10.06.2009, Planet.tt, Bank Austria Halle, Gasometer

KORN - Escape The Studio Tour

Text: chris
Veröffentlicht am 12.06.2009

Konzerte können etwas Rituelles an sich haben. Wahrscheinlich ist das sogar meistens so und dadurch lassen sich auch allerlei seltsame Fangebärden ausmachen. Man nehme hierfür einfach mal das Konzert von KORN im Gasometer in Wien. Zwei Stunden vor Beginn tummeln sich allerlei lustige Trainingsanzugträger vor dem Eingang und können „ihre“ Band kaum noch erwarten. Geht man etwas um den zweiten Gasometerturm herum in Richtung Backstagebereich, so findet man noch die nächste Steigerung des Fantums, nämlich jene, die versuchen, einen Blick auf „ihre“ Idole zu erhaschen. Glücklicherweise schlendern dort dann auch Bassist Fieldy oder der mittlerweile zum festen Bandmitglied geadelte Drummer Ray Luzier herum und lassen sich fotografieren. KORN sind noch immer und trotz des Ausstiegs von zwei Gründungsmitgliedern ein Phänomen. Und auch wenn es die Band nun schon seit mehr als 15 Jahren gibt, so besteht die Hauptzielgruppe immer noch aus der unverstandenen Jugend, die hier ein Sprachrohr ihrer Probleme, Ängste und Zustände vermutet. Um etwa acht Uhr geht’s dann mit der Gruppentherapie in Form von lauter Musik auch los. Den Anfang machen aber… (-chris-)

SHINEDOWN, die durch das freiwillige Zu Hause Bleiben von FIVE FINGER DEATH PUNCH ihre zusätzlich gewonnenen 15 Minuten nutzen, um den Gaso mit locker verspielten Florida Rock zu bezirzen. Die Songs kennt man bereits zur Genüge, SHINEDOWN statteten der Bundeshauptstadt mittlerweile den dritten Besuch innerhalb von acht Monaten ab, dennoch gerade der bärenstarke Dreizack „The Sound of Madness“, „Second Chance“ und „Devour“ fördert noch immer eine Spur von Gänsehaut herauf, was auch der schon amtlich volle Gasometer zu honorieren wusste. Irgendwie sollten sich die sympathischen Jungs aber doch einmal überlegen ob man sich in bestimmten Gegenden nicht auch tot spielen kann, auch auf Grund der Tatsache, dass die Herren im November neuerlich nach Wien zurückkehren wollen – vier Abstecher in zwölf Monaten ohne neues Material sind dann wahrscheinlich doch zu viel des Guten! Spaß gemacht hat die kurzweilige Dreiviertelstunde mit SHINEDOWN aber dennoch... (-reini-)

Um ca. neun Uhr wurde schließlich der Mic-Ständer von Jonathan Davis, designed von H.R. Giger, enthüllt und das Licht ging aus. Nach kurzem Intro durfte man derselben Eröffnungsnummer wie letztes Jahr im Gasometer lauschen. „Right Now“ blies mal ordentlich die Gehörgänge der Anwesenden durch. Der im letzen Jahr zuhause gebliebene James „Munky“ Shaffer war auch mit von der Partie, daneben natürlich Bassist Fieldy, Drummer Ray Luzier sowie Shane Gibson an der zweiten Gitarre und Keyborder Zac Braid. Bühnentechnisch gab es eigentlich nicht sonderlich viel zu bestaunen, das Back Drop zierte das klassische KORN-Logo Weiß auf Schwarz. Auch ansonsten muss man beinahe sagen, dass diese Band zu einer hoch professionellen Hitmaschinerie mutiert ist, die ihre Songs brav herunterspielt und den Fans zwar gibt, was sie wollen, aber eben nicht mehr. Davis hielt sich mit Ansagen eher zurück und sparte sich die Interaktion mit dem Publikum für das letzte Konzertdrittel auf. Musikalische Höhepunkte waren sicherlich die live eher sparsam eingesetzten Nummern der ersten beiden Alben wie „Chi“, „Porno Creep“ oder auch „Divine“. Daneben gab es die Pflichterfüllung in Form von „Falling Away From Me“, „Freak On A Leash“ und im Zugabenblock natürlich noch „Blind“ und „Got The Life“. Warum man allerdings mit „Another Brick In The Wall“ aufhören musste, ist mir nicht ganz ersichtlich. Klar, die Nummer kennt jeder und daraus entsteht natürlich ein klassischer Mitgröhl-Moment, aber mehr steckt da nicht dahinter, schon gar nicht hinsichtlich einer originellen Interpretation. Im Zwischenteil von „Coming Undone“ gab es sogar kurz eine kleine „We Will Rock You“-Einlage, der man auch etwas zwiespältig gegenüber stehen kann, aber ganz die Rockstars wie sie sind, wissen KORN, wie sie ihr Publikum unterhalten können. Songs des noch immer aktuellen, unbetitelten Albums sucht man hingegen vergeblich, außer man will das Intro sowie ein Zwischenspiel miteinrechnen.

Somit durfte man sich knapp eineinhalb Stunden zufrieden aus der Halle bewegen. KORN haben genau das geliefert, wofür sie bekannt sind und was sich ihre Fans erwarten. Positiv anzumerken ist der erneut bei dieser Band hervorragende Sound im Gasometer, der wie letztes Jahr durch Druck aber auch ein entsprechendes Maß an Transparenz überzeugen konnte. Entweder haben die Mannen aus Bakersfield einen überirdischen Techniker dabei oder es war einfach Zufall. Nach dem Konzert konnte man am Merchandising-Stand erleben, wie man heute wirklich Kohle machen kann, nämlich mit Shirts um mindestens 30 Euro. Was mehr verwundert war allerdings der Andrang vor dem Stand, der den ersten Reihen im Pit um nichts nachstand. Da wird deutlich, was diese Band eigentlich ist: eine Marketing-Maschine erster Güte. Wer’s nicht glaubt, soll mal auf die neu gestaltete Bandhomepage schauen und sich dort über eine Premium-Mitgliedschaft erkundigen. All das tut aber der Tatsache keinen Abbruch, dass KORN live noch immer überzeugen können. Fragt sich nur, wie lange noch. Wie lange noch, bis Davis mit seiner Sauerstoffflasche alleine da oben steht, unter dem Banner einer Band, die in den 90er Jahren aufgestiegen ist, die Welt eroberte und nun mit ihrer eigenen Vergangenheit zu kämpfen hat. (-chris-)



Setlist (ohne Gewähr):

Intro Right Now Chi Did My Time Thoughtless Falling Away From Me Coming Undone/We Will Rock You (Bagpipes – Shoots And Ladders Beginn) Helmet In The Bush Here To Stay Porno Creep Freak On A Leash Ya’ll Want A Single Divine Somebody Someone ------------------------------------- Blind Got The Life Another Brick In The Wall


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