gute Chancen, wenn es klappt.

Was schreibt ihr euch als Band (oder außerhalb) für die nächsten zwei, drei Jahre auf die Fahne?

Weiterhin erfüllt sein.

Vielen Dank für eure Zeit und Antworten – das Schlusswort gebührt dir!

Besten Dank für die Unterstützung auf allen Ebenen! Wir versuchen, dem weiterhin gerecht zu bleiben. Wir sind gespannt auf alle Kommentare und Meinungen zum Album und freuen uns auf emotionsgeladene Konzerte mit allen, die möchten.


WERBUNG: Hard
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