Interview: In Extremo - Das letzte Einhorn - Michael Rhein

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Wir haben uns sprichwörtlich den Arsch abgespielt, und uns so bekannt gemacht. Es ist alles möglich. Natürlich gehört auch Glück dazu - am richtigen Ort zur richtigen Zeit zu sein.

Unser rasender Reporter Fraunz traf sich im Wiener Hotel Triest mit IN EXTREMO Fronter Michael Rhein (a.k.a. Das Letzte Einhorn) und entlockte dem sympathischen Hünen allerlei interessante Dinge über den "Sängerkrieg", Quellen in Graz und Schlafmangel in fahrenden Nightlinern.

Text: Fraunz
Veröffentlicht am 10.05.2008

Gratulation zum neuen Album „Sängerkrieg“
Warum sollen wir euer neues Album kaufen?

Weil's geil ist! (lacht) Ich meine, eine Band macht natürlich Musik, um sie einer breiten Masse zu präsentieren. Es gibt ja Bands, die sagen, ihr seid berühmt, das würden wir nie machen. Aber das ist für mich alles gelogene Heuchlerkacke. Ich will keine Band, die nur im Proberaum versauert und immer nur probt, damit ja keiner was hört. Bestes Beispiel ist, wenn du als Journalist schreibst, möchtest du auch so viele Leser wie möglich erreichen.
Um deine Frage zu beantworten, warum soll man gerade Sängerkrieg kaufen, weil's die Arbeit und das Album verdient haben.

Du hattest bei der Produktion angeblich alle Fäden in der Hand...

Ich bin schon Hans Dampf in allen Gassen. Ich versuch' natürlich immer auch alles unter einen Hut zu bekommen. Jeder in der Band hat seine Aufgaben. Ich sag' mal so, das erste Lied auf der CD 7 Köche beschreibt ziemlich genau die Arbeitsweise wie ein In Extremo Album entseht. Auf den Punkt.

Aber es muss trotzdem einen geben, der sagt, Diskussion ist gut, aber so machen wir's jetzt.

Da gibt's ja die Textstelle, wo einer die Kelle schwingt...

... das bist du...

Heute back' ich, morgen brau' ich, wer heimlich nascht, den verhau' ich. (lacht)

Wie lange habt ihr für die Albumproduktion gebraucht?

Im Studio waren wir zwei Wochen. Die ganze Vorproduktion, die wir selber gemacht haben, hat ein halbes Jahr gedauert mit allem drum und dran.

Stichwort: Axl Rose

Da fällt mir ein Zitat von Slash ein: Ich hab’ ihn vor Kurzem singen hören und zum Glück mach ich mit ihm keine Musik mehr. (lacht)

Glaubst du, dass für eine Band heute eine MySpace Seite genügt, oder braucht man als Band auch die "normale Homepage"?

MySpace ist für mich zur "normalen Homepage" eine Erweiterung. Ich bin zwar nicht so der Computerheini, aber ich halt' es für eine gute Sache. Vom Politischen her ist es eine ganz schön gefährliche Sache, weil jeder sich offenbart und überall auf der Welt kann man feststellen, was du gerade geschrieben hast. Was ja beim Internet generell so ist. Aber grundsätzlich halt' ich MySpace für eine gute Sache.

Gehen wir über zur realen Welt. Was ist dein markantestes Erlebnis der letzten Zeit mit In Extremo?

Letztes Jahr die ganze Tour. Da gibt's viele Anekdoten. Wir haben ja angefangen in Spanien, Frankreich, Holland, Belgien. Dann sind wir in Mexiko, Argentinien und Chile gewesen. Von dort direkt nach Russland. Da kommst du an der Halle an, wo 5.000 Leute stehen und fragst dich, wo die alle herkommen. Kannst nicht aus dem Auto aussteigen, weil sie dir das Hemd zerfetzen. Du brauchst nicht einen Ton zu singen. Es ist verrückt. Es ist ein Erlebnisurlaub.

Other Stories?

Ein krasses Erlebnis war damals mal für mich mit den Chilli Peppers. Wir haben zusammen mit ihnen in Mexiko getourt. Wir haben einen Tag versetzt gespielt. Wenn sie gespielt haben, waren wir bei ihnen und umgekehrt. Wir haben uns in den 2,3 Tagen mit ihnen ziemlich gut angefreundet und allerhand Faxen gemacht. Gemeinsame Ausflüge und sind in Bars rumgehangen. Ein Jahr später haben wir uns am Aerodrome Festival wiedergetroffen. Wir kommen gerade die Bühnetreppe runter, knien die Chilli Peppers auf der Erde und machen we're not worthy.


Aerodrome Festival - du hast mir gerade eine gute Überleitung gegeben. Was ist generell dein Eindruck von Österreich?

Als ob ich in Deutschland bin. Der Dialekt ist, als ob ich in Bayern bin. Also mentalitätsmäßig unterscheiden sich die Österreicher von den Deutschen fast gar nicht. Auch von der Gesetzgebung.
Die Wiener sind ein bisschen sturer, aber herzensgute Typen, wie bei uns die Berliner.
Publikumsmäßig haben uns die Österreicher immer unterstützt. Ich bin gerne in Österreich. Wien ist eine wunderbare Stadt. Graz auch. Graz hat die meisten Quellen innerhalb von 5 Quadratkilometern weltweit. Ich fahre sehr oft nach Kroatien und da halt ich immer in Graz an und besuchen einige Quellen. Hammer!

Wenn man viel unterwegs ist, lernt man solche Plätze zu schätzen.

Ich bin dankbar dafür. Ich bin in der Welt rumgekommen. Ich hab mich ein Vierteljahr in Brasilien herumgetrieben. Das hat mir die Augen geöffnet. Ich hab schon einen Esslöffel Kaviar für 3.000 € gegessen. Ich hab aber auch Menschen an Tankstellen in Brasilien verhungern gesehen, wo man nicht mehr helfen konnte. Es ist verrückt.

In Extremo ist ja ein Band die gewachsen ist und nicht über Nacht bekannt wurde. Was rätst du einer jungen Band, die nach oben will?

Man muss einfach spielen. Wir haben uns sprichwörtlich den Arsch abgespielt, und uns so bekannt gemacht. Es ist alles möglich. Natürlich gehört auch Glück dazu - am richtigen Ort zur richtigen Zeit zu sein. Manchmal ist es Schicksal.

Bis zu einem gewissen Grad kann man es erzwingen.

Das darf man eben genau nicht. Das haben wir sehr früh begriffen. Wir haben den Bauch entscheiden lassen und nicht mit der Brechstange gearbeitet.

Eine Frage, die uns alle beschäftigt. Was macht ihr, wenn ihr mal zu tief in den Metkrug geschaut habt? Wie war das im Mittelalter?

Ich weiß es nicht. Ich glaub, das ist wie vor 500 oder 1000 Jahren. Wenn man gesoffen und schlecht geschlafen hat, wacht man morgens auf und hat eine Rübe. Damit muss man fertig werden. Dienst ist Dienst, und Schnaps ist Schnaps. Da muss man einfach die Kurve kriegen. Wenn man morgens um 4 ins Bett geht, weiß man, dass man morgens um 8 aufstehen muss. Man hätte ja 2 Stunden eher gehen können, aber das schafft man ja meistens nicht...

Wie geht’s dir dabei auf Tour?

Ich hab’ Schlafmangel auf Tour. Ich schlaf maximal 3-4 Stunden. Ich kann im Nightliner einfach nicht schlafen, nur wenn er steht, penn ich sofort ein. Deshalb steh ich meistens erst um 5 auf.

Abschließende Frage: Wer wird Fußball-Europameister?

Kroatien. Deutschland ist die B-Variante für mich. (lacht)


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