Interview: God Dethroned - Henri

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Musik kann sehr schnell langweilig werden wenn sie nur schnell ist, andererseits ist es ebenso wenn sie nur langsame Parts enthält

Mit der Rückkehr zu alten Tugenden haben GOD DETHRONED samt ihrem neuen Machwerk "Passiondale" sicher eines der deathigen Highlights dieses Jahres abgeliefert. Mastermind Henri Sattler klärt auf wie es dazu kam.

Text: Reini
Veröffentlicht am 07.06.2009

Hi Henry – die erste Frage ist jetzt nicht unbedingt 100%ig ernst zu nehmen, aber kannst Du Dich noch daran erinnern, wie es ist ein stabiles Line Up über eine längere Periode in der Band zu haben?

Das hängt davon ab was Du als längere Periode bezeichnest.

Aber es ist doch signifikant, dass wir sehr oft mit neuen Mitgliedern bei Euch zu tun haben und mittlerweile bist Du ja auch das einzig verbliebene Gründungsmitglied.

Ja, aber schau das war auch 1993 schon so. Die Leute machen immer eine Riesen Aufregung um das Ganze, ich seh das halt anders so einfach ist das. Aber diese Frage bekomm ich mittlerweile sowieso schon von jedem gestellt. Die Leute sind halt neugierig: Warum steigen so oft Leute aus GOD DETHRONED aus. Oft hol ich ja junge Leute in die Band und nach einer gewissen Zeit suchen die sich halt einfach neue Herausforderungen, oder wollen was anderes ausprobieren.

Es kann aber auch eine Herausforderung sein neue Leute in die Band zu integrieren oder?

Ja, es ist manchmal wirklich gut neues Blut in der Band zu haben, bringt neue, frische Energie. Gründe für die Wechsel gibt es ja viele, die Distanzen zu den gemeinsamen Proben, keine Lust auf Tourneen, Familie spielt in vielen Fällen auch eine Rolle, gerade in solchen Fällen ist es immer wieder erfrischend, wenn man neue Leute um sich haben kann.

Was sicher nicht nur mich verwundert hat war die Tatsache, dass voriges Jahr im Jänner Roel nach acht Jahren wieder zu Euch zurückgekehrt ist. War Roel, nachdem Arien ausstieg der Einzige den Du den vakanten Drummerposten angeboten hast?

Erion war noch in der Band als ich Roel gefragt habe. Als Arien sich entschieden hatte bei EPICA einzusteigen wusste ich, dass wir für ihn nur die zweite Band sein würden. Und wenn Du Dir mal den Tourneeplan von EPICA ansiehst weißt Du, dass das sowieso nicht funktionieren kann. Ich hab dann Roel auf einem Festival getroffen und nach ein paar Bieren hab ich ihn einfach gefragt ob er nicht wieder bei uns mitmachen will und er sagte kurz und trocken: Ja ich will. Ich hab dann auch noch mit Arien gesprochen ob es ihm was ausmachen würde, wenn Roel ihn ersetzen würde bei uns und er sich auf EPICA konzentrieren könne. Er war einverstanden, so einfach war das…

Wenn wir jetzt mal Euer neues Album „Passiondale“ mit seinem Vorgänger „Toxic Touch“ vergleichen. „Passiondale“ ist roh und verdammt schnell geworden, lag das jetzt vielleicht auch zum Teil an der Rückkehr von Roel, oder hast Du schon relativ früh entschieden, dass Euer neues Album wieder weit aggressiver ausfallen soll?

Das hab ich eigentlich schon sehr früh entschieden. „Toxic Touch“ war ein Experiment für uns was auch an den zwei wirklich hervorragenden Musikern in der Band lang. Arien und Isaac, die das Album doch sehr geprägt haben. Dadurch ist das Album auch weit melodischer, aber auch sehr technisch ausgefallen, es ist halt nicht unbedingt ein typisches GOD DETHRONED Album. Darum hab ich schon relativ bald entschieden, dass ich dieses Flair der älteren Alben wieder zurück haben wolle. Back to the Roots quasi – und das war einfach, eben weil Roel wieder in der Band war. Mit ihm wieder hinter dem Drumkit und meiner Vorgabe wieder alte GOD DETHRONED styled Songs zu schreiben war das total einfach.

Bei all der Aggression auf „Passiondale“ verstehst Du es aber nach wie vor so richtig die Groovesau raus zu lassen, bestes Beispiel der Titeltrack – solche Stücke werden wir wahrscheinlich auf jedem GD Album hören – richtig?

Yeah das stimmt. Wir definieren uns oft über Melodien. Weißt Du, Musik kann sehr schnell langweilig werden wenn sie nur schnell ist, andererseits ist es ebenso wenn sie nur langsame Parts enthält. Dieser Mix zwischen schnellem und melodischem, der hat GD eigentlich schon immer ausgemacht. „Passiondale“ ist ja ein Konzeptalbum über den 1. Weltkrieg, die schnellen Parts beschreiben die ganzen Kämpfe und die eher melodischen Sachen beleuchten die ganze Tragik welche hinter so einem unglaublich traurigen und tragischen Ereignis stecken.

Ihr habt ja diesmal auch auf zwei Songs sehrmelodische Vocals verwendet. . “Poison Fog” und “No Survivors”. Diese Parts hast aber nicht Du eingesungen oder? Da habt ihr sicher jemanden ins Studio geholt oder?

Nein die hat der Sänger von THE WOUNDED eingesungen. Er ist ein guter Freund von mir. Die Lyrics die er bei diesen beiden Songs eingesungen sind auch etwas ganz besonderes auf diesem Album. Ich hab ja die kompletten Texte geschrieben und habe dabei versucht so neutral wie möglich vorzugehen. Ich wollte keine politischen Statements abgeben, aber bei diesen beiden Tracks gibt es Textteile die aus der Sicht von Soldaten geschrieben wurde. Bei „Poison Fog“ von einem Überlebenden und bei „No Survivors“ von einem Soldaten, der ums Leben gekommen ist bei den Kämpfen. Darum wollte ich für diese Textparts auch etwas andere Vocals verwenden, weil sie eben eine ganz andere Betrachtungsweise ins Spiel bringen. Inspiriert Clean Vocals zu verwenden haben mich eigentlich EMPEROR, die das ja auch verwendet haben und ich finde es bringt der ganzen Musik auf dem Album eine extra Dimension. Wir haben auch irrsinnig viel positives Feedback für diese Parts bekommen.

Hast Du Dir auch schon Gedanken gemacht, wie Du diese Parts dann live umsetzen möchtest? Nimmst Du schon Gesangsunterricht?

Wir haben das noch nicht entschieden. Wir können ja auch Samples verwenden, da wir ja Keyboards auch auf dem Album haben. Diese wollen wir auf jeden Fall über Samples auch auf der Bühne bringen, dann können wir die cleanen Vocals auch gleich draufpacken. Das würde das Album dann live auch verdammt gut repräsentieren. Natürlich würde ich die Sachen gerne live auch selber singen, aber Du hast Recht, da müsste ich wirklich ein wenig Gesangsunterricht nehmen.

Du hast ja schon erwähnt, dass „Passiondale“ ein Konzeptalbum über die belgische Stadt ist, die im 1. Weltkrieg eher unrühmlich Geschichte geschrieben hat. Lt. dem Promozettel Eurer Plattenfirma hat ja Euer ex-Gitarrist Isaac sehr viel in diese Richtung nachgeforscht – richtig?

Nicht sehr viel, aber er hat mir schon geholfen. Sein Großvater hat ein paar Bücher über die Stadt die er mir gegeben hat. Er wohnt ja direkt an der belgischen Grenze und ich habe Isaac sehr, sehr oft besucht als er noch bei uns war. Und bei ihm stehen all diese Kriegsgedenkstätten, die Friedhöfe, welche hauptsächlich von Engländern besucht werden um bei ihren gefallenen Verwandten zu sein usw. Irgendwann wollte ich dann mehr über diese ganze Sache erfahren. Ich bin dort ins Museum gegangen und das hat mich derart bewegt, dass ich beschloss ein Konzeptalbum über Passchendaele zu schreiben. Ein komplettes Album darüber hat ja noch niemand gemacht und ich wollte da schon so was wieder Vorreiter sein. Und gerade zu Beginn war das gar nicht einfach, ich sagte ja schon, dass ich das von einem neutralen Standpunkt her beleuchten wollte, weil ich unter keinen Umständen ein politisches Statement abgeben wollte, dadurch war es schwierig einen Zugang zu bekommen, ich hatte auch etliche Konzepte die ich dann wieder verworfen habe, aber mit der Zeit wurde es immer einfacher und schlussendlich bin ich mächtig stolz darauf.

Ihr werdet ja im September eine ausgiebige Südamerika Tour in Angriff nehmen. Geht sich das mit Euren Jobs so einfach aus, oder ist das für Euch auch so was wie ein cooler Urlaub dann?

Also zu diesem Zeitpunkt wird keiner in der Band mehr einen Job haben!

Wirklich?

Derzeit arbeiten wir alle nebenbei, einfach weil wir das Geld brauchen. Als wir aber zum Beispiel für das „Liar“ Album getourt sind, hatte keine von uns einen Job, wir hatten einfach keine Zeit dafür weil wir soviel auf Tour waren. Darum haben wir seitdem ein wenig zurückgeschaltet, wir brauchten die Jobs einfach. Jetzt ist es wieder ähnlich, Ende Juni haben wir die Balkan Tour, dann einige Festivals im Sommer, dann im September die Südamerika und Mexiko Tour, im Oktober werden wir Nordamerika und Kanada machen und dann steht noch Europa auf dem Programm. Das heißt aber auch, dass wir bis Weihnachten nahezu permanent auf Tour sein werden, und Du kannst Dir sicher vorstellen, dass man sich immer ein paar Tage frei nehmen kann, aber sicher kein halbes Jahr.

Aber sowohl die Nordamerika, als auch die Europa Tour sind noch nicht bestätigt richtig?

Nein das ist gerade in Arbeit, bestätigt ist in diese Richtung noch nichts, aber ich hoffe das wird bald der Fall sein. (Anm.: Die US/Kanada Dates sind mittlerweile schon online von 27.9. bis 20.10.2009 zusammen mit ABIGAIL WILLIAMS, WOE OF TYRANTS und AUGURY)

Jetzt feiert ihr ja im Jahr 2010 Euer 20 jähriges Bestehen. Dürfen wir uns da auf irgendwas Spezielles freuen, eine DVD vielleicht oder ähnliches?

Eine DVD ist im Bereich des Möglichen. Was wir aber 100%ig machen werden ist eine Special Show hier in Holland, wo wir Songs von jedem unserer Alben spielen werden. Also von „The Christhunt“ bis „Passiondale“ und bei jedem Song möchte ich mit genau jenem Line Up spielen, welches damals die jeweilige CD aufgenommen hat. Das wird sicher witzig, weil das doch etliche Leute involvieren wird, derzeit hab ich zwar keine Ahnung wie wir dass auf die Beine stellen können, aber mal schauen.

Das klingt nach ziemlich vielen Proben…

Ja das glaub ich auch. Wobei so schlimm glaub ich wird das gar nicht werden. Vom ersten Album die Leute spielen ja gar nicht mehr, mal schauen ob ich die überreden kann extra für diese Show noch mal ihre Instrumente anzufassen. Beim Gitarristen ist das einfach, weil der ist derzeit unser Soundguy, den seh ich sowieso andauernd. Bei Grand Grimoire und Bloody Blasphemy ist es total einfach, Roel war ja dabei und die beiden Gitarristen sind auch noch gut in Schuss.

Henry, Danke vielmals für Deine Zeit Mann!

Ich habe zu danken, cya Man!


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