23.11.2012, Arena

KREATOR, MORBID ANGEL

Text: Reini
Veröffentlicht am 28.11.2012

Mit KREATOR, MORBID ANGEL, NILE und den kalifornischen Jung-Thrashern von FUELED BY FIRE hatte ROCK THE NATION wieder ein absolutes Leckerli für Freunde der härteren Kost aufgeboten. Die Wiener Arena war optimal gefüllt (nicht zu viele, aber beeindruckende Kulisse!), die Bands spielfreudig und der Sound sollte an diesem Abend als klarer Gewinner durch's Ziel schießen... aber der Reihe nach:

[reini]

FUELED BY FIRE aus Los Angeles eröffnen den heutigen Reigen mit eher herkömmlichem Thrash Metal der Marke ältere SLAYER und ältere EXODUS, mit ein paar MORTAL SIN-Querverweisen hie und da. Durchaus bemüht sind die vier Burschen ja, und können auch das bereits ziemlich zahlreich anwesende Publikum zu ersten grobmotorischen Emotionsbekundungen hinreißen. Aber die sechs dargebotenen Songs vom Debut und dem auch schon wieder zwei Jahre alten "Plunging Into Darkness" sind halt alle relativ austauschbar. Dutzende Bands klingen genauso, und so blieb von dieser halben Stunde nicht allzu viel hängen. Guter, sehr schön handgemachter Thrash von einer leider (noch) etwas gesichtslosen Band, als Warm-Upper haben die Latinos ihren Job jedoch mehr als gut gemacht.

[Mike Seidinger]

Dass NILE live immer wieder eine Ohrenweide sind, ist bekannt. Leider hat man den Jungs aus South Carolina heute etwas den Sound vermasselt, der bei MORBID ANGEL gleich danach um einiges transparenter rüberkommt. So können wieder mal nur wirkliche Aficionados die komplizierten Drum-Patterns von George Kallias nachvollziehen, der wie immer seine Parts mit einer Ruhe runterklöppelt, als würde er nebenbei noch ein Buch lesen und gemütlich Kaffee trinken. Dallas Tole-Wade konnte in letzter Zeit in Punkto Bühnenpräsenz ein schönes Stück nachlegen und kommt heute ziemlich sympathisch rüber, bildet schön den - nicht nur optischen- Mittelpunkt. Und Chef-Pharao Karl Sanders bearbeitet seine Sieben- und Achtsaitigen wie immer mit der ihm eigenen, relativ ausdruckslosen Vehemenz. Einziger Ruhestörer ist heute Neuzugang Todd Ellis am Bass, der die stoische Ruhe der Band zu durchbrechen weiß und neben seinem Bass-Dauersolo immer fleißig am headbangen ist. Neben Hits wie "Kafir!" oder "Hitite Dung Incantation" kommen natürlich auch Tracks vom neuen Album "At The Gate Of Sethu" zum Zuge, im Tempo ein wenig Genickfreundlicher als das ältere Zeug der Amis. NILE, wie immer eher was für die Mathematiker, spielerisch unantastbar, optisch eher langweilig, dadurch aber ein dankbares Motiv für die Fotografen.

[Mike Seidinger]

NILE Setlist: (ohne Anspruch auf Richtigkeit und Vollständigkeit) Sacrifice Unto Sebek Defiling the Gates of Ishtar Kafir Hittite Dung Incantation Supreme Humanism of Megalomania Ithyphallic Lashed to the Slave Stick Sarcophagus Black Seeds of Vengeance

Meine erste leibhaftige MORBID ANGEL-Erscheinung hatte ich im Jahre 1991. Jung, hungrig und mächtig evil (mit umgedrehtem Kreuz am Drumkit-Rack und spooky Intro) verbreitete der Florida-Vierer mit SADUS und UNLEASHED im Vorprogramm seine Message im Rahmen der „Blessed Are The Sick“-Tour. Im Laufe der Jahre folgten immer wieder Gigs der Death Metal-Größe (ohne Vincent mit Steve Tucker, mit Dave Vincent im Latexhemderl etc.). Als Alt-Fan und Begleiter der Band in allen Höhen und Tiefen (selbst den elektronischen Experimenten der Band war ich zugetan) wurde mir anlässlich meines Besuchs des Packages in Wien spontan die Ehre zuteil, meine Eindrücke des heutigen Konzertabends mit euch teilen zu dürfen. Aus den jungen Wilden von einst ist eine reife, erwachsene Profi-Liveband geworden. Aufmunitioniert mit einem Classic-Set galt es, sich zwischen den angesagten NILE und dem Headliner nicht aufreiben zu lassen. Doch in routinierter Manier vermochte der Vierer seine Vormachtstellung mehr als zu verteidigen. Von “Immortal Rites” über “Rapture”, “God of Emptiness” und dem geilen „Lord Of All Fevers & Plague“ hangelten sie sich durch die Jahre bis hin zu den Tracks des oft geschmähten „Illud Divinum Insanus“, „Existo Vulgore“ und „Nevermore“, welche sich spielerisch in die Hitsetlist einreihten.

Die Engel vermochten auf allen Ebenen zu überzeugen. Dank kernigem und transparentem Sound konnte die auf der Bühne produzierte Energie verlustlos ins Publikum geblasen werden. Stageacting ist landläufigen Sinne ist im Death Metal sowieso nicht gefordert, Sandoval-Ersatzdrummer Tim Yeung knallte präzise aus den Boxen, Gitarrist Destructhor quälte sein Instrument auf der rechten Bühnenseite, bei Kalkleiste Trey Azagthoth hing wie üblich nur die schwarze Haarpracht ins Gesicht, seine infernalischen Soli fanden heulend Eingang in die Ohren der Fans. David Vincent, der sich aus der doch lächerlich anmutenden Zwischenphase befreit und der Death Metal-Legende mit seinem Wiedereinstieg eine fulminante Wiederauferstehung beschert hatte, verlieh dem Szenario die nötige Würde und suchte mit wohldosierten Ansagen den Kontakt zu den Fans, welche die überzeugende Leistung des Quartetts mit „MORBID ANGEL“-Rufen quittierten. Die Besucher waren begeistert, MORBID ANGEL konnten am heutigen Abend unisono beste Kritiken einsacken, stehen mit beiden Beinen fest am Boden und halten als lebende Legende das Banner des Death Metal im immer härter werdenden Businessumfeld fest in Händen.

[Thomas Patsch]

Setlist MORBID ANGEL: (ohne Anspruch auf Richtigkeit und Vollständigkeit) Immortal Rites Fall From Grace Rapture Pain Divine Maze Of Torment Existo Vulgoré Nevermore Lord Of All Fevers And Plague Chapel Of Ghouls Dawn Of The Angry Where The Slime Live Bil Ur-Sag God Of Emptiness World Of Shit (The Promised Land)

Was soll man über eine Band, die man bereits gefühlte 300-mal auf der Bühne bewundern konnte, noch großartig schreiben? Außer – um hier mal die Brücke zum aktuellen „Phantom Antichrist“ Album zu schlagen –KREATOR überraschen mich immer wieder. So auch dieses Mal in der absolut gut gefüllten Wiener Arena. Oppulentes Bühnenbild, die Co2-Kanonen, die bis an die Decke Rauchsäulen emporschossen, Aufsehen erregend, eine wirklich gekonnte Setlist und ein Sound, den man derart druckvoll, klar und präzise kaum in der Arena antrifft. Zu Anfang wieder mal die JOHNNY CASH-Verbeugung, mittels Projektionen wurde die Karriere KREATORs chronologisch abgehandelt, bevor ein zweites Intro („Mars Mantra“, die Einleitung vom aktuellen Longplayer) direkt in „Phantom Antichrist“ überging. Da fiel dann auch der weiße Vorhang und gab den Bühnenaufbau preis. Die Treppen wurden beibehalten, die Optik dem PA-Album angeglichen und auch die variabel platzierten Mikros für Mille sind geblieben. Was auch geblieben ist, die Tatsache, dass KREATOR mittlerweile auch Bühnen-technisch eine unumstößliche Bank geworden sind. In der ersten Hälfte ausnahmslos auf Neueres Material setzend, glich die zweite Hälfte einem feuchten Traum für die Nostalgiker im Auditorium. Und wie gut KREATOR an diesem Abend waren, zeigte allein schon die Tatsache, dass der sonst eher zurückhaltende Kollege Patsch (eigens aus dem fernen Innsbrooklyn angereist!) die mit Pomade in Form gebrachte Haarpracht schüttelte, die Faust gen Himmel reckte und nicht müde wurde die Pommes-Gabel in die Höhe zu strecken (Anm.: Danke fürs Biertschi Mr. Patsch!), haben’s aber auch verdient die KREATOR-Buben, Mille hielt sich mit seinen Ansagen vornehmlich zurück, was der Show einige Peinlichkeiten ersparte, das auf der Akustik-Klampfe dargebotene Intro zu „United In Hate“ (Sami Solo!) war unpackbar und ein Blick auf die u.a. Setlist sagt sowieso mehr als 1.000 Worte. KREATOR sind in dieser Form thrash-technisch nur mehr von den nach wie vor unantastbaren SLAYER zu schlagen, sonst kommt da niemand, aber absolut niemand mehr heran!

[reini]

KREATOR Setlist: (ohne Anspruch auf Richtigkeit und Vollständigkeit) Personal Jesus (Johnny Cash song) Mars Mantra (Intro) / Phantom Antichrist From Flood Into Fire Enemy of God Phobia Hordes of Chaos (A Necrologue for the Elite) Civilization Collapse Voices of the Dead Extreme Aggression People of the Lie Death to the World Coma of Souls / Endless Pain Pleasure to Kill The Patriarch / Violent Revolution United in Hate Betrayer Flag of Hate Tormentor


ANZEIGE
ANZEIGE