Interview: Winterfylleth - Chris Naughton

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Wir versuchen unsere eigene Geschichte zu erhalten und ihr durch unsere Musik Relevanz zu verleihen.

Chris Naughton, Mastermind der britischen Black Metal Hoffnung WINTERFYLLETH, wurde von mir zum Gespräch gebeten und hatte auch einiges zu berichten.

Veröffentlicht am 16.10.2010

Hails! Würdest du dich und deine Band WINTERFYLLETH zu Anfang für all unsere Leser, die euch noch nicht kennen, bitte kurz vorstellen!

Simon (Anm. d. Aut., Simon Lucas, Drummer) und ich lernten uns aufgrund der beiderseitigen Leidenschaft für englische Geschichte und Folklore kennen und wir wollten dieser Begeisterung durch Musik Ausdruck verleihen. Anfang 2007 begannen wir deshalb zu proben und erste Songs zu schreiben, welche schließlich auf unserem Debut 'The Ghost of Heritage' zu hören waren. WINTERFYLLETH war immer als richtige Gruppe gedacht, nicht nur als Projekt. Die Idee hinter der Band war immer, und ist immer noch, die Geschichte, die Folklore und die Sagen, die uns interessieren, wieder relevant zu machen und auch anderen Leuten nahe zu bringen, weil uns die englische Geschichte einfach sehr viel bedeutet. Bis zum jetzigen Zeitpunkt haben wir zwei Alben veröffentlicht:
1. The Ghost of Heritage (Profound Lore Records, 2008 / Candlelight Records, 2010)
2. The Mercian Sphere (Candlelight Records, 2010)

'The Mercian Sphere' klingt absolute großartig! Bis du mit den bisherigen Pressereaktionen so weit zufrieden?

Wir sind mit dem neuen Album sehr zufrieden, da es WINTERFYLLETH fokussierter und giftiger zeigt und die Atmosphäre und den Spirit, die wir mit unserer Musik erreichen wollen, in einer Weise einzufangen vermag, welche unsere Gefühle den Geschichten und Sagen gegenüber perfekt widerspiegelt.
Die Reaktionen in anderen Magazinen sind bisher mehr als positiv ausgefallen. Wir haben in vielen Reviews 9 von 10 oder 10 von 10 Punkten bekommen, 'The Mercian Sphere' wurde vom Terrorizer zum Album des Monats gekürt und wir waren sogar auf dem Frontcover des Zero Tolerance Magazins abgebildet.
Allgemein sind die Reaktionen also sehr positiv und alle, die das Album gehört haben, sind sich einig, dass wir einen dynamischen, musikalischen Fortschritt mit der neuen Scheibe erzielt haben.
Ich glaube, ohne jetzt in Klischees abdriften zu wollen, dass man, wenn man ein Album erschafft, nie auf die Meinung anderer achtet, da man so sehr in den Kreationsprozess eingebunden ist, welcher zu einer wahrhaft zeitintensiven Sache mutieren kann.
Die riesige Anzahl an Reaktionen auf unsere neue Platte und die Tatsache, dass Leute sich um unsere Texte kümmern und uns unterstützen wollen, da sie an uns glauben, lässt uns wirklich vor Ehrfurcht erstarren.
Ich bin sehr froh, dass es die Leute geschafft haben hinter die Kontroversen und den Unsinn zu blicken, die mit WINTERFYLLETH verbunden werden. Wir hingegen hätten niemals mit solchen Reaktionen gerechnet, die es uns nun ermöglichen die Band auf ein Level zu heben, von dem wir niemals gedacht haben es je erreichen zu können.

Eure neue Scheibe enthält einige überlange Songs, besonder die 'Wayfarer' Trilogie. Könntest du dieses Konzept bitte erklären!

Der Hauptinspiration für die Lyrics auf 'The Mercian Sphere' stammt von einem Buch namens ‘The Codex Exoniensis’, welches man sozusagen als Annalen der angelsächsischen Langversgedichte bezeichnen kann und es stellt eine der wenigen Verbindungen zu unserer frühen Geschichte dar, in welche es einen detaillierten Einblick gewähren kann. Wir haben uns auf diesem Album auf ein paar interessante und wunderbare Geschichten konzentriert, die wahrhaft relevant für uns sind und die wir seit jeher durch unsere Musik feiern wollten.
Nimm zum Beispiel das Gedicht 'The Wanderer', welches wir auf 'The Mercian Sphere' durch das dreiteilige 'The Wayfarer' wiedergeben. Es erzählt die Geschichte einer verlorenen Seele, die ihre Anführer und Freunde in der Schlacht verliert und lernen muss mit Einsamkeit und Trauer umzugehen, indem sie Trost in ihrer Heimat findet und dem Ort, den sie zusammen mit Anderen verteidigen wollte.
Wir verwendeten noch ein paar Gedichte aus diesem Buch, zum Beispiel bei 'The Ruin', 'The Honour of Good Men On The Path To Eternal Glory’ sowie 'The Fields of Reckoning'.

Neben den deutlichen Folkeinflüssen finden sich meiner Meinung nach auch einige Sludgeparts in manchen eurer Songs. Was hältst du von dieser Aussage und glaubst du das dies etwas mit deiner anderen Band, ATAVIST, zu tun hat?

Ja, das stimmt. Mehr noch auf unserem Debut als auf 'The Mercian Sphere', aber ich gebe dir durchaus Recht. Ich denke Stück wie 'Forging The Iron Of England' von unserem ersten Album sind sehr ATAVIST beeinflusst, da sie Black und Doom Metal fast gleichzeitig vereinen. Wir haben mit ATAVIST in den letzten zwölf Monaten leider nicht besonders viel unternommen, da WINTERFYLLETH so viel unserer Zeit in Anspruch genommen hat. Momentan arbeiten wir aber mit unserem Freund Chris Fielding in den Foel Studios an neuem Material und ich hoffe, dass es 2011 eine neue ATAVIST EP geben wird, wenn wir uns etwas Zeit nehmen können, um ordentlich aufzunehmen.

WINTERFYLLETH ist Teil des sogenannten 'English Heritage Black Metal'. Kannst du uns bitte erklären um was es bei dieser Organisation genau gehr und welche anderen Bands daran beteiligt sind!

EHBM ist keine Organisation, es ist eine Bezeichnung, eine Weise den Stil und das Konzept der Band zu beschreiben. Es sollte nicht mit der 'English Heritage Organisation' verwechselt werden, welche sich um das Kulturerbe der britischen Inseln kümmert. In gewisser Weise ist unsere Botschaft des Erhalts abert dieselbe. Wir versuchen unsere eigene Geschichte zu erhalten und ihr durch unsere Musik Relevanz zu verleihen, genauso wie es 'English Heritage' mit den Orten machen, die sie verwalten und instand halten. Ich glaube der Punkt es als englischen Black Metal abzugrenzen besteht aus zwei Gründen, erstens um den Leuten zu zeigen, dass es etwas anderes ist, zweitens, damit die Leute wissen, dass wir aus England stammen. Dadurch können wir unserer relativ kleinen Black Metal Szene helfen.

Was würdest du als deine Haupteinflüsse bezeichnen und welche Musik konsumierst du abseits vom Black Metal?

Die musikalischen Einflüsse betreffend gibt es die eher schwarmetallischen Inspirationsquellen wie DRUDKH, HATE FOREST, ULVER, ENSLAVED und PRIMORDIAL sowie traditionellen Folk der Marke ALTAN oder JULIE FOWLIS, selbst gregorianische Choräle zählen dazu, da sie synonym zur Geschichte unseres Landes sind.

Wie würdest du die Recording Sessions beschreiben - eher relaxt oder stressig?

Die Aufnahmesession verlief großartig, zwar leicht stressig, aber wir hatten definitiv mehr Zeit die Songs so zu entwickeln, wie wir sie haben wollten. Der gesamte Prozess war dieses Mal viel fließender, da wir die Hilfe unseres guten Freundes Chris Fielding hatten, der persönlich auch Fan dieser Art von Metal ist und ein hervorragendes Ohr dafür hat und es wirklich geschafft hat das Beste aus uns allen herauszuholen, was sich meiner Meinung nach auch im Endresultat abzeichnet.
Der größte Stress war wohl den Gesang fertigzustellen, weil ich zur Zeit als wir das Studio enterten ziemlich krank war und mich sehr anstrengen musste, aber im Endeffekt hat es geklappt und ich finde, dass sie großartig klingen. Um ehrlich zu sein hätte ich mir die Kehle herausgerissen, um es gut klingen zu lassen, deshalb hoffe ich, dass die Leute das auch zu würdigen wissen, wenn sie das fertige Album in der Hand halten.

Wie können wir uns den Songwritingprozess vorstellen? Bist du der Hauptsongwriter der Band?

Richtig, ich bin der Hauptsongschreiber der Truppe, obwohl auch Nick und Mark einen sich kontinuierlich steigernden Beitrag leisten, zum Beispiel die Stücke 'When The Woods Were Young' und 'A Valley Thick With Oaks'. Die Art und Weise unseres Songwritings ist seit jeher gleich. Wir bringen ein paar Ideen mit in den Proberaum und spiele diese dann live, um zu sehen wie sie als ganze Songs funktionieren. Ich glaube, dass dies manchmal ein etwas schwieriger Prozess sein kann, aber gleichsam ist es auch der natürlichste Weg eine Idee in einen Song umzuformen und diesen als ganze Band zu spielen. Danach nehmen wir diese Tracks als Demo auf, um sie hören und weitereintwickeln zu können.

Der Song 'Defending The Realm' stammt von eurem Debut 'The Ghost Of Heritage'. Es ist ein wirklich großartiger Song, aber wieso habt ihr zu 'The Mercian Sphere' hinzugefügt?

Nachdem wir 'The Ghost Of Heritage' fertiggestellt hatten waren wir alle der Meinung das Potential dieses Songs noch nicht vollends ausgeschöpft zu haben. Deshalb spielten wir ihn live und entwickelten ihn in den zwölf Monaten zwischen den zwei Alben immer weiter. Darum entschieden wir uns ihn wiederaufzunehmen und diesmal das Beste aus dem Song rauszuholen.
Ich hoffe, dass die meisten Leute mir zustimmen, wenn ich sage, dass es ein massive Verbesserung darstellt und das Stück in seiner ganzen Aggressivität und Härte zeigt.

Seit ein paar Monaten seid ihr bei dem bekannten Label Candlelight unter Vertrag. Wie fühlt es sich an Labelkollegen von Bands wie 1349, KRIEG oder ABSU zu sein, um nur ein paar zu nennen?

Wir fühlen uns sehr geehrt Teil einer solchen Plattenfirma sein zu dürfen, gerade deswegen, weil Candlelight auf eine immense Black Metal Historie zurückblicken kann. Da momentan eine wahre Renaissance im UK Black Metal stattfindet, tun Candlelight Records ihr Bestes diese erstarkende Szene aus britischen und irischen Bands, alle mit einer ähnlichen Botschaft ausgestatt, zu unterstützen. Deshalb erschien uns dieser Vertrag als richtige Entscheidung für WINTERFYLLETH, da wir somit ein Label im Rücken hatten, dass sich wirklich um das Genre kümmert das wir als Band bedienen wollen. Neben uns veröffentlichen sie auch das Material unserer Kumpel von WODENSTHRONE sowie ALTAR OF PLAGUES, deren beider Alben absolut atemberaubend sind.

Eure Freunde von WODENSTHRONE haben nun auch einen Vertrag mit Candlelight. Wie kam es dazu?

Als wir vor einem Jahr bei Candlelight unterschrieben, wurde uns klar, dass das Label wirklich hinter die wachsende UK Black Metal Szene kommen wollte. Daher wussten wir, dass sie WODENSTHRONE total mögen würden. Ich habe mit unserem A&R Mann Darren gesprochen und stellte ihm und seinem Kollegen Connor, der auch Bands verpflichtet, die Truppe vor. Daraufhin ließen sie WODENSTHRONE sofort unterschreiben.
Ich finde es großartig, dass wir nun dasselbe Label haben und sie sind wahrscheinlich jetzt schon eine der besten Black Metal Bands, die dieses Land jemals hervorgebracht hat. Darum ist es ein ziemlicher Coup für Candlelight sie verpflichtet zu haben.

Plant ihr etwa ein größere Tour mit 'The Mercian Sphere' und einem so einflussreichen Label im Rücken? Es wäre großartig euch in Deutschland oder Österreichen live sehen zu können!

In Sachen Liveauftritte werden wir im Dezember eine UK-Tour starten und wir hoffen 2011 auch das europäische Festland beackern zu können. In Wirklichkeit sind wir gerade in der frühen Planungsphase für eine zweiwöchige Europatournee, auf welcher wir hoffentlich auch ein paar Shows in Deutschland spielen können. Wir wurden auch für die nächstjährige Ausgabe des Roadburn Festivals gebucht, weshalb es für unsere europäischen Fans also sehr gut aussieht.

Würdest du am Ende des Interviews unseren Leseren noch genre etwas mitteilen? Die letzten Worte gehören dir!

Es gibt im Moment eine große Zahl an hervorragenden, britischen Black Metal Bands. Hört euch folgende mal an:

1. Wodensthrone (Candlelight)
2. Fen (Code666)
3. Altar Of Plagues (Candlelight / Profound Lore)
4. Fyrdsman (Mynydd Du)
5. Skaldic Curse
6. Askival
7. Cnoc An Tursa (Lone Vigil)
8. Iceni


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