08.07.2005 - 09.07.2005, Wiesen

Carpe Noctem Festival '2005

Text: caroline
Veröffentlicht am 15.07.2005

Unter dem Motto „Carpe Noctem“ rief Wiesen dieses Jahr die Metaller und Gothic Gemeinde zum gemeinsamen Feiern auf. Die bunte Mischung an düsteren Bands erwies sich dabei als durchaus gelungen und konnte für jeden Geschmack etwas bieten und die Location war bei dem verregneten Wetter mehr als passend! Zum Glück gibt’s in Wiesen ein Bühnenzelt, denn sonst wäre Carpe Noctem schnell zum Regentanz verkommen. Doch mit einem Zelt über dem Kopf und reichlich leckerem Erdbeerwein konnte die Laune auch nicht durch Regenschauer getrübt werden. Tag 1 Als Floodland aus Wien mit ihrem an Sisters Of Mercy erinnernden Sound loslegten waren schon einige Fans anwesend. Und Ihren Status als fantastische Liveband konnten Floodland nicht nur durch ihre traumhaften Eigenkompositionen wie „Dorian“ beweisen, sondern auch durch das Sisters Cover „Lucretia“ oder einem neuen Song „The Morron“, der Lust aufs nächste Album machte. Hut aber vor diesem gelungenen Einstieg! Lacrimas Profundere sind auf Platte schon immer ein Geheimtipp für Fans von Katatonia, Anathema und co. gewesen, live haben sie mich bis jetzt allerdings immer enttäuscht. Der letzte Auftritt den ich erleben durfte lag schon einige Jahre zurück und so blieb die Hoffnung, dass sich die Düsterrocker aus Deutschland mittlerweile etwas gebessert hatten. Nun ja, der Sänger will zwar immer noch Ville Valo spielen, allerdings hat sich sein Gesang deutlich gebessert und die Weinflasche in der Hand hat er zugunsten von weißen Turnschuhen zu Hause gelassen. Auch die etwas dümmlichen Ansagen im Stil von „In der nächsten Stunden sind wir eure Sklaven“ oder „Der nächste Song ist für alle Chucky’s oder die, die es werden wollen“ hinterließen mehr ein mildes Lächeln als einen bleibenden Eindruck… Zum Glück hatte man dann doch das eine oder andere Soundschmankerl im Gepäck um mit „Ave End“ oder „Sarah Lou“ die Sache zu retten. Apoptygma Berzerk waren die erste etwas elektronischere Band des Festivals und selbst wenn ich sonst mit dieser Art von Musik nicht so viel anfangen kann, wurde ich von den Herren sehr positiv überrascht! Tanzbare Sounds, eine herrliche Gesangsstimme und beste Stimmung m Publikum sorgten für das erste Highlight des Tages. The 69 Eyes sind aus Finnland, sehen aus wie Glammrocker aus den 80iger Jahren und haben mit Jyrki einen Sänger, der nur einmal mit dem Po wackeln muss, um in der ersten Reihe eine kollektive Teeniekreischorgie auszulösen. Goth Rock vom Feinsten sollte es werden doch der etwas schlechte Sound, das übertrieben Gepose der Herren und die leicht lustlos wirkende Performance waren nicht wirklich erwähnenswert, das hab ich schon besser gesehen! Auch wenn Songs wie „The Chair“, der Hit „Gothic Girl“ oder „Sleeping With Lions“ vom meiner Meinung nach bis jetzt besten Album „Blessed Be“ schön zum Anhören sind, fehlte das gewisse Etwas. Einzig die Überraschung mit dem neuen Song „Feel Berlin“ fiel mir an der Sache noch positiv auf. Subway To Sally entfachten danach ein wahres Feuerwerk an Enthusiasmus in Wiesen. Schon vor dem Auftritt wurde begeistert „Blut, Blut, Räuber saufen Blut“ gesungen und als die Band dann endlich auf die Bühne eilte gab’s kein Halten mehr. Jeder Song wurde lauthals mitgesungen, jede Zeile auswendig gelernt, jedes Lied mit einem unbändigen Applaus gewürdigt. Die Energie die Subway To Sally da lostraten war schwer zu überbieten und selbst die nächsten Bands hatten es schwer, an diesen Erfolg anzuknüpfen. „Henkersbraut“, „Mephisto“, „Ohne Liebe“ oder Dudelsack Tanzeinlagen sind nur ein kleiner Auszug aus dem Best Of Repertoire, das die Band an dem Abend präsentierte. Mit der humoristischen Ansage „Das ist ein Lied, das durch völlige Abwesenheit in TV und Radio glänzte“ wurde „Kleid aus Rosen“ als Akustikversion angekündigt. Wunderschön! Als Zugabe wurde das lang ersehnte „Julia und die Räuber gespielt“ und wieder sangen alle im Chor „Blut, Blut, Räuber saufen Blut“… Eine Textzeile die man auch am nächsten Tag noch oft zu hören bekam!

Nach so viel Energie sollte man eigentlich erwarten, dass es für Lacrimosa schwer würde, anzuknüpfen. Doch da die Band eher auf Herzblut als auf Tanzeinlagen setzt, war das nicht einmal so schlecht. Zeit zum Nachdenken und sich verzaubern lassen! Lacrimosa waren nämlich überraschend gut und auch wenn man sich über den Gesang von Tilo und Anne streiten kann, so passen die manchmal etwas schiefen Töne trotzdem immer wieder zur Musik. Vor allem die Elodia Stücke hatten es mir in der live Version angetan: „Halt mich“ oder „Ich verlasse heut dein Herz“ waren Gänsehautlieder pur und auch „Ich bin der brennende Komet“ begeisterte die Fans. Tilo wirkte dabei immer wieder als charismatischer Frontman, der sein Publikum mit dramatischen Bewegungen und traurigen Gesängen zum Staunen bringen konnte. Apocalyptica sind wirklich eine besondere Band. Cellos, ein Drummer und viele Metallica Cover prägten die letzten 1,5 Stunden des Festivals! „Master Of Puppets“ oder „Seek & Destroy“ auf Cello und ohne Gesang sind einfach überraschend und man versteht Anfangs schon die Faszination, die man bei dieser Band empfinden kann. Dazu kam das charismatische Stageacting der Finnen, die sich auch nicht durch aufgeblasene Kondome auf der Bühne aus der Ruhe bringen lassen konnten! Für die Cellos sind die eigenen Balladen wie „Farewell“ aber wie geschaffen und so verlor sich Wiesen in einem Meer an staunenden Fans und gezückten Feuerzeugen. Ein schöner Auftritt zwischen uptempo Cello Teufelei mit Eigenkompositionen, Metallica Coverstücken und traumhaften Balladen.

Tag 2 Autumn Clan aus der Steiermark hatten die Ehre, den zweiten Tag des Düsterfestivals zu eröffnen. Die Lokalhelden konnten dabei, wie am Tag zuvor Floodland, auf viele Fans bauen und zeigten sich melancholisch rockig mit Songs wie „New Gothicism“, „Requiem To The Sun“ und einem Top Sänger! Leave’s Eyes waren für die ursprünglich geplanten Visions Of Atlantis eingesprungen und das passte eigentlich sehr gut so. Liv’s Strahlen und zauberhafter Gesang und Alex’ wildes Stageacting ergänzten sich wieder perfekt und es wurden sogar einige neue Songs in die Playliste aufgenommen, wie „Farewell Proud Men“ oder „Solemn Sea“. Daneben gab’s natürlich die altbekannten Songs zu Hören und es war fast ein wenig schade, dass der allgemein etwas schlechte Sound gerade bei der schönen Ballade „For Amelie“ zu ein oder zwei Patzern führte. Aber auch das überwand die Band mit neuem Drummer Moritz und sorgte mit der Zugabe „Elegy“ noch für den gebührenden Applaus. Bei Covenant legte ich eine kleine Schaffenspause beim Erdbeerwein ein und hörte mir die elektronischen Klänge eher von der Ferne an. Da das meine Covenant Prämiere war, wage ich es nur wenig über die Band zu schreiben, nur so viel: Toller Sänger! Project Pitchfork waren da schon eher interessant und schon am Anfang des zweiten Tages erblickte man in den ersten Reihe Fans mit blauen Strichen im Gesicht, die geduldig auf ihre Helden warteten. Und selbst während Covenant spielten wurden immer wieder „Project Pitchfork“ Rufe laut. Die Band versprühte eine unglaubliche Spielfreude und ließ den Fans keine Verschnaufpause, vorbei vor allem Songs wie „Existence“ zum Tanzbein Schwingen aufforderten.

Anathema waren für viele der Geheimtipp von Tag zwei und lockten erstaunlich viele Leute vor die Bühne (im Vergleich zu ihren letzten Auftritten in Österreich). Gänsehaut von der ersten bis zur letzten Minute, durch Songs wie „Fragile Dreams“, „Closer“ oder „Flying“ war vorprogrammiert. Sehr schön war auch, dass Vincent das Roy Harper Cover „Hope“ mal wieder zum Besten gab und dabei der Opfer des London Anschlags gedachte. Ganz ohne Probleme verlief der Auftritt aber auch dieses mal nicht und eine gerissene Seite plagte Vincent so sehr, dass er aus lauter Zorn am Ende fast die geborgte Gitarre von Danny zertrümmerte. Doch gerissene Seiten sind in Österreich wohl an der Tagesordnung (wir erinnern uns an den letzten Auftritt in Wien…) und es konnte weitergehen. Schnell war das Chaos vergessen als man Lee auf die Bühne holte für „A Natural Disaster“. Was für eine Stimme! Da kann sich Frau Sharon aber einiges abschauen ;-) Der Auftritt wurde traditionsgemäß mit einem Coversong beendet, nur griff man dieses Mal nicht auf Pink Floyd, sondern auf Led Zeppelin zurück.

In Extremo waren, wenn es nach dem Publikum ging, bestimmt die Gewinner des Tages und es war wie am Tag zuvor bei Subway To Sally eine wahnsinns Energie in der Luft! Die Mittelalter Barden hatten die Fans voll und ganz im Griff und auch dieses Mal wurde jede Zeile mitgesungen und die Band vom ersten bis zum letzten Song abgefeiert. Ob es nun neue Songs waren oder ältere Glanzstücke wie „Herr Mannelig“ oder „Spielmannsfluch“, ob man über den „Erdbeermund“ sang oder den „Vollmond“ mit tausenden Glitzerkonfettis heraufbeschwor, ob zur „Nymphenzeit“ oder am „Horizont“ , die Fans ließen sich nicht zweimal bitten zum Mitmachen und die Band hatte unheimlich großen Spaß auf der Bühne. Within Temptation glänzten dann nur noch durch eine fürchterlich kitschige Pappdeko auf der Bühne und einem Gesang, der entweder perfekt und viel zu distanziert wirkte oder durch Playback. Die Show war ganz bestimmt nicht schlecht und vor allem die Songs des neuen Albums wie „Angels“, „Jillian“ oder „See Who I Am“ kamen gut an, doch irgendwie zündete der Funke bei mir nicht so ganz. Ob beim Kate Bush Cover oder „Ice Queen“, es fehlte das gewisse Etwas. Am Ende blieb die Erkenntnis, dass das Carpe Noctem dank der guten Bandmischung aus Underground-Geheimtipps (Floodland, Autumn Clan), musikalischen Schmankerln (Anathema,), Kommerzdüsterlingen (Within Temptation, The 69 Eyes), elektronischen Sounds (Covenant), tanzbeinfreundlichen Bands (Apoptygma Berzerk, Project Pitchfork), Gothic Metal vom Feinsten (Leaves Eyes) oder Mittelaltermusikanten (In Extremo, Subway To Sally) einfach ein gelungenes Programm zu bieten hatte. Hoffentlich nächstes Jahr wieder!


WERBUNG: Hard
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