04.03.2012, Planet.tt, Bank Austria Halle, Gasometer

MELISSA ETHERIDGE

Veröffentlicht am 14.03.2012



13 Jahre ist es her, daß MELISSA ETHERIDGE das letzte Mal in Wien zu Gast war. Seitdem ist viel passiert. Nach dem 11. September 2001 tourte sie lange mit ihrem “Live And Alone” Programm durch die USA, bei dem sie ohne Band nur mit Akustikgitarren auftrat. Danach hatte sie mit gesundheitlichen Problemen zu kämpfen und veröffentlichte seit Mitte des Jahrzehnts immerhin gleich drei neue Alben. Ihre aktuelle Scheibe (die man, wie sie selbst an diesem Abend sagt, mit fast zwei Jahren nicht mehr als „neu“ bezeichnen kann) „Fearless Love“ gibt der aktuellen Tour den Namen.

Auf eine Vorgruppe wird dankenswerterweise verzichtet, es ist ja auch Sonntag und wir müssen am nächsten Tag alle früh raus, und so entert mit rund 10 Minuten Verspätung die Hauptperson des heutigen Abends selbst die von Räucherstäbchen (und vielleicht noch anderen Substanzen?) süßlich eingenebelte Bühne. Ich habe nie verstanden, warum Musiker ihre Auftritte mit neuen Songs beginnen, statt das Publikum erstmal mit einigen Hits aufzuheizen. Immerhin, MELISSA ETHERIDGE weiß, was ihr Publikum von ihr erwartet und legt den Schwerpunkt auf die ersten Alben von ihrem Debüt 1988 bis „Your Little Secret“ aus dem Jahr 1988.

Die 51 Jahre merkt man der Singer/Songwriter Ikone dabei keinen Moment an. Wie schon auf der letzten Platte gibt sich MELISSA ETHERIDGE aktuell rockig wie schon lange nicht mehr und wechselt von ihren eigenen Songs auch mal eben in das Marial prominenter Kollegen wie "Proud Mary" (CREEDENCE CLEARWATER REVIVAL), "You Can't Always Get, What You Want" (ROLLING STONES) oder "Fever" (Diverse). Daneben führt sie mit herzlichen Ansagen durch das Programm, entschuldigt sich mehrfach für die lange Abwesenheit und tauscht mal eben einen Song in der Setlist aus("Mercy" muss "I Want To Come Over" weichen), weil sich eine Zuschauerin mit einem Schild gerade dieses Lied wünscht. Ein kleine Manko ist dabei ihre Begleitband. Musikalisch lässt sich an den Tourmusikern nichts aussetzen, diesen Auftritt könnte man wohl ohne all zu viele Korrekturen auch als Live-Mitschnitt veröffentlichen, aber über weite Strecken kommt nicht so recht das Gefühl auf, daß hier eine Band gemeinsam Spaß an einem Auftritt hat. MELISSA fühlt sich auf der Bühne wohl, das ist kaum zu übersehen, aber der Rest der Instrumentalisten traut sich kaum mal in der Vordergrund oder wagt es auch nur, sich mal ein Wenig zu bewegen. Die wenigen Momente der Interaktion wirken einstudiert und irgendwie unecht und fast hat man den Eindruck einer Schülerband, die zum ersten Mal vor großem Publikum spielt und bloß keinen Fehler machen möchte Erst im letzten Drittel lockern alle Musiker ein wenig auf und das Stage-Acting wirkt etwas dynamischer.

Das trübt das Gesamterlebnis aber nur wenig, denn in der Halle ist man nun mal, um MELISSA ETHERIDGE live zu sehen. Die macht dank des hitgeschwängerten Programms auch nichts falsch und die textsicheren Fans im gut besuchten Gasometer danken es ihr. Als sie ihr Publikum nach rund 150 Minuten und ihrem wohl erfolgreichsten Song "Like The Way I Do" nachhause schickt, dürfte niemand die Halle enttäuscht verlassen haben.



Setlist:

Fearless Love Your Little Secret Chrome Plated Heart I Want To Come Over No Souvenirs Nowhere To Go Come To My Window All The Way To Heaven Indiane You Can Sleep While I Drive Drag Me Away Meet Me In The Back (inkl. You Can’t Always Get, What You Want) Nervous (inkl. Fever) Bring Me Some Water (inkl. Proud Mary) Like The Way I Do


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