15.06.2012 - 17.06.2012, Greenfield Festival

GREENFIELD FESTIVAL

Veröffentlicht am 19.06.2012

Das achte Greenfield-Festival auf dem ehemaligen Militärflugplatz in Interlaken ist der offizielle Season-Opener der größeren Schweizer Open-Airs. Greenfield legt den Fokus auf Metal, Punk und Rock, wobei auch "artfremde" Tupfer ins Line-Up passen. Dieses Jahr fanden über 25.000 Metalheads den Weg ins Berner Oberland. Und vor der unglaublichen Kulisse der Schweizer Alpen gab es zum ersten Mal keinen Regen - im Gegenteil, die Temperaturen lagen bei gut 30 Grad und selbst gegen Mitternacht waren es noch beinahe 20 Grad. Als Headliner waren LIMP BIZKIT für Freitag, THE OFFSPRING für Samstag und DIE ÄRZTE für Sonntag angekündigt. Leider war hier der Fotograben nur ausgewählten Fotografen zugänglich - nach welchen Kriterien hier entschieden wurde? - bei den Ärzten grundsätzlich nur Printmedien. Das ganze Festival kann als voller Erfolg gewertet werden. Gutes Wetter, abwechslungsreiches Essen an dutzenden Ständen, gute Campinginfrastruktur mit verschiedenen Duschbereichen und eine Party-Area, welche das Abfeiern nach den offiziellen Gigs bis in den frühen Morgen ermöglichte. Insgesamt kann man getrost sagen: Die Organisatoren und ihr Team haben alles richtig gemacht.

Der Freitag begann mit den schon fast traditionellen Alphornbläsern - Wacken lässt grüßen! Die erste Band, die ich mir bewusst angehört und abgelichtet habe waren THE DELILAHS. Die Combo aus der Zentralschweiz hat zu Jahresbeginn THE BOSS HOSS supportet und dabei im Volkshaus Zürich einen fulminanten Auftritt hingelegt. Dass das kaum zu wiederholen ist, wenn man um 16.55 Uhr vor einer Handvoll Leutchen spielen muss, ist klar. Ihre Leistung war solide, sie haben sich auch Mühe gegeben, so richtig ist der Funke aber nicht übergesprungen. Besser haben mir dann schon MAD CADDIES gefallen. Die ehemals reine Ska-Band mischt heute fröhlich Punk, Ska, Dixieland und Jazz. Sie haben zum guten Wetter und der vorabendlichen Stimmung gepasst und viel Spaß verbreitet. Mit HATEBREED kam dann zum ersten Mal Metal-Feeling auf. IN EXTREMO boten dann uns Fotografen viel, musikalisch ist das eher nicht erste Sahne. Mein persönlicher Abräumer des Abends waren eindeutig die Alternative Rocker von BILLY TALENT. Die Jungs fetzten auf der Bühne, was das Zeug hielt und Sänger Ben Kowalewicz lieferte eine richtig gute Show ab. Er verdiente jeden Cent seiner Gage, verausgabte sich, spielte mit dem Publikum und bot auch den Fotografen gutes Material - wenn man ihn denn erwischte… Auf der Club Stage gaben dann FEAR FACTORY den Ton an und verarbeiteten in ihrem unverwechselbaren Industrial Metal Material des aktuellen Albums "The Industrialist". Mit LIMP BIZKIT betrat der erste Headliner die Bühne. Leider musste man zum ausgewählten Zirkel weniger Fotografen gehören, um Bilder machen zu dürfen. So habe ich mir die Show als Zuschauer gegeben und einen engagierten Auftritt erlebt, der das alte Flugfeld zum Beben brachte und in einer Party gipfelte. Die Nu-Metaller holten jede Menge Publikum auf die Bühne; sie riefen Mädchen und leider kamen auch Jungs. Ein cooler Ausklang einer Band, welche aus einem enormen Repertoire schöpfen kann und den ersten Tag des Greenfield im wahrsten Sinn des Wortes ausklingen ließen. Wobei - die letzten Gäste verließen die Partymeile weit nach fünf Uhr am Samstagmorgen.

Am Samstag stieg ich mit SKINDRED ein. Die Jungs um Benji Webbe zogen so richtig vom Leder. Ihre spezielle Mischung aus Reggae, Metal, Hip Hop und Punk riss die Fans mit und der frühe Nachmittagstermin war schnell vergessen. Innerhalb kurzer Zeit füllte sich der Platz vor der Main-Stage. Eine halbe Stunde später enterte Derrick Green mit seinen brasilianischen Compadres von SEPULTURA die Bühne und fetzte los, dass man schon beinahe Angst vor einem Wetterumbruch bekam. Die Thrash Metal Mannen begeisterten auf der ganzen Linie. Begegnet man Derrick Green jedoch hinter der Bühne, so trifft man einen deutlich freundlicheren, liebenswürdigeren Hünen, als man vermuten würde. Ein typischer Metalhead eben. Um 20.15 Uhr betraten dann meine persönlichen Favoriten die Bühne. ELUVEITIE haben zu Beginn des Jahres ihren Neuling "Helvetios" veröffentlicht und spielten auch größtenteils Stücke dieses Konzeptalbums über die Geschichte der Helvetier. Chrigel Glanzmann grollte und flötete in gewohnt gekonnter Manier. Und gegenüber dem Publikum war er fast schon eine Plaudertasche. Vielleicht verschaffte er damit auch Anna Murphy die eine oder andere Ruhepause. Dass es ihr nicht gut ging, wurde klar, bevor Glanzmann erklärte, warum Meri Tadic den Gesangspart bei "A Rose For Epona" übernahm. Und ELUVEITIE zeigten einmal mehr, weshalb sie metalmäßig mit Abstand das Beste sind, was die Schweiz momentan zu bieten hat. Richtig gut gefallen haben mir dann auch IN FLAMES, die mit einer bunten Palette an Material ihrer letzten Alben antraten. Dabei waren Nummern wie "Sounds Of A Playground Fading", "Fear Is The Weakness" oder "Ropes". Nach PENNYWISE, die ich nur mit einem Ohr während dem Bilderupload auf meinen Rechner hörte, traten dann THE OFFSPRING auf, die Headliner des Samstags. Die Show war so, wie die Band heute ist; kaum mehr Punk, viel Pop aber solides Handwerk. Eine Band, für die alleine ich nicht mehr allzu viele Kilometer zurücklegen würde.

Am Sonntag war dann morgens schon klar, dass ich abends vor den DIE ÄRZTE abzischen würde. Erstens wurden sowieso nur Fotografen von Printmedien zugelassen und zweitens wollte ich vor dem großen Run weg. Mal muss der Mensch ja auch wieder vernünftig Schlaf tanken… Gestartet bin ich mit WHILE SHE SLEEPS und WOLVES LIKE US, zwei guten Auftritten, welche schon am frühen Nachmittag für Stimmung sorgten und die Leute endgültig aus den Campgrounds prügelten - musikalisch natürlich. Den Start in den Nachmittag gestaltete übrigens MAKE ME A DONUT, eine grottenschlechte Death Metal Formation. Sie bekam diese Auftrittsgelegenheit, weil sie einen Facebook-Contest gewann. Ich kann es nicht beweisen, aber ich behaupte, dass dieser Contest von den Illuminaten gefaked wurde, um die Menschheit zu vernichten. Und beinahe wäre es ihnen gelungen. Mit ZEBRAHEAD, EMMURE, DARKEST HOUR und LAGWAGON spielten dann Bands erster Güte, welche den Boden für die DONOTS und REFUSED bereiteten. Die DONOTS als Mischung zwischen "ich-weiß-nicht-was-es-ist,-aber-es-fetzt" und einem hyperaktiven Gitarristen, hätten von der Club- auf die Main-Stage gehört. REFUSED gelten bei uns fast noch als "Geheimtipp", während sie in Nordeuropa durch volle Stadien touren. Sie spielen einen modernen Hardcore-Punk mit viel Metall. Eine gelungene Mischung, auch wenn sie eher kühl wirkten und den Kontakt zum Publikum nur teilweise fanden. Das konnten dann die befrackten HIVES deutlich besser. Ein sanfter Einstieg mit einem Ninja, der die Mikrofone richtete und dazwischen "die Triangel bediente" und dann die Mannen um Sänger Pelle Almqvist, welche dermaßen abgingen, dass Gitarrist Niklas Almqvist sich schon beim zweiten Stück seiner Weste entledigte.

Bevor ich mich dann RISE AGAINST zuwandte, machte ich nochmals einen Abstecher zur Club-Stage. Dort spielten die BLACK VEIL BRIDES, eine kalifornische Coverband, die vor allem mit Songs von BILLY IDOL glänzte. Aufmerksamkeit erheischen sie nicht durch musikalische Eigenständigkeit, sondern durch ihre Schminke und ihr Outfit. Ein Fotografenkollege nannte sie eine "Mischung zwischen LORDI und TOKIO HOTEL" - mir ging spontan noch "KISS für Arme" durch den Kopf. Mein Festivalabschluss - ich schenkte mir auch ENTER SHIKARI, weil ich einfach nicht mehr konnte - waren also RISE AGAINST. Und die hätte ich auf keinen Fall verpassen wollen. Da kam ein Sound aus Chicago, der dem Greenfield mit seinen 30 Grad Celsius einen Hauch von Chicago im Winter brachte. Klarer Sound, satte Riffs, schnelle Beats - alles was es braucht, um das politische Engagement von Tim McIlrath und seinen Kollegen auf die ganz großen Bühnen der Welt zu bringen. Ein gelungener Abschluss, den wohl nur noch ein privater Fototermin mit den DIE ÄRZTE hätte toppen können. Fazit: Wer es nicht gesehen hat, hat ein cooles, gut organisiertes Festival mit Kaiserwetter und einem abwechslungsreichen, hochkarätigen Line-Up verpasst. Wenn die nächstes Jahr noch AMON AMARTH auf die Bühne stellen, bleibe ich auch bis zum Schluss - versprochen!


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