Interview: Sodom - Tom Angelripper

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Vom Songwriting her haben wir nichts geändert. Das lief ab wie immer, schön standesgemäß im Proberaum mit Jam Sessions.

SODOM Mastermind Tom Angelripper in einem ausführlichen Gespräch über das neue Machwerk "In War and Pieces", das anstehende 30 Jahr Jubiläum der Band und eine bevorstehende Club Tournee 2011

Text: Reini
Veröffentlicht am 16.11.2010

Hi Tom! Ist Dir eigentlich bewusst, dass ihr es gerade noch schaffen werdet im neuen Jahrtausend ein drittes SODOM Studioalbum zu veröffentlichen? In den 90ern hast Du/habt ihr Ganze sechs geschafft. Und jetzt sag nicht man wird ja älter!

Nein, nein, nein! Das hängt viel mehr mit der Politik der Plattenfirmen zusammen. Früher hat SODOM ja fast jedes Jahr ein Album veröffentlicht. Jetzt sind ja generell die Verkaufszahlen von CDs zurückgegangen und wir als Band müssen immer warten, bis die Plattenfirma eine Option zieht, erst dann können wir eine neue Platte machen. Rein musikalisch und auch vom körperlichen her sind wir so fit, dass wir jedes Jahr oder alle zwei Jahre ein neues Album machen könnten. Natürlich muss man da auch immer aufpassen, dass wenn eine DVD kommt, oder eine Wiederveröffentlichung wie es die „Final Sign of Evil“ ja war, dass man da dann nicht zu viel auf den Markt schmeißt.

Aber, und das muss ich schon dazu sagen, wenn das Ergebnis immer so ausfällt wie auf „In War And Pieces“, dann wartet man gerne mal vier Jahre auf ein neues SODOM Album!

Wir schreiben ja auch regelmäßig neues Material, von dem vieles dann gar nicht verwendet wird. Diesmal hat sicher auch mitgespielt, dass wir doch lange gewartet haben mit dem Album und natürlich hört man auch die Handschrift vom Waldemar Sorychta dem Produzenten, der uns da wirklich gefördert und auch gepusht hat. Er hat immer versucht die Stärken und auch die Schwächen jedes einzelnen Musikers zu finden und diese herauszufiltern.

Vom Songwriting her haben wir allerdings nichts geändert. Das lief ab wie immer, schön standesgemäß im Proberaum mit Jam Sessions. Da kommen dann immer gute Riffs zusammen und im Endeffekt kommen dann auch gute Songs bei raus.

Gerade im Bereich der Gitarren seid ihr so ausgefeilt wie noch nie und auch das Drumherum klingt irgendwie verdammt modern, aber immer noch zu 100% nach SODOM, war wohl so beabsichtigt oder?

Ja das hab ich mit dem Waldemar vorab schon besprochen. Ich will ja keine High Tech Produktion haben. Gerade im digitalen Zeitalter muss man höllisch aufpassen, dass das Ganze nicht zu digital klingt. Wir haben aber nach wie vor das Drumkit zum Beispiel ganz traditionell im Proberaum mit Mikrofonen aufgenommen. Viele Bands machen das ja gar nicht mehr und programmieren das Schlagzeug einfach. Ich wollte aber diesmal alles so ursprünglich haben wie es nur möglich war. Natürlich hat niemand mehr eine 24-Spur Bandmaschine stehen, das wird natürlich alles digital recorded. Der Waledmar hat als Gitarrist natürlich gerade da sehr viel Wert gelegt. Er ist auch total akribisch beim Schlagzeug und bei meinem Gesang gewesen. Da hat er mich schon des Öfteren richtig getreten. Ich musste praktisch jede Zeile in fünf verschiedenen Versionen singen, also so Tom Araya mäßig, dann wieder alte SODOM Stimme, dann eher Death Metal lastig, also Ich als Grunzer und so…Da hat der Waldemar schon als richtiger Produzent fungiert. Die Platten die wir davor gemacht haben, da hatten wir nie einen Produzenten, sondern immer eher so Engineers, die das einfach so aufgenommen haben und ab und an mit ein paar Tipps rübergekommen sind. Der Waldemar, der hat sich da richtig reingekniet, der hat sich für die Arrangements interessiert, der wollte alle Texte haben, so haben wir schon lange nicht mehr gearbeitet.

Früher gefielen mir eigentlich immer Eure Midtempo Stampfer am besten, bei der letzten Scheibe zum Beispiel „Lay Down the Law“ oder der Rausschmeißer „The Enemy Inside“. Diesmal finde ich, haben die Wütlinge aber deutlich besser meinen Gousto getroffen, der Titeltrack, „Nothing Counts More Than Blood“, „Feigned Death Throes“ und natürlich der Knarrenheinz… Mir kommt überhaupt vor, dass das komplette Album in sich wütender geworden ist – Du hast im Promotext von rabiat gesprochen, war auch mein Gefühl

Ich finde es vom Arrangement her ist es ein bisschen nüchtern geworden, aber auf der letzten SODOM Platte waren ja eher mehr gemäßigte Sachen drauf, diesmal gibt es halt wieder die gesamte Bandbreite. Es gibt schnelle Sachen, wobei wir nie wieder die schnellste Band der Welt werden, das waren wir früher, aber jetzt können wir uns das abschminken. Da gibt es andere Bands, die machen das 10-mal schneller. Aber uns geht es ja längst nicht mehr um Geschwindigkeit, Härte kommt nicht mehr von Schnelligkeit. Die Härte kommt woanders her.

Textmäßig ist es diesmal ganz genial geworden. Die Texte sind super, da hat auch der Waldemar super mitgeschrieben. Diese ganze Wut, die ich auf die Gesellschaft habe, oder auf die Weltpolitik, die kann ich als Thrash Metal Sänger natürlich super rausschreien, ich kann zwar nichts ändern, aber ich kann sagen bis hier und nicht weiter und schreie das raus.

Covertechnisch hat sich ja diesmal der Eliran Kantor austoben dürfen, ist der an sich ja sterbende Knarrenheinz zusammen mit dem Albumtitel dann so ein Statement von Dir geworden, seht her, was da derzeit auf unserem Planeten alles so abgeht?

Also der Eliran hat die Musik vorab nicht gehört, aber er wollte unbedingt die Texte haben bevor er das Cover macht. Dann haben wir uns ausgetauscht. Ich wollte auf jeden Fall ein Kriegsszenario haben, ziemlich konfus, ziemlich wüst, und er hat sich dann ein wenig an „Persecution Mania“ und „Agent Orange“ orientiert – den Knarrenheinz hat er im Prinzip von diesen Platten übernommen. Bei den letzten CDs hat sich der Knarrenheinz ja immer ein bisschen verändert. Der war mal Irokese, bei der „Tapping the Vein“ sah er dann komplett anders aus, der Eliran hat aber schlussendlich versucht eine Mischung zustande zu bringen aus modernem Cover und diesem Old-School Flair. Natürlich ist der Eliran jetzt nicht einer, der das ganze Cover mit dem Pinsel auf Öl malt, wie das damals der Andreas Marschall gemacht hat, da spielt dann die digitale Technik und natürlich Photoshop eine große Rolle. Ich finde aber trotzdem, er hat eine super Kombination gefunden aus einem old school thrashigem SODOM Cover und einem gewissen modernen Anstrich. Das gesamte Booklet ist auch sehr modern und ja auch edel gehalten. Ich wollte das eher schlicht und nicht so überladen haben. Ich bin jedenfalls super zufrieden damit und der Eliran natürlich auch. Wir haben uns aber auch bei jedem Schritt der zu tun war immer abgesprochen und die diversen Versionen ausgetauscht. Die Idee stammt ja von uns und Eliran hat sie dann praktisch umgesetzt. Eliran ist zwar der Künstler, aber schlussendlich bin ich ja der Auftraggeber und uns war es wichtig, dass beide Seiten zufrieden sind mit dem Endergebnis.

Der Knarrenheinz, nicht nur am Cover, sondern nach 23 Jahren erstmals auch in einem Song so richtig verarbeitet. Wie darf man sich das vorstellen, hast Du Dich da so richtig wissentlich hingesetzt und Dir vorgenommen, jetzt verarbeite ich den Knarrenheinz in einem Song!

Wir haben öfters so Sachen die wir im Proberaum spielen, wo wir noch keinen Text dazu haben. Und irgendwann bei auch so einem Teil hab ich einfach mal Knarrenheinz dazu gesungen. Daraus ist dann der Song und auch der Text entstanden, es war ein Zufallsprodukt wie so oft wenn wir zusammen jamen. Zu Beginn war der Arbeitstitel da und ich hab mich dann einfach hingesetzt und hab den deutschen Text dazugeschrieben. Der dreht sich um all das, was der Knarrenheinz in den letzten 23 Jahren oder schon länger erlebt hat!

Würde sich übrigens zukünftig bestens in einem Medley anbieten der Heinz: Zuerst „Bombenhagel“, dann „Ausgebombt“ und schlussendlich noch den Heinzi drauf packen!

Ja live gibt es einige Stücke auf der CD, die man spielen kann – ich denke der Titelsong, oder „Nothing Counts More Than Blood“ sind so Sachen, die man live machen kann. Es hat ja jede Band Songs die live nicht funktionieren. Bei uns ist das nicht anders, das wissen wir auch. Die können wir zwar im Studio wunderbar produzieren, aber gerade live mit nur einer Gitarre sind die ungemein schwierig umzusetzen. Der „Knarrenheinz“, der wird funktionieren, auch ein „Hellfire“ zum Beispiel kann ich mir gut live vorstellen, aber das muss man dann alles erst mal sehen. Gerade bei einer Trio Band wie wir es sind, oder auch VENOM waren, MOTÖRHEAD ja auch sind, da ist man immer damit beschäftigt live Kompromisse zu finden.

Nächstes Jahr feierst Du bzw. Ihr ja unglaubliche 30 Jahre SODOM. Irgendwelche Specials geplant? Noch eine DVD bzw. schon wieder ein neues Album sicher nicht, aber vielleicht ein Heimspiel in Gelsenkirchen mit diversen Überraschungen und/oder Gästen – das Rock Hard Festival würde sich bestens anbieten für so etwas oder?

Ja das Rock Hard Festival. Du weißt aber schon, dass die beiden anderen Dortmunder sind oder? Geplant haben wir also mal nix. Ich fand die Wacken Geschichte zum 25. super mit allen ex-Musikern auf der Bühne. Mittlerweile ist ja leider der Witchhunter tot und andere gar nicht aufzufinden, also ich weiß nicht ob ich was mache oder so. DVD technisch ist auch alles aufgearbeitet was geht, vielleicht machen wir ja zum 30er irgendwo eine große Show… Die Plattenfirma wird sich vielleicht was überlegen mit einem Special Release oder einer Best of oder ähnliches.

Aber ich glaube schon, dass das Rock Hard Festival nächstes Jahr funktionieren wird. Mit dem neuen Album können wir sowieso auf jedem Festival spielen, aber auch da muss man dann wieder aufpassen. Es gibt ja Festivals die wollen einen dann exklusiv haben und so, ich halte von solchen Sachen ja überhaupt nichts. Wichtiger ist für uns sowieso, dass wir Anfang 2011 jetzt eine ordentliche Tournee machen, das wir uns live wieder mal vernünftig präsentieren so mit Supports und kleinere Clubs und so…das hat auch mehr Sinn!


WERBUNG: Hard
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