15.11.2007, Arena

Porcupine Tree

Veröffentlicht am 17.11.2007

Eigentlich ein ganz normaler Donnerstag im November. Es schneit, es ist eiskalt, und der Wind pfeift durch die Straßen Wiens. Trotzdem drängen sich Massen von Leuten in der Kälte vor der Arena, um noch eine Karte zu ergattern. Und das, obwohl die Veranstaltung im Vorverkauf bereits ausverkauft ist und die Chance, eine Karte an der Abendkassa zu ergattern, dementsprechend gering ausfällt. Völlig verrückt, aber auch völlig verständlich. Schließlich besuchen heute ANATHEMA und PORCUPINE TREE die österreichische Hauptstadt.

Als um gerade mal acht Uhr die sympathischen Briten ANATHEMA die Bühne entern, ist die große Halle der Arena bereits bis nach oben hin gefüllt (im wahrsten Sinne des Wortes). Dicht zusammengepfercht harrt das bunt gemischte Publikum, das heute aus Punks, Metallern, Goths und Alternativen besteht, der Dinge, die da kommen werden. Nach dem ersten Song ist schließlich klar: enttäuscht wird hier niemand. Absolut souverän und sympathisch präsentieren die Jungs um die Cavanagh-Brüder sowohl älteres als auch brandneues Material, das seinen Weg auf CD erst noch finden muss. Das Publikum frisst den sympathischen Engländern aus der Hand, etliche singen sogar mit, und das mit gutem Grund. Die alternativ-doomig-rockigen Songs der Band, die sich kaum in ein Genrekorsett zwingen lassen, sind absolut mitreißen und ziehen bereits beim ersten Hören in ihren Bann – als absoluter ANATHEMA-Neuling war ich schwer beeindruckt. Vor allem Sänger Jamie liefert eine tadellose und saubere Vokal-Performance ab, was in den letzten Jahren ja leider nicht mehr selbstverständlich ist. Nach einer knappen Dreiviertelstunde und einem witzigen „Hurt“-Cover verlässt das Quintett schließlich die Bühne, um dem Hauptact Platz zu machen.

Nach kurzer Wartezeit bewegt sich schließlich was auf der Leinwand an der Rückwand der Bühne. Momentaufnahmen und Geräusche, die jeder im Publikum sofort erkennt – binnen Sekunden ist klar, dass es sich um den Titeltrack des neuen Albums handelt, und schon steht Steven Wilson auf der Bühne – vom Spot beleuchtet, energiegeladen, und barfuss. Die Show geht los, und gleichzeitig bricht vor der Bühne die Hölle los. Das gutgelaunte Publikum singt jede Zeile des Songs mit, was dank der erheblichen Reizüberflutung durch erstklassige hypnotische Visuals von Filmemacher Lasse Hoile und der Bandperformance gar nicht so einfach ist. PORCUPINE TREE spielen einen Hit nach dem anderen und beweisen zudem äußerstes Geschick beim Zusammenstellen der Setlist, die wunderbar ausgewogen sowohl Klassiker als auch Neues enthält, wodurch keine Sekunde Langeweile aufkommt. Der Sound ist verdammt nahe an der Perfektion – andere Bands haben Studioalben, die sich schlechter anhören. Die Band ist gut gelaunt, und Steven bedankt sich charismatisch für die überwältigende Publikumsreaktion, die bei Hits wie „The Sound Of Muzak“, „Even Less“, „Halo“ oder dem 17-minütigen unglaublichen „Anesthetize“ natürlich nicht ausbleiben. Als nach „Way Out Of Here“ und „Sleep Together“ die Band schließlich von der Bühne geht, bleibt das natürlich nicht von Dauer. Mit beeindruckender Lautstärke wird eine Zugabe gefordert – ein Wunsch, dem PORCUPINE TREE nur allzu gerne nachkommen. Nach „Blackest Eyes“, „Trains“, „Even Less“ und zwei vollen Stunden Spielzeit lässt die Band schließlich ein zwar erschöpftes, aber auch ein sehr glückliches Publikum zurück. Ein absolut fantastisches Erlebnis, das allen Beteiligten noch lange in Erinnerung bleiben wird. Schließlich verabschiedet sich die Band mit den Worten: „We’re gonna see you again very soon.“ Wollen wir hoffen, dass sie dieses Versprechen bald einlösen.


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