21.11.2011, Arena

SAXON & ANVIL

Veröffentlicht am 01.12.2011

Eine gewaltige Dosis True Metal hat sich an diesem saukalten Montagabend in der Wiener Arena angekündigt. Das englische NWoBHM Schlachtross SAXON kreuzt nach Kundl und Salzburg zum dritten Mal die Klingen auf österreichischem Boden. Als Anheizer haben sie sich niemand Geringeren als die kanadischen Spätkarrieristen ANVIL in den Tourbus gelockt. Das bedeutet, dass nicht nur gefühlte 500 Lebensjahre auf drei Stunden Konzert ausgestrafft sind, sondern auch, dass die britischen Szeneurväter ordentlich zittern müssen, denn ANVIL erfahren seit ihrer rührseligen DVD-Biografie aus 2009 einen späten, aber hochverdienten Hype, der massenweise Leute quer durch Europa anzieht.

Den Anheizer geben an diesem Abend die britischen Nachwuchs-Banger von CRIMES OF PASSION, die aber bereits so früh starten müssen, dass sich der Gig trotz verfrühter Anreise aus Graz nicht wirklich ausgeht. So grinst uns schon ANVIL-Fronter Steve „Lips“ Kudlow ins Gesicht, als wir die windunterstützten Minusgrade im Freien mit der wohligen Bier/Schweiß/Hitze-Kombination in der Arena tauschen. Gut gefüllt, aber nicht restlos ausverkauft ist der erste Eindruck, die Altersgruppen auf „vier Generationen verteilt“ (© Biff Byford) und die Shirts in jedem Genre verankert. So soll es auch sein, denn beide Bands haben mit ihrer jahrzehntelangen Karriere einen großen Anteil daran, dass wir Liebhaber viele andere Bands überhaupt genießen dürfen. Das Bad in der Menge genießt das Trio von der ersten Minute an. ANVIL merkt man die Freude am längst verdienten Erfolg deutlich an, selten sieht man eine Heavy Metal Band derart fröhlich auf der Bühne hopsen.

Den Animateurs-Hauptposten nimmt dabei Lips ein, der seine Gitarre mit Zähnen und Vibrato bearbeitet, so manch lustige Jackass-Anekdote ins Rund wirft und beim jazzigen Instrumental „Swing Thing“ sogar seine sechssaitige „Green Mean Blues Machine“ hervorkramt. Die Setlist setzt sich vorwiegend aus Material des durchschnittlichen Albums „Juggernaut Of Justice“ zusammen und hätte um einige Nummern erweitert werden können, würden die Jungs nicht so gern den Kasperl machen. Egal – ANVIL vergönnt man das verdiente Bad in der Menge, auch wenn das Publikum reservierter bleibt, als man ahnen würde. Die wahren Kracher sind die alten, so wie „March Of The Crabs“ oder der Abschlussstampfer „Metal On Metal“. Als Musiker sind ANVIL schlicht Durchschnitt, in die Wange zwicken möchte man ihnen trotzdem gerne. So gesehen während des SAXON-Gigs, wo die Burschen mit dem Foto- und Unterschriftenandrang schier überfordert waren. Irgendwie ja wieder süß, das Ganze.

[ROBERT FRÖWEIN]



Setlist ANVIL:

March Of The Crabs 666 Juggernaut Of Justice Winged Assassins Mothra Swing Thing Drum Solo Fuken Eh! New Orleans Voodoo Metal On Metal

Natürlich klingt das Attribut "alt aber gut" völlig ausgelutscht, aber im Falle von SAXON trifft es doch zu einhundert Prozent zu. Meine Güte, wie lange gibt es die Band aus Yorkshire nun eigentlich schon? Biff Byford & Konsorten sind noch dazu ziemlich schuld dran, dass ich musikalisch heute dort bin wo ich bin und hier meinen werten Senf dazu gebe - waren doch "747 - Strangers In The Night" und "Princess Of The Night" damals für mich so etwas wie die Initialzündung für mein weiteres Metaller-Leben. Dass man getrost auf ein Konzert der Angelsächsischen Sachsen gehen kann, ohne deren kompletten Backkatalog zu kennen ist genauso ein ungeschriebenes Gesetz wie das, dass es wahrscheinlich keinen SAXON-Gig gibt, der wirklich schlecht ist. Im Rahmen ihrer "Call To Arms"-Welltournee liefern uns die Briten in mehr als zwei Stunden ein Hitfeuerwerk aus 21 (in Worten: einundzwanzig!) Songs, und es fehlt wirklich keiner der ganz großen Kracher: "Motorcycle Man", "Solid Ball Of Rock", eine etwas verkürzte Version von "The Eagle Has Landed", "Denim And Leather" - das altersmäßig durchaus bunt gemischte Publikum ist für einen Montag verdammt mächtig in Partylaune, was sogar Biff selber etwas verwundert. Dieser wird scheinbar mit dem Alter auch immer besser, trifft selbst die hohen Töne immer noch exakt, schwitzt sich - wie die restliche Band auch - einen Wolf und gibt einhundertzehn Prozent bis zum Ende.

Nach "Wheels Of Steel" bedankt sich die Band noch mit einem Zugabenblock bestehend aus "Crusader", "Power And The Glory", "Strong Arm Of The Law" und "Princess Of The Night" - und als ich einen Freund frage, was für ein Lied denn jetzt noch fehlt, meint dieser nur lapidar "Das waren doch jetzt eh alle Hits!" SAXON auf der Bühne zuzusehen, das heißt eine Band zu erleben, die wie keine andere den Rock von den Siebzigern bis heute repräsentiert, atmet, lebt, dabei immer am Boden geblieben ist und weiß, was sie an ihren Fans hat. Basser Nibbs Carter ist der headbangende Energiepol, Doug Scaratt und Paul Quinn wahrscheinlich eines der arschtightesten Gitarrenduos überhaupt, und dass Nigel Glockler wieder in der Band ist, ist einfach nur logisch - denn er ist und bleibt der einzig wahre SAXON-Drummer. Und wie gesagt, an Biff Byford können sich einige Altersgenossen ein Beispiel nehmen, wie man als 60-Jähriger immer noch den erblassenden Rest an Rocksängern an die Wand singt und in die Schranken weist. Danke SAXON, danke Publikum, und wir freuen schon aufs nächste Mal, wenn der "Heavy Metal Thunder" über Wien hereinbricht!

[MIKE SEIDINGER]



Setlist SAXON:

Hammer Of The Gods Heavy Metal Thunder Never Surrender Chasing The Bullet Motorcycle Man Back In '79 Solid Ball Of Rock Dallas 1 PM I've Got To Rock (To Stay Alive) Call To Arms Rock'n'Roll Gypsy Demon Sweeney Todd The Eagle Has Landed Mists Of Avalon 747 (Strangers In The Night) When Doomsday Comes (Hybrid Theory) Denim And Leather Wheels Of Steel Crusader Guitar Solo Power And The Glory Bass Solo Strom Arm Of The Law Princess Of The Night Wir bedanken uns bei SABINE und der MOREMETAL.ORG-Crew für die großartigen Bilder!


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