Interview: Darkest Hour - Mike Schleibaum

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Wir haben den Aufstieg des Internets, von Guitar Hero und Handys erlebt, sogar Onlineverkäufe, alles in der Lebenszeit dieser Band. Ich hoffe, dass wir etwas finden werden, was die Menschen kaufen.

DARKEST HOUR Gitarrist Mike Schleibaum im Gespräch zum aktuellen Output "The Eternal Return". Dabei gehts neben Artwork und Musikindustrie auch um Äpfel und Orangen...

Text: chris
Veröffentlicht am 16.10.2009

Als erstes würde ich gerne etwas zum Line Up Wechsel seit „Deliver Us“ wissen. Kris Norris hat ja die Band circa ein Jahr nach der Veröffentlichung verlassen. Ist es schwer für euch, immer wieder Mitglieder zu verlieren und neue Leute zu integrieren, oder ist das eine Möglichkeit, DARKEST HOUR eher am Leben zu halten und frisch zu bleiben? Oder passieren solche Sachen einfach?

Als erstes würde ich sagen, dass es natürlich immer schwer ist, ein Bandmitglied zu verlieren oder das Line Up zu wechseln. Aber gleichzeitig gibt es DARKEST HOUR jetzt schon seit beinahe 14 Jahren und wir hatten in dieser Zeit nur ungefähr 6 Wechsel. Also ist es nicht etwas, womit wir so oft klar kommen mussten. Scheiße, in der Musikindustrie, in der wir drinnen sind, ist das sicher klar unter dem Durchschnitt. Ich denke, dass neue Mitglieder die Band sicher „am Leben halten“. Es ist einfach, als ob man ein frisches Paar Augen und Ohren um sich hat, und das ist beinahe immer eine gute Sache.

Inwieweit ist Michael “Lonestar” Carrigan nun im Schreibprozess zu „The Eternal Return“ involviert gewesen? War genug Zeit, um mit der restlichen Band auf künstlerischer Ebene eine Verbindung herzustellen?

Lonestar hat sich fantastisch gemacht. Er wurde in eine schwierige Situation gesetzt, weißt du; werde Teil dieser Band, die schon so lange Musik macht und versuch, dazu zu passen. Vertrau mir, dass ist genug, um die meisten Männer zu brechen. Aber Lonestar hat es mit Leichtigkeit und Stil gemacht. Wie ich vorhin schon sagte, seine zusätzliche Perspektive war sehr hilfreich. Es ist immer gut jemanden neues zu haben, der dir seine Sicht der Dinge erklärt. Das Album und auch die Band wären nicht dasselbe ohne Lonestar. Was kann ich sagen, er ist mein Junge, ich liebe ihn!

Worin bestehen für dich die Unterschiede zwischen „Deliver Us“ und „The Eternal Return“? Ich finde ja, dass das neue Album mehr wie aus einem Guss klingt, die schnellen und harten Teile und die melodischen passen auf gewisse Weise besser zusammen. Und eigentlich seid ihr mit „The Eternal Return“ noch weiter weg vom Metalcore als mit den alten Platten. Waren da bewusste Entscheidungsphasen dabei oder ist dieser Prozess einfach so geschehen?

Ich glaube der größte Unterschied zwischen „Deliver Us“ und „The Eternal Return“ ist, wie die beiden Alben rüberkommen. „Deliver Us“ ist ein bei weitem ätherischeres und orchestraleres Album, wohingegen „The Eternal Return“ direkter und Riff-betonter ist. Für mich klingt „The Eternal Return“ nach einer viel erwachseneren Band, so als ob „Deliver Us“ nur ein weiter Wegstein war. Das klingt wahrscheinlich komisch, da ich ja vorhin gesagt habe, die letzte Platte klinge eher orchestral. Aber bei „The Eternal Return“ scheinen die Songs einfach mehr Bedeutung zu haben, auch der Fluss der ganzen Platte ist geschlossener. Und ja, wie du gesagt hast, sie ist weiter weg vom so genannten Metalcore. All das war natürlich eine bewusste Entscheidung. Wir wussten, was wir da machten und „The Eternal Return“ war eben die Platte, die dabei rauskommen sollte. „The Eternal Return“ ist angepisst, wütend, dunkel, traurig, es ist einfach all das, was ein DARKEST HOUR Album sein sollte. Ich glaube genau das macht es auch so gut.

Welche Idee steckt hinter dem „Eternal Return“? Ihr wart ja jetzt nicht so lange weg – welches textliche Konzept steckt dahinter?

Ich lasse das immer gerne bei der Interpretation des Lesers/Hörers. Obwohl früher schon für DARKEST HOUR Songs die Texte geschrieben habe, war das bei „The Eternal Return“ nicht der Fall. Ich glaube, dass unser Leben in dieser Band ein Haupteinfluss war. Versteckt in einer Metal-Metapher ist „The Eternal Return“ ein Schrei nach Hilfe, ein Schrei nach Krieg und ein Schrei nach Blut in seiner ganz eigenen, verdrehten Art.

Die letzten Alben habt ihr mit Devin Townsend aufgenommen, und obwohl man das ja beinahe nicht sagen darf, finde ich, dass der neue Output sogar noch besser klingt als eure alten Sachen, obwohl Devin nicht hinter den Reglern saß. Brian McTernan war euer Produzent, mit dem ihr aber auch schon zusammengearbeitet habt – wieso fiel eure Wahl wieder auf ihn und wie waren die Aufnahmen?

Brian ist wirklich ein alter und enger Freund. Er war sehr einflussreich für mein Songwriting und die Arrangements, seitdem wir 1999 angefangen haben, uns mit ihm zu treffen. Er hat seinen eigenen Stil und wurde dabei sehr gut. Und als wir in die Endphase mit diesem Album kamen, wussten wir, wer am besten dafür wäre. Versteh mich nicht falsch, Devin machte eine tolle Arbeit, aber durch Brians Perspektive klingt das Album wie es jetzt eben klingt. Aufnehmen hat sicher auch dunkle Seiten, aber nichts was wichtig ist, ist einfach zu erledigen.

„The Eternal Return“ ist nun das fünfte Album bei Victory Records. Habt ihr euren Vertrag mit ihnen je bereut oder glaubst du, ihr habt dort die perfekte Heimat für eure Musik?

Eigentlich ist „The Eternal Return“ sogar unser letztes Album für Victory Records. Ich möchte gern anmerken, dass ich nicht wirklich gerne über diese ganze Thematik rede, also sage ich nur folgendes: Durch unsere Rolle als Band bei Victory unter Vertrag zu sein, tragen wir einen Teil der Schuld sicher mit. Aber die Zukunft sieht gut aus, wir haben mit mehr als nur ein paar Labels gesprochen und ein neuer Deal, ein neuer Vertrag und ein neues Album sind in Sicht!

Das Artwork des letzten Albums wurde von BARONESS Sänger John Dyer Baisley gestaltet, dass Neue nun von Sons Of Nero mit Bildern von Lloyd Winter. Aber irgendwie lässt sich ein zusammenhängender Stil erkennen. Inwieweit seid ihr in diesen Prozess eingebunden?

Wir sind stark eingebunden, meist so weit, dass es womöglich Kontraproduktiv ist. Jeder ist da gerne dabei und will mitreden. Es ist zwar kein Kunstwerk, das WIR kreiert haben, vielmehr ist es ein Kunstwerk das unsere Kunst repräsentieren soll. Das kann zwar haarig und ungemütlich werden, aber es ist eben der Weg, den wir dabei gehen. Und das Endergebnis ist eben, dass man die Themen sehen kann, wie sie von Album zu Album weiter gezogen werden. Wir würden es niemals anders haben wollen.

Das Artwork von „The Eternal Return“ ist irgendwie in zwei Hälften gerissen. Da ist das dunkle Außencover und im Gegensatz dazu ein sehr farbenfrohes Booklet. Und zusätzlich gibt es noch einige zweiteilige Symbole, etwa Sonne und Mond und die unterschiedlichen Vögelarten im Booklet. Steckt da ein tieferer Sinn dahinter und wie passt das zum Albumtitel?

Der Name des Bildes das Lloyd Winter gemacht hat, ist „Migration“ und ich glaube, dass diese Idee perfekt zum gesamten Konzept des Albums passt. Das Konzept von Migration, natürlicher Entwicklung, oder ganz einfach die Kunst voranzuschreiten, füttert alle Themen der Platte. Ich mag auch deine Beschreibung als „zweiseitig“. So oder so glaube ich, dass die Ideen passen.

Nun gibt es ja unterschiedliche Ideen zur Rettung des „Albums“, einerseits von Apple und iTunes andererseits von den Plattenfirmen. Hast du eine Idee davon, wie die Zukunft in dieser Hinsicht aussehen wird oder wie die Industrie aussehen könnte? Was sind deine Hoffnungen und schlimmsten Bedenken?

Ich habe keine Ahnung wie sich die Musikindustrie verändern wird. Sie hat sich schon so sehr verändert seit wir diese Band gegründet haben, dass es schwer zu sagen ist, in welche Richtung es nun geht. Wir haben den Aufstieg des Internets, von Guitar Hero und Handys erlebt, sogar Onlineverkäufe, alles in der Lebenszeit dieser Band. Ich hoffe wirklich (für die Künstler da draußen), dass wir etwas finden werden, was die Menschen kaufen. So sehr ich auch für Gratismusik bin ist es verdammt schwierig eine funktionierende Band zu haben, wenn das Geld fehlt. Also ist meine größte Sorge, dass es für uns Bands immer schwieriger und schwieriger wird. Aber ich glaube es gibt noch Hoffnung.

Wie wichtig ist dir der Schreib- und Aufnahmeprozess? Es gibt ja Bands, denen primär die Auftritte etwas bedeuten. Wie würdest du das einordnen?

Ich glaube, es geht um beides. Und es ist schwierig, das einzuordnen, da die beiden Sachen zu unterschiedlich sind. Wenn du Songs schreibst, denkst du darüber nach, wie sie wohl live ankommen und klingen werden. Wenn du sie dann live spielst, überlegst du, wie man es wie auf dem Album klingen lassen kann. Beide Lebensarten sind unterschiedliche, auf Tour reist man, zuhause schreibt man die Sachen. Da geht’s um Äpfel und Orangen. Aber wenn ich mich entscheiden müsste, würde ich wohl den Schreib- und Aufnahmeprozess wählen, weil man dabei offensichtlicher eine Belohnung erhält, da man am Ende einfach mit einem Stück Kunst da steht.

Ende August spielt ihr ja einige Europashows und geht dann wieder zurück in die Staaten, um mit TRIVIUM zu touren. Was erwartest du die von diesen Shows und habt ihre eine weitere Europatour in Planung?*

Wir erwarten eine verdammt geile Party! Wir haben schon gehört, dass TRIVUM sehr gerne feiern und ich bin mir sicher, dass die Shows gut werden. Irgendjemand könnte gleich eine Partybombe abwerfen.

Wie sehen eure derzeitigen Zukunftspläne aus? Habt ihr noch etwas, das ihr unbedingt erreichen wollte, oder ist ab jetzt alles nur noch Zugabe?

Ja klar, wir freuen uns schon auf die Zukunft. Wir haben sogar die Arbeiten an dem neuen Album schon begonnen. Also sind wir auch während der Tour schon hart am arbeiten. Wir können die Aufnahmen zum Nachfolger von „The Eternal Return“ kaum erwarten. Also wenn ihr uns irgendwo auf Tour seht, schaut vorbei und sagt Hallo! Wir werden am nächsten Album arbeiten und sicher eine gute Zeit haben.

Danke für deine Zeit!

(*Anmerkung: Die Fragen wurden schon Mitte August geschickt, das Interview konnte aber erst vor kurzem durchgeführt werden.)


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