Interview: LANTLOS - Herbst

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Ich hasse es, meine Musik „Kunst“ zu nennen, aber für mich ist sie wie das Gemälde eines Ausdruckskünstlers, der einfach Farbe an die Wand klatscht.

LANTLÔS-Bandleader Herbst sprach mit STORMBRINGER.AT über emotionalen Black Metal, Derealisationserfahrungen und seine Zusammenarbeit mit ALCEST-Fronter Neige.

Text: eisendorn
Veröffentlicht am 14.08.2010

LANTLÔS, eine Kooperation des Deutschen Herbst mit ALCEST-Mastermind Neige, haben sich spätenstens mit ihrem aktuellen Langspieler ".neon" in die Oberliga der Post-Black Szene gespielt. Herbst, der für das gesamte Songwriting und das Einspielen aller Instrumente verantwortlich zeichnet, stand STORMBRINGER.AT Rede und Antwort.

SB: Hallo Herbst! Vielleicht können wir damit anfangen, dass du unseren Lesern LANTLÔS mal ein bisschen vorstellst – die Geschichte und das Konzept hinter der Band.

Herbst: Klar, dann fang ich mal mit ein bisschen Biografischem an. Mein damaliger Gitarrist Angrrau und ich haben die Band zwischen 2005 und 2006 gegründet. Wir waren damals schon jahrelang gute Freunde und haben seit wir Instrumente gespielt haben gemeinsam Musik gemacht – früher viel Chanson-Zeug und Death Metal. Irgendwann wollten wir dann eben Musik machen, aus der wir nicht rausgewachsen sind, sozusagen. Erstmal war das alles eher spontan und zwanglos, da wir beide Typen sind, die eher aus dem Bauch heraus entscheiden und wir wollten einfach nur Musik machen.
Später, als wir schon erste Demos aufgenommen hatten, haben wir uns konzeptionell in diese urbane Strömung eingebettet und wurden deshalb leider oft als AMESOEURS-Abklatsch missverstanden. Uns ging es aber nie um Gesellschaftskritik, sondern um die Darstellung von Isolation. Mit der aktuellen Veröffentlichung „.neon“ ist dann auch noch ein surrealer Aspekt dazugekommen.

SB: Die Musik auf „.neon“ hat also eher einen persönlichen, intimeren Charakter. Wieviel gibst du von dir selbst auf dem Album preis?

H: Ja, da steckt eigentlich so ziemlich alles drin was in mir vorgeht, bis auf die paar hellen Momente in meinem Leben.

SB: Vom emotionalen Aspekt her ist die Scheibe ja eher trüb und depressiv. Bist du also auch ein eher negativer Mensch, ein „Minusmensch“, wie der Opener der Scheibe heißt?

H: Nein, ich bin eigentlich überhaupt kein depressiver oder negativer Mensch! „Minusmensch“ ist eher auf das Transreale bezogen, das wir auf „.neon“ thematisiert haben. Bei LANTLÔS waren eigentlich immer die Derealisationserfahrungen, die ich lange hatte, der primäre Antrieb – Entfremdung von der Umwelt. Es ist ein Gefühl wie ein permanenter Rausch. Es ist sehr schwer, damit auf Dauer umzugehen, und das stimmt einen schon auch trübe und nihilistisch. Ich leide zwar auch jetzt noch ab und an darunter, habe aber gelernt, damit umzugehen. Prinzipiell bin ich also kein depressiver Mensch, ich habe nur manchmal Probleme, Dinge wertzuschätzen.

SB: Hatte das komponieren des Albums für dich diesbezüglich auch einen therapeutischen Effekt?

H: Naja, Musik zu machen ist für mich eher ein Zwang, da ich keine Langeweile ertragen kann. Wenn mir also langweilig ist setze ich mich hin und spiele Gitarre, so entstehen dann die Songs.

SB: Songs zu schreiben ist bei dir also kein strukturierter Prozess, sondern die Lieder sind eher das Ergebnis von Jam-Sessions?

H: Ja, genau. Es gibt von uns auch Songs, die komplett improvisiert sind. Der letzte Song auf unserem Debüt ist zum Beispiel im Studio entstanden, die anderen Nummern auch alle innerhalb von drei bis vier Stunden. Ich hasse es, meine Musik „Kunst“ zu nennen, aber für mich ist sie wie das Gemälde eines Ausdruckskünstlers, der einfach Farbe an die Wand klatscht.

SB: Gibt es irgendwelche konkreten Inspirationsquellen in der Musik oder auch in anderen Kunstformen für dich?

H: Sicher gibt es die, aber das läuft eher unbewusst. Ich höre privat nur ganz wenig Black Metal und Post Rock. Insofern gibt es keine konkreten Vorbilder, die ich anstrebe, alles erwächst eigentlich aus dieser persönlichen Wahrnehmungsverzerrung.

SB: Was hörst du privat denn gerne?

H: Aus dem Post-Black Metal Umfeld find ich das meiste offengestanden ziemlich langweilig, ist immer dasselbe. Ich höre da oft einfach keinen Unterschied, bis auf den Sound. Ich brauche gerade im Black Metal Bereich immer Innovation. Black Metal Bands die mir persönlich gut gefallen sind CIRCLE OF OUROBOROS, AURA NOIR und WEAKLING, die absoluten Pioniere in diesem Genre.
Ansonsten hör ich sehr viel Heavy Metal und Funeral Doom. Da kann ich unter anderen ASUNDER, RACER X, WHITESNAKE, KAYO DOT, SILENCER, DEFTONES, M83 und WARNING nennen. Relativ gemixt alles.

SB: Kürzlich war zu lesen, dass ihr bereits am dritten LANTLÔS Album zugange seid. Wie ist denn der Stand der Dinge?

H: Alles fertig! Wir waren bis Anfang August im Studio. Wann mit einer Veröffentlichung zu rechnen ist kann ich dir nicht sagen, weil ich es selber noch nicht weiß. Zum Album selbst möchte ich auch nicht viel sagen, weil ich den Überraschungseffekt wahren möchte. Ist jedenfalls alles gut gelaufen, wir sind sehr zufrieden damit.

SB: Neige war wieder dabei?

H: Klar.

SB: Wie läuft das mit euch beiden, du schreibst Songs und ihr trefft euch dann im Studio?

H: Im Wesentlichen schon. Ich nehme prinzipiell immer zuhause Demos von allen Songs auf, die schick ich ihm und frag ihn, ob er Lust hat, da was zu machen. Früher war es so, dass ich alles im Studio alleine aufgenommen habe, er hat die Vocals eingespielt und ich dann nochmal alles gemischt. Diesmal war er aber dabei und wir haben zusammen aufgenommen.

SB: Um zum Schluss zu kommen – gibt es von eurer Seite schon Pläne für Liveauftritte, vielleicht auch in Österreich?

H: Ja, ich würd mich sehr freuen, mal live spielen zu können. Ich werde mich diesen Monat noch mit einem Sessiondrummer treffen. Wir sind also gerade dabei alles zu organisieren, aber ich glaube nicht, dass es vor Mitte 2011 was mit Liveauftritten wird.

SB: Herzlichen Dank für das Interview!

H: Ciao!


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