22.03.2013, ((szene)) Wien

Saint Vitus

Veröffentlicht am 26.03.2013

Von der Devise Quit While You're Ahead dürfte Scott “Wino” Weinrich noch nie gehört haben. Immerhin wurde 2012 nach 17 Jahren mehr oder minder Stille um SAINT VITUS mit “Lillie: F-65” das achte Studioalbum der Amerikaner veröffentlicht. Seitdem ist die Doom-Formation aktiver denn je und beehrt heute zusammen mit MOS GENERATOR wieder einmal die Bundeshauptstadt.

Um halb neun betreten die stämmigen Opener die Bühne der Szene Wien. Ausgerüstet mit Jägermeister, welcher einerseits großzügig mit den ersten Reihen geteilt wird, andererseits auch auf dem Instrument des Fronters vertreten ist, spielen MOS GENERATOR aufgeregten Rock. Der teils ganz schön sludgige Sound verfällt dabei aber kaum in Langsamkeit oder Schwere - dafür sind die Amerikaner einfach zu gut gelaunt. Munter plaudert Sänger Tony Reed über die Freuden des Trinkens und Zusammenspielens und kündigt mit „Beyond The Whip“ sogar einen Song an, der in dieser Form angeblich noch nie live performt wurde. Die gemütlichen Gesellen schießen noch ein paar schnelle Nummer hinterher und mit dem bodenständigen „The Gift Of Nature“ wird das knappe Set auch schon wieder abgeschlossen. Um nach all dem Jägermeister die Stimmung im Saal in Erinnerung zu behalten, sichert sich Tony noch einen Schnappschuss des Wiener Publikums und wünscht weiterhin gute Unterhaltung.

Während man am Merchandise-Stand über die Sinnhaftigkeit von SAINT-VITUS-String-Tangas grübelt, vergeht die Umbaupause wie im Flug. Schnell versammeln sich die Seelen wieder im Konzertsaal, denn die Lichter sind bereits erloschen. Wie schon beim Auftritt im Viper-Room im Juli 2012 eröffnen „Blessed Night“ und „I Bleed Black“ das doomige Set. Zweifelsohne gilt ein Teil der aufgerissenen Münder dabei der grauen Haarpracht der Doomosaurier. Neben den vollen Mähnen sorgen die Musiker aber auch mit einem abwechslungsreichen Set für Staunen. Fast schon verpflichtend für SAINT VITUS sind Klassiker wie „Look Behind You“ oder „Dying Inside“ vom 1986er Album „Born Too Late“. Mit „The Troll“ wurde auch das nicht minder deftige „Mournful Cries“ (1988) wieder in Erinnerung gerufen und das zähe „Patra“ („V“ – 1989) hatte man, einmal gehört, sowieso nie wieder vergessen. Kurz vor Schluss bekennt sich die Combo mit ihrem BLACK-FLAG-Cover „Thirsty And Miserable“ einmal mehr zu ihrer Vergangenheit. Die Doom-Giganten geben sich beim heutigen Set ganz besonders publikumsnah. Nicht nur der frei bewegliche Wino zeigt Interesse an der Masse, indem er klebrige Shots mit den ersten Reihen schlürft. Auch Neo-Drummer Henry Vasquez kommuniziert via Drum-Stick-Kanonenfeuer und weiß die Fans mit den begehrten Holzsplittern bei Laune zu halten.

Nach dem teils rasanten, teils angenehm trägen Set lässt die heiß ersehnte Zugabe noch ein bisschen auf sich warten. Drumstick-Schütze Vasquez richtet dankende Worte an die jubelnde Schar und erst allmählich findet sich die Band wieder auf der Bühne ein. Als Chandler seiner Gibson die ersten zähflüssigen Takte entlockt ist die Begeisterung groß. „Born Too Late“, die klassische SAINT VITUS-Zugabe, darf auch den heutigen Veitstanz abrunden. Zu aller Verwunderung bleibt es aber vorerst noch ein bisschen kantig. Wie so oft liegt der Teufel auch heute im Detail und so merkt man, auch auf der Bühne, erst beim Bass-Einsatz, dass die schwarze Klampfe des leidenschaftlichen Bandana-Trägers verstimmt ist. Nach einem kleinen Hick-Hack auf die zuständigen Stage Hands wird aber flugs zur Kontrastgitarre in Form der weißen Flying-V gewechselt und alles ist wieder im grünen Bereich. Mit anhaltenden Soli und noch mehr Drumsticks werden die Fans für die Verzögerung schlussendlich wieder entschädigt und beim lässigen Spaziergang durch die Halle kann man Chandler nochmal bestärkend auf die Schulter klopfen.

Die fehlenden Berührungsängste, sowohl von MOS GENERATOR als auch von SAINT VITUS, sorgten für ein geselliges Miteinander und einen kurzweiligen Abend. Das klare Fazit: Wer aufhört wenns am Schönsten ist – ist selber schuld.

SAINT VITUS-Setlist :

(laut Bühnendokument) 1. Blessed Night 2. I Bleed Black 3. War Is Our Destiny 4. Look Behind You 5. Let Them Fall 6. The Bleeding Ground 7. Patra 8. The Troll 9. The Waste of Time 10. White Stallions 11. Thirsty and Miserable 12. Dying Inside 13. Born Too Late Photo-Credits: Stefan Kubak


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