Interview: Six Reasons To Kill - Florian Dürr

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Ein Album entsteht ja nicht mit Blick auf irgendeine Schublade, sondern mit einem Gefühl dafür, wie es sich hinterher anfühlen soll.

Drummer Florian Dürr der Koblenzer Brachialisten von SIX REASONS TO KILL über einen erneuten Sängerwechsel, die neue Labelheimat und warum man bei einem Album hauptsächlich auf sein Gefühl hören sollte

Text: Reini
Veröffentlicht am 28.01.2011

Hi Flo, OK ich kram einmal ein Zitat von unserem Interview im Juni 2008 heraus:
Wir haben ein stabiles Line-Up. Die Besetzung ist in jeder Hinsicht stark: Menschlich und spielerisch. Wir sind zu einem nahezu unschlagbaren Team gewachsen … Wir sind alle befreundet … das ist schon fast wie eine Familie. Ich denke, so kann es weitergehen.
Jetzt wissen wir aber alle, dass Euer Sänger von 08 - Thorsten Polomski – auf Eurem neuen Album „,Architects of Perfection“ nicht zu hören ist – warum der dritte Sänger auf den letzten drei Alben?

Thorsten, unser alter Shouter, ist Tätowierer. Er hat einen Job in der Schweiz angenommen. Die räumliche Distanz zwischen der Schweiz und unserem Basement in Koblenz und die darin begründete mangelnde Zeit hat es leider unmöglich gemacht, die Band in diesem Line-Up weiter zu führen. Deshalb hat er sich dazu entschieden, die Band zu verlassen. Mit Lars haben wir aber einen adäquaten Ersatz gefunden, der den Job einfach sehr gut macht.

Der Neue am Mikro heißt Lars Tekolf, könnt ihr den Lars mal näher vorstellen: wie seid ihr auf ihn gekommen, was waren die ausschlaggebenden Gründe ihn in die Band zu holen etc.

Wir waren schon kurz vor dem verzweifeln, nachdem die Shouter die sich vorgestellt hatten, alle nicht unseren Vorstellungen entsprachen. Dann kam Lars in den Proberaum und hat uns bei der Audition echt die Hosen runtergezogen. Uns war direkt klar, dass wir mit ihm die Platte aufnehmen wollen. Wahnsinn, was der Kerl da hinbekommen hat! Seine stärken liegen – wie man auf dem Album nachhören kann – in den tiefen Tonlagen.

Auch wenn der Lars jetzt rot werden sollte, ABER er drückt mit seiner bestialischen Stimme dem kompletten Longplayer von vorne bis hinten seinen Stempel auf! –Bei dieser brutalen Death Metal Voice gab es - nehme ich mal an - auch nie Diskussionen wie in der Vergangenheit auf cleane Vocals zu bauen oder?

Du hast es erfasst. Die Frage stellt sich mit so einem Organ in der Band nicht mehr. Es hat sich halt so ergeben. Die melodiösen Refrains haben wir auf Another Horizon gut integriert. Mit dem Ergebnis, was wir seinerzeit erreicht haben, sind wir alle sehr zufrieden. Auf dem neuen Album sollte es aber Death Metal-lastiger zugehen. Die Songs waren halt für unseren Geschmack so, dass man nicht unbedingt darüber singen musste. Sie kamen mit einem geshouteten Refrain viel intensiver und härter rüber. Das schöne daran ist jetzt, dass sich My Poison als Ruhepol vom Rest des Albums stark unterscheidet.

Das neue Album erscheint auch auf Eurer neuen Labelheimat – weg von Bastardized hin zu Massacre. Die Gründe waren wohl – so hab ich zumindest spekuliert – dass Euch Massacre Marketing-Technisch doch mehr unter die Arme greifen werden können – richtig?

Ja klar. Massacre bedeuten für uns noch mal einen großen Schritt nach vorne. Massacre öffnen uns die Türen in bestimmte Bereiche. Sie haben ein großes weltweites Vertriebsnetz und intensive Promokontakte, von denen wir profitieren. Außerdem sind das alles total nette und umgängliche Jungs, deshalb macht die Zusammenarbeit sehr viel Spaß. Und so ganz weg sind wir ja von Bastardized Recordings gar nicht: immerhin erscheint die schicke Vinyl-Version dort.

Aufgenommen wurde ja wieder im Kohlekeller vom Kohlmannslehner, schon so etwas wie Eure zweite Heimat oder? Wobei diesmal ist das Endergebnis schon ziemlich fett und beeindruckend ausgefallen…

Ich habe auch das Gefühl, dass der Kohle noch mal eine Schippe draufgelegt hat. Der Typ entwickelt sich einfach immer weiter. Seine Genialität ist einfach Schwindelerregend. Vielleicht spielt aber auch eine Rolle, das wir uns ziemlich gut kennen und eine enge Freundschaft mit ihm pflegen. Wir haben ja bereits zwei Alben mit ihm produziert. Dann weis man einfach, wie der andere tickt und kann sich viel besser auf das Ergebnis konzentrieren.

Jetzt stecken Euch ja viele in die Metalcore Kiste – ich würde das Ganze eher als lupenreinen Death Metal ansehen, der in der Lage ist auch die Core-Derivate im Auge zu behalten, aber scheiß auf Etiketten, denn AoP ist meiner Meinung nach gerade ob seiner Abwechslung eine immense Steigerung im direkten Vergleich mit „Another Horizon“ geworden, seht ihr sicher ähnlich oder? Und wie wichtig war es Euch diese Abwechslung auf die Platte zu bringen?

Also ich persönlich hab mit dem Begriff Metalcore kein Problem. Er wird unseren Einflüssen nämlich am ehesten gerecht: Metal und Hardcore. Aber offen gestanden sind mir als Musiker solche Schubladen eigentlich ziemlich egal. So ein Album entsteht ja nicht mit Blick auf irgendeine Schublade, sondern mit einem Gefühl dafür, wie es sich hinterher anfühlen soll. Ich weis gar nicht, ob die Abwechslung so bewusst entstanden ist. Sicherlich bemüht man sich, nicht immer den gleichen Song zu schreiben. Aber das war ein Prozess von innen heraus. Uns war wichtig, dass jeder Song irgendwie Sinn macht und die Kurve zu einem guten Song schlägt. Danach haben wir gearbeitet. Dass Du das Ergebnis so hörst, finde ich umso erfreulicher.

Über „My Poison“ sollten wir gesondert sprechen, ich hab mal wild drauflos spekuliert und behauptet, dass die cleanen Vox vom BLACKMAIL Sänger Kurt Ebelhäuser stammen – richtig? Aja und der Song ist irgendwie nicht von dieser Erde, derart emotional berührend hat eine Härtnercombo schon lange nicht mehr agiert. HAMMER echt!

Ja, den Song hat der Kurt Ebelhäuser gesungen. Wir wollten zu "My Poison" einen Gastgesang haben, weil der Song sehr außergewöhnlich für das Album und die Band ist. Uns war es wichtig, dass es jemand aus dem Bekanntenkreis ist. Da kamen wir schnell auf Kurt. Kleine Anekdote am Rande: Als die Gesangsparts in seinem Tonstudio aufgenommen werden sollten, fand gerade das WM-Spiel der Spanier gegen die Schweiz statt. Kurt ist spanischer Abstammung. Bekanntlich ging das Spiel ja überraschend mit einem Sieg für die Schweizer Elf zuende. Als sich nach 90 Minuten die Gewissheit über den Sieg verfestigte, kam das ein oder andere Mal sein südländisches Temperament zum Vorschein. Zu diesem Zeitpunkt war nicht ganz sicher, ob wir an diesem Tag noch den Gesangspart zu "My Poison" aufnehmen sollten. Kurt bewies jedoch höchste Professionalität und machte einfach einen spitzen Job! Es war wirklich ein sehr aufregender Mittwochabend.

Ein wenig befremdend fand ich lediglich das Artwork, diese Zombiemaus da vorne drauf, was soll das genau ausdrücken? Wer hat’s gepinselt? Hattet ihr echt nix besseres im Talon?

Ich finde das Artwork wirklich sehr gelungen. In seiner Schlichtheit überzeugt es. Und außerdem muss ich in den Interviews jetzt nicht so viel erklären, wie das noch bei Another Horizon erforderlich war. Dass Artwork zeigt ja eine zum Zombie mutierte Schönheit. Es thematisiert damit den Titel des Albums. Die Modebranche stellt superdünne Models auf die Laufstege. Abgesehen davon, dass derartig ausgehungerte Models ihren Körper sicherlich keinen gefallen tun wird hier ja von der Industrie ein (Schönheits-)Ideal geprägt, dem viele junge Mädchen nacheifern. Diese Medallie hat also zwei Seiten, die es mal zu hinterfragen lohnt. Zugleich spiegelt sich in der Vermarktung und regelrechten Zucht jener “Perfektion” eine gewisse gesellschaftliche Dekadenz wider. Wir sind offenbar von einer ganzen Reihe von Idealen geprägt! Im Prinzip ist in diesem Teufelskreis jeder ein Architekt der Perfektion. Jeder ist ein Stück weit seines eigenen Glückes Schmied. Jeder sucht sich aus, was ihm perfekt erscheint - doch machen wir uns nichts vor: „Perfekt“ ist ein Superlativ. Nobel geht die Welt zu Grunde!

Die berühmten "letzten Worte": Willst Du den Lesern von Stormbringer.at noch etwas mit auf den Weg geben?

Architects Of Perfection kommt am 28.01.2011 über Massacre Records in den Handel. Zieht euch das Album rein! Außerdem gibt’s noch eine schicke Vinyl-Version des Albums, die über Bastardized Recordings kommen wird. Dann haben wir uns vorgenommen, viele Konzerte und Festivals zu spielen. Außerdem sind Auftritte bei einigen Sommerfestivals geplant.

Einfach regelmäßig unsere Website 6r2k.de checken, oder unser Facebook-Profil unter facebook.com/sixreasonstokill besuchen.

Noch mal Danke, dass Du Dir die Zeit für dieses Interview genommen hast!

Wir haben zu danken!


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