17.03.2008, Spinnerei

IMMOLATION

Text: PMH
Veröffentlicht am 20.03.2008

Konzerte am Wochenbeginn sind so eine Sache: während der eine Teil noch angeschlagen, verkatert oder voller Elan seinen Hintern ins Büro/Baustelle/Osterferien schleppt, fuhrwerkt der andere Teil stinkfaul zuhause rum und ertränkt seine Sorgen bei der Hausarbeit, Serienlangweilern oder dem „Afterworkbier“… die sogenannten „Wochenendmetaller“ hatten also mal wieder Ausgehverbot, kein Taschengeld von Mami oder einfach keinen Elan um sich schon wieder ins Auto zu quälen und die paar Kilometer nach Traun anzutreten. Traurig war somit die Tatsache dass sich für dieses hochwertige Paket keine 100 Nasen interessierten und so den Veranstaltern von Hazard-Concerts - trotz der wiederholt fairen Eintrittspreise – sicherlich so manches graues Haar mehr bescherte und dazu führte dass der lokale Opener CONSPIRACY kurz nach halb8 vor einer Handvoll Unentwegter seine halbstündige Aufwärmrunde startete. Die war dafür geprägt von zahlreichen neuen Nummern die allesamt eines erkennen liessen: mehr Trash, weniger Death ! Okay, Mikrofürst Gunter gurgelte immer noch schön ordentlich kellertief in die Menge – trotzdem war auch hier ein leichtes Aufhellen in der Darbietung erkennbar und vielversprechend. Das neue Material (darunter zB. „Prelude to Eternal Silence“ & „Endtime Requiem“, mit griffigem Mittelteil versehen) hatte im Gegensatz zu den altbekannten Nummern vom Debütwerk „The End Foretold“ deutlich mehr Riffpower, Solistärke und ausgedehntere Instrumentalparts im Gepäck, dazu gabs auch leicht melodisch-melancholisch Abschnitte die die zeitweise etwas zu langen Stücke musikalisch auflockerten; der Sound war für einen Opening-Act nahezu unverschämt gut & lautstark und der aufkeimende Applaus mehr als gerechtfertigt. Zum Abschluss gabs mit den bekannten „The Splendour of Decay“ bzw. dem Titeltrack von The End Foretold noch zwei altgediente Thrash/Death-Nägel mit auf den Weg – Daumen hoch ! Als die Griechen SICKENING HORROR nach einer knappen Umbauphase ihren Teil der Show begannen war erstmal Skepsis angesagt: erstens kannte ich von dem Threepiece keinen einzigen Song, zweitens war der Sound anfangs sehr undifferenziert – und drittens das Fehlen einer zweiten Gitarre nicht unbedingt sehr zuträglich! Trotzdem war das musikalisch ziemlich breaklastige Deathgewitter nicht zu verachten, die typisch hellenische Spielkultur blitzte in den blastgetränkten Eruptionen immer wieder kurz auf und erinnerte so in manchen Momenten an die Landsmänner Septic Flesh oder auch Morbid Angel. Technisch durchaus fit ging in den mitunter leicht verqueren Abschnitten auch so manche atmosphärische Schwarzwurzelbreak einher und verpasste so dem progressiven Brutalodeath eine wohltemperierte, kühlere Soundnote. Zwar war die Bewegungsfreiheit also Trio leicht eingschränkt, trotzdem wurde bei Kompositionen wie „All Perceived Nothing“ oder „Forsake my Bleeding“ immer wieder der Bangrotor angeworfen , der nach kurzweiligen 35 Minuten Spielzeit – und einem wohlwollenden Kopfnicken meinerseits – den Stopfknopf betätigte … Die Amis von GOATWHORE waren um viertel nach 9 als nächstes am Start – deren bisher veröffentliches Material war mir zwar auch (bis auf 2, 3 Ausnahmen) gänzlich unbekannt, aber das sollte ja kein Nachteil sein … Der Nietenbewehrte Vierer schaffte es hingegen sofort mich in seinen Bann zu ziehen – sehr 80er verliebter Black/Thrash mit enormer CelticFrost Schlagseite in einem Mördersound, dazu die symbolhafte Mimik & Gestik des Fronters und eine Vielzahl treibender Riffs, Abschädelparts und eine gesunde Dosis Highspeed machten aus dem Material eine Gaumenfreude. Man nehme etwas Desaster, viel Celtic Frost, Nocturnal Breed, eine Messerspitze Immortal und die permanent wehende OldSchoolfahne , packe das Ganze in einen Mixer und schalte auf Stufe 3 – fertig sind solche Abgehgranaten wie „Sky Inferno“ oder „Graveyards and Dead Angels" ! Die Bewegung der Truppe war gleichsam dem Songmaterial – treibend, energiereich, symphatisch und trotz aller Eingängigkeit keineswegs minderqualitativ an den Instrumenten (trotzdem fehlte - wie auch bei Sickening Horror - in manchen Passagen eine zweite Axt. Man kann halt nicht alles haben ...) Vor allem die rauhe und dennoch Gift & Galle sprühende Stimme von Ben Falgout stachelte sowohl die Fanschar als auch die eigenen Hintermannschaft (die die Stücke mitunter auch 3stimmig unterstützten) immer mehr an und trieb nach dem würdigen Schlusspunkt „Alchemy of the Black Sun Cult“ so manch begeisterten Langhaardackel an den Merchandisestand. Hell Yeah ! Die Erwartungshaltung an die mittlerweile in Holland verweilenden MELECHESH war meinerseits enorm, schliesslich waren die letzten 3 Werke oft Stammgast im heimischen CD-Player und die Liveauftritte in Österreich eher Mangelware - so konnte man also gespannt in den mit arabischen Skalen hantierenden Black/Death/Thrash-Gig gehen und wurde nach einer kurzen Anlaufzeit nicht im geringsten enttäuscht. Zwar war die Gitarrenfront anfangs etwas zu sehr in den Hintergrund gemischt, dieses Manko änderte sich aber nach wenigen Minuten - mit leichem Hall auf der Stimme marschierte Fronter Ashmedi mit beinahe irrem Blick und spürbarer Leidenschaft durch das – mit 45 Minuten leider zu kurz ausgefallene – Mörderprogramm. Die beinahe swingenden Drumparts, die hochwertig thrashig-sägenden Riffs, das aggressive Gekeife – all das manifestierte sich in solch aussufernden Songs wie „Ladders to Sumeria“ oder dem mit einem interessanten Break versehenen „Triangular Tattvic Fire “ . Hier wurde Magie nicht durch irgendwelchen Firlefanz ala Keyboards oder Akustikbreaks geschaffen, nein, alleine die Sechssaiter und die mannigfaltigen Einflüsse waren hier Beweis genug das Originalität nur eine Frage des richtig ausgearbeiteten Songmaterials und der entsprechend spannenden Bühnenumsetzung ist. Nach dem „Rebirth of the Nemesis“-Massaker war erstmal Schluss, was bleibt sind folgende Erkenntnisse: Wenige Worte zwischen den Songs halten die Stimmung aufrecht, die Spielzeit wird somit sinnvoll genützt und auch die Umsetzung der Stücke war nicht – wie so oft - ein 1:1 Abklatsch der Studioprodukte. Von mir aus hätten Melechesh noch gut eine Stunde weitermachen dürfen - schliesslich wird es ja wieder eine Weile dauern bis zum nächsten Besuch. Kurz vor halbzwölf war dann Deathmetal-Time: Die Urgesteine IMMOLATION durften vor dem verbliebenen Publikum eine ganze Stunde ihren techniklastigen Amideath zum besten geben, beeindruckend war von Anfang an – neben dem in der gut 20jährigen Bandhistory enorm gereiftes spielerisches Profil – die arschlange Matte von Vokalist/Basser Ross Dolan, der neben seinem glatzköpfigen Kollegen an der 2.Gitarre ( und seinem Extrem-Guitarbanging, welches er nahezu wie ein Surfbrett behandelte) keinensfalls hintenanstehen wollte und seinerseits extrem theatralisch den Oberkörper kreisen liess. War der Sound anfangs leicht verwaschen und für zwei Gitarren etwas drucklos gestaltet so hatte man nach wenigen Songs dieses Problem im Griff – das war auch notwendig, denn der sehr frickelige & keineswegs einfach konsumierbare Sound des NewYork-Vierers war durchzogen von Breaks, Fills und Instrumentalpassagen … Vor allem die neueren Werke waren teilweise wie ein fieser, übellauniger, gotthassender Lavastrom unterwegs welcher sich im Midtempo seinen Weg bahnte, dabei aber auch nicht vor einigen feinen Speedparts zurückschreckte und vor allem bei „Swarm of Terror“, „Son of Iniquity“ oder dem mörderisch schleifenden „Close to a World below“ seine volle Wirkung zeigte! Dass im unnachgiebig-brutalen Set auch zwei Uraltnummern („Burn with Jesus“ bzw. „Immolation“) eingestreut wurden, war sicherlich nicht nur für mich eine feine Sache und auch dem Fluss des Auftritts dienlich, da diese deutlich straighter und schneller angelegt waren als die letzten MetalBlade-Auswürfe. Als dann gegen Ende des Auftrittes nochmal alle Register gezogen wurden und dabei solch starke Brocken wie „The Devil i know“, „Shadows in the Light“ und „World Agony“ ausgespuckt wurden hatte man endgültig gewonnen ! Mir gefiel die montagabendliche Performance auch um einige Klassen besser als auf dem letztjährigen SummerBreeze-OpenAir … kann aber auch am wuchtigen Livesound liegen, der selbigen Auftritt & einige Studioalben locker in den Schatten stellte. Warum die Jungs bis heute nicht die Anerkennung bekommen, die ihnen eigentlich zustehen würde weiss wohl nur der ziefach Gehörnte, am Songmaterial liegts wohl kaum. Vielleicht an der fehlenden Eingängigkeit oder an ein paar Skandälchen - wasweisich? Bleibt unterm Strich ein musikalisch hochwertiger Abend, faire Merchpreise bei guter Auswahl und mein Dank an die wenigen Metaller(innen), die sich ihren Montagabend durch gute Musik versüssten und sich sicherlich zufrieden ins Bettchen trollten.


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