13.06.2015, Rockhouse-Bar

ORCHID + SPIDERS + LUCIFER BABY

Text: Anthalerero | Fotos: Anthalerero
Veröffentlicht am 15.06.2015

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So, wie windet man sich aus der Situation heraus, wenn man eigentlich "nur kurz vorbeischauen und Fotos machen" wollte, nicht vorhatte überhaupt einen Livereport zu schreiben - und dann doch irgendwie picken geblieben ist, und das Konzert geil gefunden hat? Erraten - man hockt sich hin und tippt doch wieder seinen Sermon! So geschehen an einem lauen Samstagabend in Salzburg, an dem Schlaghosen und 70's-Feeling die Rockhouse Bar im Stadteil Schallmoos regierten. ORCHID gastierten an diesem Abend im altehrwürdigen Gemäuer des Rockhouse, und das Publikum folgte dem Ruf der Amis für Salzburger Verhältnisse ziemlich zahlreich. Ok, die Schlaghosen gabs dann doch nur auf der Bühne, denn der Großteil der Zuschauer war der schwülen, gewittrigen Stimmung geschuldet eher luftig gekleidet. Schwül war es dann auch drinnen in der Bar - und zwar so richtig übel drückend dass einen die Luft beinahe zu Boden schlug. Aber der Stormbringer-Abgesandte hatte der zu erwartenden Hitzehölle vorgesorgt, und die treue aber verflucht heiße Kutte an diesem Abend im Schrank belassen. Kuttenlos auf einem Konzert, man fühlt sich irgendwie nackt - und doch passt man an diesem Abend besser ins Publikum das aus einer bunten Mischung aus Stonerheads, Vintage-Rock-Freunden und ziemlich bieder aussehenden Herren in Begleitung von hochgestylten Damen bestand. Da einen die stehende frühsommerliche Gewitterluft aus der Bar sehr schnell wieder herausjagte, spielte sich vor und zwischen den Auftritten entsprechend fast alles im Biergarten vor der Bar ab. Und dort konnte man gleich einmal ORCHID-Bassist Keith Nickel ausmachen, der von der Damenwelt belagert wurde, während Gitarrist Mark Baker sich in angeregtem und gestenreichen Smalltalk mit einigen Fans befand. Es währte nicht lange, da drang auch von drinnen schon ein Riffgewitter in den Biergarten, und die bereits jetzt ziemlich zahlreichen Besucher schwappten in die Bar.

Auf den Namen

LUCIFER BABY

hörend und aus Linz kommend, wurde das Rockhouse zunächst mit eher Stoner-lastigen Klängen beschallt. Mit nicht gerade übermäßigem Platzangebot auf der Bühne zockten sich die drei Mannen routiniert durch ihr erwartungsgemäß recht kurzes Set, und konnten beim bereits recht zahlreich anwesenden Publikum gut punkten. Trotzdem LUCIFER BABY nur wenigen bekannt waren, ließen sich schon ziemlich viele Leute dazu hinreißen bei den fetzigen, teils psychedelischen Nummern mitzuwippen und zu -klatschen. Anständigen Applaus gab es noch obendrauf, sodass sich für das Trio die Fahrt aus Linz ziemlich sicher ausgezahlt hat!

Als nächstes waren die Schweden

SPIDERS

an der Reihe, und als diese die Bühne betraten ahnte man Schlimmes. Weshalb? Nun, zunächst sorgte schon einmal das selbstgebastelte Backdrop aus rotem Samt mit aus Pailetten gesticktem SPIDERS-Schriftzug für Verwirrung, ehe dann drei drahtige Männer in knallengen Hosen (ja, auch obenrum sehr eng, man konnte gewisse Teile nicht nur erahnen sondern... ach, denkt es euch einfach...) und mit jeweils zwei Nummern zu kleinen Glitzertops bzw. Glitzerjacketts die Bühne enterten. Liegt es an einem Kindheitstrauma durch ABBA, oder warum haben Schweden manchmal so einen Hang zu extrem geschmacksverwirrten Outfits? Geht es da noch immer um die steuerliche Absetzbarkeit? Zumindest Fronterin Ann-Sofie Hoyles bewies mit schwarzer Retro-Taillenhose und Fransenshirt etwas mehr Stilkompetenz als ihre drei Sidekicks an den Instrumenten. Solcherart bereits einmal geschockt bereitete sich das Publikum innerlich auf das Schlimmste vor, und die ersten Besucher verließen bereits vorsorglich fluchtartig die Bar. Und dann legten die Schweden mit "Hang Man" los und... die Münder standen offen. Was zur Hölle? Flotter, spritzger Retrorock mit einem gewissen MOTÖRHEAD-Vibe, und einer Sängerin die sowas von die Frontsau raushängen ließ dass es die vor einer Minute abgewanderten Besucher gleich wieder in die Bar zurückzog. Die personifizierten Modeunfälle rockten die Rockhouse Bar sowas von derbe wie es der Berichterstatter schon lange nicht mehr gesehen hatte. Und an dieser Stelle muss ich Kollege Laichsters Meinung aus Innsbruck aufs schärfste widersprechen - SPIDERS waren alles andere als enttäuschend, und lieferten vielmehr einen Triumphzug in der fast vollen Bar des Rockhouse ab! Und den größten Anteil daran hatte definitiv die agile Frau Hoyles am Mikro, deren Stageacting zu keiner Zeit aufgesetzt oder gekünstelt wirkte, und die mit Gitarre, Rasseln, Tamburin und Mundharmonika fuhrwerkte während ihr das Publikum geradezu aus der Hand fraß. Retro die Outfits, Retro der Rock, Retro auch die handgekritzelte Setlist die kaum zu entziffern war - aber ganz und gar nicht Retro sondern tagesaktuell das außergewöhnlich gute Feedback des Publikums! Die flotten, eingängigen Songs wie "Give Up The Fight" zündeten in allen Belangen, und sorgten für ausgelassene Partystimmung unter den Zuschauern. Das abschließende Dreierpaket aus "Rules Of The Game", dem Titeltrack des aktuellen Albums "Shake Electric" sowie "War Of The World" machte schließlich den Sack zu, und SPIDERS konnten sich nicht nur über lautstarken und anhaltenden Jubel freuen, sondern auch über eine ganze Menge neuer Fans die sich kurz danach am Merchandisestand mit CD's und Shirts eindeckten. Unabhängig von Trends oder Hypes - mit den SPIDERS ist eine enorm starke Liveband am Werk, die ein größeres Publikum mehr als verdient! Hingehen, anschauen, abrocken Leute!

Setlist:

- Hang Man - High Society - Mad Dog - Control - Lonely Nights - Hard Times - Only Your Skin - Give Up The Fight - Love Me - Rules Of The Game - Shake Electric - War Of The World

Nach der energiegeladenen Demonstration der Schweden, hatten

ORCHID

anschließend einen schweren Stand. Das draußen gerade niedergehende Gewitter sorgte dafür dass es in der Bar inzwischen richtig ungemütlich dunstig geworden war, und die vielen ungeniert in der Location rauchenden Leute taten ein übriges dazu dass der fehlende Luftaustausch sich noch übler bemerkbar machte. Der Schweiß floss in Strömen und Shirts und Hosen klebten bereits unangenehm am Körper, als sich ORCHID gerade erst anschickten die Bühne zu betreten. Mit "Helicopters" als Auftakt regierte sodann 75 Minuten lang der Sound der 70er, mit deutlicher BLACK SABBATH-Schlagseite. Willkommen in der Welt der Schlaghosen - ORCHID hielten das Stimmungslevel ihrer Supportgruppe SPIDERS mit links, und Fronter Theo Mindell bewies bereits bei den ersten Nummern dass er einen OZZY OSBOURNE wortwörtlich verinnerlicht hatte. Intonation, Stageacting und sogar das Aussehen (naja gut, das Original war doch etwas schmächtiger als der Riegel da auf der Bühne bei ORCHID) erinnerten so frappierend an Ozzy, wie man dem Prince Of Darkness gerade noch so nahe kommen kann ohne dreist zu kopieren. Die Amis schaffen es den oft als angestaubt bezeichneten, psychedelischen Sound der 70er auf ihre eigene, frische Weise zu interpretieren, und retten so den klassischen Sound früher BLACK SABBATH ins neue Jahrtausend herüber. Lediglich die Lichteffekte schienen in der Rock'n'Roll-Steinzeit zurückgeblieben zu sein, denn der Sänger stand bis auf drei kurze Lichtblicke über den kompletten Gig hinweg im Dunkeln, und auch seine Mitstreiter an den Instrumenten krebsten hauptsächlich im Schummerlicht herum - dagegen war bei den Vorbands ja Festbeleuchtung auf der Bühne! Aber das diffuse Grabeslicht tat der tollen Stimmung keinen Abbruch, trotzdem man merkte dass dem Publikum gegen Ende hin dann doch ein wenig die Kraft ausging. Dass nicht nur die Zuschauer unter der heißen, stickigen Luft in der Rockhouse Bar litten beweist der trinkfeste Bassist Keith Nickel, der allen ernstes bei Halbzeit des Gigs das Bier beiseite stellte und Wasser verlangte. WASSER! Keith! Okej, es musste wirklich heiß sein in der Bar... "John The Tiger" und "He Who Walks Alone" markierten zwei der Höhepunkte des Gigs, ehe sich ORCHID einmal kurz von der Bühne begaben, nur um der verschwitzten Meute im Publikum nach ausgiebigem "We want more!"-Rufen zum Schluss noch "Saviours Of The Blind" vorzuwerfen. Und dann hatten es das deutlich gezeichnete Publikum und die nicht minder verschwitzten Musiker auch geschafft, und der laute Schlussapplaus füllte den Stollen der Bar für bemerkenswert lange Zeit aus.

Setlist:

- Helicopters - The Mouths Of Madness - Eyes Behind The Wall - Sign Of The Witch - Capricorn - Silent One - John The Tiger - Black Funeral - He Who Walks Alone - Saviours Of The Blind

ORCHID und SPIDERS schafften es die fast volle Rockhouse Bar in eine glutheiße Partyhölle zu verwandeln, und ließen ein hochzufriedenes Publikum zurück das sich an dieses Konzert bestimmt noch lange zurückerinnern wird. ORCHID untermauerten dabei hochverdient ihren Anspruch auf den Thron des Retro-Rocks, und die Schweden mit dem Extravaganten Modegeschmack standen ihnen um keinen Deut nach. Das noch deutlich frischere Publikum sorgte dafür dass SPIDERS fast bessere Reaktionen einfahren konnten als der Headliner! Für wenig Verständnis sorgten einige Zuseher, die brav ihr Ticket kaufen - aber bis auf sporadische Besuche des stillen Örtchens nicht in der Bar gesichtet wurden, und lieber im Biergarten dem eisgekühlten Hopfenblütentee zusprachen anstatt der Show beizuwohnen. Muss man das verstehen...? Egal, jeder nach seiner Fasson. Hauptsache das Publikum ist in Salzburg endlich wieder einmal zahlreich erschienen! Das darf gerne öfters so sein... Fotos von den lichten Momenten des Dunkelkammer-Auftrittes gibt es wie immer in der Galerie! Und wer nicht genug davon bekommen kann darf sich auch gerne die Fotos von Kollege Laichster aus Innsbruck zu Gemüte führen, der dort ebenfalls seinen persönlichen Krieg gegen die schlechten Lichtverhältnisse ausfocht.


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