16.02.2013, MOODS IM SCHIFFBAU

THE BEAUTY OF GEMINA - The Myrrh Sessions

Veröffentlicht am 20.02.2013

Michael Sele und seine Kumpels sind bekannt als Dark- oder Alternative-Rockband. Mit "The Myrhh Sessions" stellen sie im Moods in Zürich ein rein akustisches Album vor. Man mag es ihm kaum glauben, dass bei seinem ersten Konzert gerade mal ein Ticket über den Vorverkauf weg ging. "…und dann kam der noch nicht einmal. Ich habe das ganze Konzert gespielt, nur die Zugaben habe ich weggelassen." Ausgesprochen aufgeräumt eröffnet Michael Sele den Auftritt von THE BEAUTY OF GEMINA im Moods im Schiffbau. Die Band, welche sonst durchaus große Festivalbühnen rockt, stellt ihren neuesten Silberling im bekanntesten Jazzkeller Zürichs vor. Das verspricht ein "Zuhör"-Ambiente, Platz für Ruhe und Dynamik. "The Myrhh Sessions" ist ein Album, das sich aus bekannten, neu eingespielten Songs und speziell für dieses Album komponierten Tracks zusammensetzt. Und es scheint, als würden sich THE BEAUTY OF GEMINA mit diesem Album neu erfinden.

Nach vier "klassischen" Gothic-Scheiben wird hier eine Menge an neuen Stilelementen eingesetzt. Da spielt eine melancholische Geigerin zusammen mit einer Cellistin bei "Kingdoms Of Cancer" auf, taucht Michael Sele bei "Myrrh" mit seiner akustischen Gitarre in die spanische Musik ein oder bieten TBOG mit "Dark Rain" einen beinahe-Country-Song dar. Der klingt aber ein wenig so, als ob NICK CAVE oder TOM WAITS ein solches Stück Cowboy-Folklore intonieren würden. CAVE ist ein gutes Stichwort. Erstens - den mag ich sehr gerne. Zweitens - Sele's Stimme erinnert mich sehr stark an CAVE. Dessen neues Album "Push The Sky Away" erscheint übrigens heute und wird an dieser Stelle asap besprochen…

Während ziemlich genau zwei Stunden verzaubern TBOG das Publikum im Moods mit 19 Tracks, neben den "Myrrh"-Songs sind das "Dark Revolution", "One Step To Heaven", "In Silence" und "Voices Of Winter". Die Ostschweizer zeigen das enorme kreative Potential, welches Frontmann Michael Sele auszeichnet und das die Band so genial umzusetzen vermag. Sie beweisen eindrücklich, dass dunkle Musik durchaus hoffnungsfroh sein kann. Obwohl es in den Songs von TBOG um Verzweiflung, Depression, Selbstmord geht, gelingt es, einen Abend mit Spaß und Freude zu füllen. Was mich ebenfalls beeindruckt hat - im sonst so ehrwürdigen Zürcher Jazzclub traf ich viele Metalheads, welche sich sonst eher bei MOTÖRHEAD und Co. tummeln - und alle trugen ein leicht seliges Lächeln auf den Lippen. Auch Metalheads können zur Abwechslung mal mit den Fußspitzen wippen…

Was besonders beeindruckt hat, ist die Lockerheit, mit welcher TBOG aufgetreten sind. Das war professionell, vom ersten bis zum letzten Ton perfekt und dennoch wirkte es locker, gelöst, entspannt. So hat Michael Sele immer wieder Geschichten und Episoden eingeflochten, hat aufgezeigt, wie der eine oder andere Song entstanden ist, was es mit seinen Texten auf sich hat, wie sich sein musikalisches Leben entwickelt hat. So erzählte er auch, dass praktisch jede Form von Freizeitbeschäftigung aus Sicherheitserwägungen heraus für die Band verboten ist. Denn mit einem Schlagzeuger, der sich beim Armdrücken einen Arm bricht oder einem Gitarristen, der sich an immer derselben Türe die Finger einklemmt - mit solchen Missetätern ist kein musikalischer Blumenstrauß zu holen.

THE BEAUTY OF GEMINA an sich sind schon ein Genuss, was sie am Samstagabend im ehrwürdigen Moods abgeliefert haben ist etwas vom Besten, was ich in letzter Zeit gehört habe. Kein Wunder also - wieder einmal ein Konzert, das ich mir als Fotograf bis zum letzten Takt angetan habe. Und nicht zuletzt war auch positiv, dass wir Fotoschlampen uns während des ganzen Konzertes frei bewegen konnten und bis zum Ende fotografieren durften.


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