Interview: Stratovarius - Jens Johansson

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Jetzt haben wir halt vier Leute, die sich alle am Songwriting beteiligen wollen, und jeder will sein Material auch unbedingt auf den Alben unterbringen, haha... Damals war's nur Timo.

STRATOVARIUS-Keyboarder Jens Johansson im STORMBRINGER-Interview über ein Leben nach Timo Tolkki, das neue Album und andere pressierende Themen!

Veröffentlicht am 12.01.2011

Anlässlich des bevorstehenden Releases des brandneuen STRATOVARIUS-Albums "Elysium" durfte ich auch ein paar Minuten mit Keyboarder Jens Johansson, zum Interviewzeitpunkt in Estland, über die aktuelle Tour, das neue Album and andere pressierende Themen plaudern.

SB: Hallo Jens, vielen Dank für das Interview! Ihr seid ja jetzt grade in Estland, wie läufts bei euch?

JJ: Hi! Es läuft gut, danke!

SB: Mittlerweile läuft die Tour ja schon ein wenig, euren Tourstart hattet ihr aber diesmal ja bei uns in Wien. Wie war da die Show für euch?

JJ: Hm, anfangs war das Publikum vielleicht etwas unterkühlt, aber ich denke, wir konnten die Leute dann doch für uns gewinnen! Bislang war's eine sehr gute Tour für uns, gerade auch als Support Act für eine Band wie HELLOWEEN... die haben viele Fans auch in Ländern, in den STRATOVARIUS traditionell bisher nicht so gut angekommen ist. Insofern hatten wir tolle shows in Deutschland, wo HELLOWEEN natürlich sehr groß sind, aber auch in Stockholm... Schweden war bisher für STRATOVARIUS auch eher immer ein Schwachpunkt eigentlich!

Generell gab's für uns in Skandinavien einige Löcher zu stopfen, aber das dürfte uns diesmal ganz gut gelungen sein... die Ticketverkäufe waren super, und das obwohl auf Grund der Marktentwicklung die Tickets ja leider immer teurer werden... Durch das viele Downloaden wollen natürlich nun die Labels und Promoter auch mehr bei den Live-Konzerten mitschneiden, und die werden mittlerweile zur Haupt-Einnahmequelle... und insofern ist das Live-Publikum auch definitiv unser wichtigstes Kapital im Augenblick!

Dementsprechend müssen auch die Shows passen... HELLOWEEN haben ja diesmal auch ein sehr opulentes Stage-Set dabei; man muss sowas einfach machen, da der Live-Markt im Augeblick einfach entscheidend ist.

SB: Das stimmt wohlt! Kurze, aber glaub ich wichtige Frage am Rande: Wie geht's eigentlich Jörg Michael? (Anm: Drummer, kurz vor der Tour wurde bei ihm ein Krebsgeschwür entdeckt, und er musste daher zu Beginn der Tour von AXXIS-Drummer Alex Landenburg ersetzt werden)

JJ: Ja danke der Nachfrage, Jörg geht's schon viel besser jetzt! Er war in einer Spezialklinik in Deutschland in Behandlung, dort hat er sich einer Strahlungstherapie unterzogen... die hat er eigentlich ganz gut verkraftet, aber bei ihm war's eher die Operation, die ihm etwas zu schaffen gemacht hat. Die Ärzte waren nicht ganz sicher, wieviel sie von dem Geschwür herausnehmen sollten, und so zog sich die Operation etwas in die Länge... aber mittlerweiele hat er sich ganz gut erholt, und ist auf dem Weg der Besserung!

SB: Das freut einen natürlich zu hören! Immerhin war ja 2010 nicht gerade ein gutes Jahr für den Metal, hatten wir doch einige tragische Verluste zu verzeichnen. Erst kürzlich Steve Lee, und natürlich im Mai der große Ronnie James Dio... Du hast ja auch mal bei DIO in der Band gespielt, wie war das denn für dich?

JJ: Oh, das war eine der glücklichsten Zeiten meines Lebens! Ich hatte ja vorher bei YNGWIE MALMSTEEN gespielt, da war alles absolut chaotisch, man feierte dauernd zwar tolle Parties, aber irgendwie glaube ich, dass es in einem Affenkäfig im Zoo geordneter zugegangen wäre als bei uns damals, haha...

Dann bei DIO war da ein komplett anderer Zugang. Es war alles super-professionell, vom Management angefangen, über die Shows, die Buchhaltung (auch was Steuern angeht!)... Und ich dachte damals nur: "Was zur Hölle hab ich eigentlich bisher bloß gemacht?!" (lacht)

Aber ich war ja nur ein Jahr dabei, danach haben wir nicht wirklich viel Kontakt gehalten... Aber wann immer wir uns getroffen haben war Ronnie immer in bester Laune, hat immer davon geredet, dass er gerne wieder auf Tour gehen möchte, und so weiter.

SB: Nun gut, soviel zur Vergangenheit; aktuell steht ja auch im Hause STRATOVARIUS ein neues Album an, und zwar mittlerweile das zweite in der "neuen" Besetzung. Wie läufts in der Hinsicht bei euch?

JJ: Ja es ist einfach ein komplett anderer Zugang, da das neue Lineup insgesamt doch sehr unterschiedlich ist vom alten. Wir haben jetzt mehrere Songschreiber, wohingegen früher natürlich Timo (Tolkki) entschieden hätte, in welche Richtung die Band gehen würde und welche Songs auf ein neues Album kämen.

Er hat sich dadurch glaub ich auch ein bisschen in die Ecke manövriert; er wollte zwar alles machen, aber irgendwie fehlte ihm zu der Zeit einfach die Inspiration... vielleicht war er auch einfach von STRATOVARIUS ein bisschen gelangweilt und wollte sich deswegen lieber mit anderen Projekten, wie etwas seiner Rockoper, beschäftigen.

Jetzt haben wir halt vier Leute, die sich alle am Songwriting beteiligen wollen, und jeder will sein Material auch unbedingt auf den Alben unterbringen, haha... Damals war's nur Timo, und wir halfen ihm vielleicht bei ein paar Kleinigkeiten. Ich halt ihn ja auch nach wie vor für einen brillianten Songwriter.

SB: Hast du derzeit Kontakt zu ihm?

JJ: Ja, wir sind hin und wieder in Kontakt!

SB: Alles klar! Wie sieht's denn mit Festivalshows heuer aus, habt ihr da schon Pläne für nach der Tour?

JJ: Nein, da ist derzeit noch nichts fixiert! Jörg erledigt diese Sachen meistens bei uns, insofern wissen wir derzeit noch gar nicht, was wir da alles machen werden. Aber zunächst gehts mal mit HELLOWEEN weiter!

SB: Ihr habt ja seit dem letzten Album auch einen Labelwechsel hinter euch; wie gefällts euch denn jetzt bei Edel?

JJ: Oh, super! Ich liebe die Firma, haha. Normalerweise vertrage ich mich überhaupt nicht mit Plattenfirmen, und werde da immer ziemlich bitter... aber das ist echt quasi ein Traum, der wahr wird, haha. Wir haben ein gutes Verhältnis zum Label, es herrscht gute Stimmung... ich glaube auch, STRATOVARIUS ist der erste Metal-Act aus dem Genre, der dort unter Vertrag genommen wurde! Anscheinend entschied der CEO einfach, dass man unsere Art von Musik immer noch verkaufen könne! Haha...

Und es ist einfach nett, wenn man beim Label anruft, und sagt, man würde gerne noch ein Album machen, und man dann als Antwort erhält: "Ja, macht mal! Super Sache!", anstatt wie früher oft dieses typische "Ah sorry, im Augenblick ist der Boss nicht da, wir rufen zurück", und dann beim nächsten Mal ist er grad in einem Meeting, und so weiter... Ich war oft in solchen Situationen, und da freue ich mich richtig, dass das diesmal anders ist!

SB: Das klingt ja sehr gut! Übrigens: Wie hat sich eigentlich Alex Landeburg als Ersatz für Jörg Michael gemacht?

JJ: Oh, sehr gut! Sehr professionell... Er hat sich schon die ganzen Songs angeschaut und Videos gemacht, wie er sie spielt, bevor er überhaupt den Job hatte! Er war einfach super-ambitioniert, und hat nach ein paar Tagen, nachdem er erfahren hatte, dass überhaupt ein Ersatz für Jörg benötigt würde, "Deep Unknown" schon perfekt eingespielt. Und wir verstehen uns auch so sehr gut mit ihm, insofern funktioniert das alles tadellos.

Aber es ist natürlich klar, im Hinterkopf schwebt immer ein bisschen der Gedanke mit, dass er nur dabei, weil eben jemand anderer krank geworden ist, und dass er dann auch irgendwann wieder Platz machen wird wenn Jörg zurück kommt... und das wird dann natürlich auch wieder irgendwo ein trauriger Abschied sein. Aber so ist das nun mal.

SB: Bisher habt ihr auf der Tour ja nur die Single "Darkest Hours" vom neuen Album gespielt; liegt das daran, dass das komplette Album erst im Januar erscheinen wird, und werden dann auch mehr Songs vom neuen Album ins Liveset kommen?

JJ: Haha, ja genau so ist es. Ich glaube, das neue Album ist auch ein bisschen progressiver und komplizierter als viele unserer anderer, und so wäre es für die Fans wahrscheinlich ein bisschen seltsam, dem Programm zu folgen, wenn da zu viel neues Material dabei ist, das sie überhaupt noch nicht kennen können!

Insofern sparen wir uns das dann für die Shows auf, wenn das neue Album draußen ist!

SB: Haha, alles klar! Na dann sag ich mal herzlichen Dank für deine Zeit, eine schöne Show heute in Estland und eine weiterhin erfolgreiche Tour, und natürlich alles Gute insbesondere auch an Jörg!

JJ: Danke schön, bis bald!


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