19.11.2006, Wiener Stadthalle

Tool

Veröffentlicht am 23.11.2006

Tool in Wien – eine seltene Ehre. Am 19. November war es dann aber wieder mal so weit, und die Ausnahme-Band aus Los Angeles gab sich in der Wiener Stadthalle die Ehre, tatkräftig unterstützt von Mastodon, dem neuen Sludge-Metal Geheimtipp aus Amerika. Dass es ein denkwürdiger Abend werden würde, war also vorherzusehen. Das Ausmaß hat aber dann selbst Hartgesottene Gewohnheits-Konzertbesucher wie mich überrascht. Aber alles zu seiner Zeit. Überraschenderweise schieben sich bereits eineinhalb Stunden vor dem offiziellen Einlass die Leute vor den zwei Eingängen der Stadthalle, um Passanten und Fußgängern möglichst effizient den Durchgang zu blockieren und sich zu besaufen, was den meisten von ihnen dann auch wunderbar gelingt. Schließlich ist es soweit, und um Viertel vor Sieben werden wir dann endlich vorgelassen. Ein paar Schritte weiter der erste Schock: Die Merch-Preise. War aber nicht weiter verwunderlich. Dennoch sind 30 € für T-Shirts und 40 € für die in der Produktion noch wesentlich günstigeren Girlie-Shirts sowohl für Tool als auch für Mastodon ein starkes Stück – aber man zahlt es ja zähneknirschend „gerne“. In der Halle haben sich schließlich bereits rund zehn Minuten nach Einlass ein ziemlicher Haufen Leute versammelt, harrend der Dinge, die da kommen werden. Kurz vor Acht betreten Mastodon die Bühne und legen auch ohne Umschweife los – hinter ihnen ein riesiges Blood Mountain-Banner, das auch die Stimmung des Albums in Kombination mit der fast schon psychedelischen Lichtshow gut rüberbringt. Ganz klar, Mastodon sind gut drauf heute: Technisch bieten sie eine perfekte Show, und auch stimmlich sind sowohl Bassist Troy wie Gitarrist Brent in erstklassiger Verfassung. Einzig enttäuschend ist das Set, das Mastodon heute Abend zum Besten geben: zwar finden sich alle Kracher des neuen Blood Mountain-Albums, allerdings vermisst man schmerzlich sowohl March Of The Fire Ants als auch Blood And Thunder, die ja eigentlich die bisherigen Mastodon-„Hits“ sind. Dennoch ist der Publikumszuspruch groß, und auch die Band ist sichtlich gut aufgelegt. Nach einer Dreiviertelstunde sind Mastodon dann am Ende der Blood Mountain-Collage angelangt und verabschieden sich bis zum nächsten Frühjahr, in dem wir vielleicht das Vergnügen haben werden, sie auf einer Headliner-Tour erneut zu bewundern – in dieser Hinsicht verweise ich alle Interessierte außerdem auf das Interview, das ich mit Bassist Troy geführt habe. Aber weiter im Text. Ziemlich genau um Zehn betreten Tool die Bühne und eröffnen mit Stinkfist ihr knapp zweistündiges Set. Sofort setzen sich die 2000 Konzertbesucher in Bewegung, und jedem ist klar, warum er heute hier ist: Tool enttäuschen einfach nicht. Im Folgenden bieten die Mannen um Sänger Maynard sowohl Altbewährtes als auch Neues in gut ausgewogener Mischung, wie gewohnt unterstützt durch Visuals auf der Bühnenrückseite und einer Lichtshow, die man so wahrscheinlich noch nie gesehen hat. Glücklicherweise bietet die Stadthalle alle Möglichkeiten, und so fahren Tool schwere Geschütze auf: Lasershow, gigantische Projektionen auf der Bühnenrückwand (wohlgemerkt zusätzlich zu den Visuals!) und sogar die Decke wird für etliche Farb- und Lichtspielereien genutzt. Dazu kommt die in jeder Hinsicht überzeugende Performance der Band, und selbst eingefleischte Fans erkennen in etlichen altbekannten Liedern neue Teile, die das Erlebnis nochmals vertiefen und gelegentlich angenehm überraschen. Der Sound ist perfekt, und Maynard hat man auch schon lange nicht mehr so gut bei Stimme gehört. Und das 120 Minuten lang, in der man gewissermaßen Urlaub von der Realität nimmt und sich einfach von der Musik und der Show treiben lassen kann. Eigentlich genügt ein Wort: Überwältigend. Als die Massen dann gegen Elf die Stadthalle verlassen, weiß jeder, dass der 19. November ein ganz besonderes Ereignis gewesen ist, das man nicht so schnell vergessen wird. Selten hat man schließlich ein in jeder Hinsicht so großartiges Konzert gesehen – der Kartenpreis von 40€ war definitiv jeden einzelnen Cent wert. Im Namen aller Konzertbesucher bleibt mir deshalb nur mehr eines: Danke zu sagen – an Mastodon und vor allem an Tool. Danke für ein wirklich einzigartiges Erlebnis. .


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