30.04.2013, Idalp

DEEP PURPLE

Veröffentlicht am 04.05.2013

Ischgl versteht sich nicht nur als einer der Winter-Hotspots in den Alpen überhaupt, auch für die Rockszene scheinen die Verantwortlichen irgendwie ein Herz zu haben. Gastierten im Dezember schon die mächtigen SCORPIONS =>zum Livereport im Tiroler Winterpanorama, so durfte zur End-Of-Season-Sause noch die Hardrocklegende DEEP PURLE hier gastieren. Die Location war dieses Mal die über 2.300 Meter hoch gelegene Idalp, die schon die Allergrößten der Rock- und Popszene bespielt haben. Inmitten der malerischen Alpen mit den Restbeständen an Schnee wurde heute ein weiteres Stück Tiroler Rockgeschichte geschrieben. Ein DEEP PURPLE-Konzert ist nicht ausschließlich ein konventionelles Rockkonzert, vielmehr hat das Ganze den Charakter einer ausgedehnten, fast exzessiven Jam-Session. Vor tausenden Zuschauern (in den Medien war von eher unrealistischen 10.000 die Rede) und zu den Klängen des klassischen Intros betraten echte Musiklegenden die recht hoch gebaute und eher auf Fernsicht ausgelegte Bühne. Die erfahrenen und langgedienten Rocker wussten von der ersten Minute an, was sie dem Publikum schuldig sind. Von Anfang an wurde in die Trickkiste gegriffen und eine volle Packung Standards der Classic-Alben „Fireball“, „In Rock“ und „Machine Head“ („Hard Lovin´ Man“, „Into The Fire“ etc.) serviert, bevor „Contact Lost“ von „Bananas“) und das „Bananas“-Outtake „The Well-Dressed Guitar“ (vom „Rapture Of The Deep“-Album) den Old-School-Reigen kurz unterbrachen. Das Konzert hatte mit dieser vollen Hitpackung schon voll Fahrt aufgenommen und nicht zuletzt die Songauswahl sprach wohl eine unmissverständliche Sprache, welche die Ankeralben in der umfangreichen Banddiscographie sind und dass die Siebziger des vorigen Jahrhunderts die absolute Hochphase der Band darstellten.

Immer wieder ergreifend der Schlagabtausch zwischen den Musikern, die sich wieder und wieder mit kleinen Instrumentenduellen anfeuerten. Wie es allerdings Herren reiferen Alters und mit gesetteltem Ego tun: Immer mit einem breiten Grinsen im Gesicht, publikumsfreundlich, professionell und freundschaftlich. Ohne übertriebene Egos, gähnende Solistenlangeweile, Starallüren oder verdrehtem pseudokünstlischem Anspruch. Es war eine wahre Freude, diesen Herren zuhören zu dürfen und sie live anpacken sehen zu dürften. Die geile Rhyhtmussektion Roger Glover und Ian Paice bildete das erdige Fundament, auf dem Gitarrist und Hobby-Indianer Steve Morse seine feinen Soli bettete. Besonders geil der harte Bass-Sound, den der sonnenbebrillte Glover auch immer wieder mächtig zum Einsatz brachte. Daneben glänzte Tausendsassa Don Airey mit einem ebenfalls bestens kalibrierten, lauten, aber dennoch warmen Orgelsound. Ein organisch und schier perfekt spielender und grandios agierender Jon Lord (RIP) wird wohl auf immer unersetzbar und einzigartig bleiben, dennoch wusste auch der Brite mit seinen grundsoliden, wenn auch konventionelleren Klängen und Acting zu gefallen. Fest mit dem Bandgefüge verwachsen ist Klampfer Steve Morse (mit 58 Jahren der Jüngste im Bunde der über 60, fast 70jährigen), der doch um einiges showdienlicher und sympathischer um die Ecke kommt wie seinerzeit ein introvertierter und selbstverliebter Richie Blackmore. Dass dieser Innsbruck-Gig mit Blackmore (in der MK II-Besetzung) bereits 20 Jahre zurückliegt wurde mir in diesem Moment schmerzlich bewusst.

Erfahrenen Soundhörern war im weiteren Setverlauf sonnenklar, in welch berühmte Orgelklänge das Don Airey-Tasten-Solo münden mußte: das gewaltige „Perfect Strangers“ sollte das Set unweigerlich dem offiziellen Ende näherbringen. Sänger Ian Gillan präsentierte sich als wie immer sympathischer Frontman (die Geschmacksverwirrung mit seinem rosa Gilet sei ihm verziehen) und immer noch ansprechender Sänger mit unverwechselbarem Organ. Dennoch wird Live klar, dass Gillan vor allem von den Instrumentaleinlagen seiner Bandmitglieder lebt. Die so gewonnenen Pausen seien ihm allerdings wohl vergönnt, so lange dieses originelle Organ im PURPLE-Sound die Tonlagen immer noch ansprechend trifft und so seinen unverzichtbaren Beitrag zu einer würdigen DEEP PURPLE-Show beiträgt. So musste man zumindest nicht Angst davor haben, dass Gillan ob der Höhenlage die Luft ausgehen könnte. Neben der tollen Soundabmischung fiel weiter positiv fiel auf, dass die Show nicht ausschließlich auf den Climax „Smoke On The Water“ zusteuerte, sondern das großteils gesetzte und gediegene Publikum auch mit dem Rest des Sets einiges anfangen konnte und auch der junge Teil des Publikums ordentlich Rockparty veranstaltete. Apropos „Smoke On The Water“, das zugleich nach über einer Stunde den Schlußpunkt der Show markierte: Es ist wahrlich ein Phänomen und Beweis für die Unsterblichkeit dieser Nummer, dass selbst bei mir nach x-maligem Hören noch die Gänsehaut vorbei kommt und „Hallo“ sagt. Gegen diese Orgel-, Gesangs- und Basseinsätze wird wohl nie ein Kraut gewachsen sein! Das quasi wie ein PURPLE-Eigentrack anmutende „Hush“ und „Black Night“ setzten samt wieder eingebauten Sologimmicks den Schlusspunkt unter fast 80 Minuten Rock-Klassiker inmitten der Tiroler Winterlandschaft.

Ein DEEP PURPLE-Konzert ohne „Woman From Tokyo“, „Highway Star“ und vor allem “Child In Time” ist leider schwer zu verschmerzen, aber ein Rock- ist kein Wunschkonzert und angesichts der doch hohen Hitdichte darf wahrlich kein schlechtes Urteil über die Setlist gefällt werden, immerhin wurde mit „All The Time In The World“ auch noch ein lässiger Song vom neuen Album „Now What?“ vorgestellt. Negativ zu Buche schlug der doch stolze Preis von 55 bzw. 80 Euro, der wohl den einen oder anderen „echten“ Rockfan vordergründig dazu bewog, von diesem „Kommerzevent“ Abstand zu nehmen. Weiters mutete (vor allem im Vergleich zum SCORPIONS-Gig) der spartanische Bühnenaufbau etwas langweilig an, auf Licht- und Nebelshow musste man leider ebenfalls verzichten, einzig die kleinen Heizkanonen auf der Bühne sorgten für Schwung in der Bude. Tatsache ist jedenfalls, dass sich der Ausflug in die Paznauner Bergwelt gelohnt hatte und dem Publikum eine waschechte Rock-und Jam-Show präsentiert wurde. Von rund 80 Minuten Legendenrock darf sich so mancher Nachwuchsrocker eine große Scheibe abschneiden. Der Reigen dreht sich weiter, wenn im November die Kanadier NICKELBACK die Tiroler Berge erzittern lassen werden.



Setlist:

- Intro - Fireball - Into The Fire - Hard Lovin' Man - Maybe I'm A Leo - Strange Kind Of Woman - Knocking At Your Back Door - Contact Lost - All The Time In The World - The Well-Dressed Guitar - Lazy - No One Came - Keyboard Solo - Perfect Strangers - Space Truckin' - Smoke On The Water ---------- - Hush - Black Night Livepix: Konrad Pardeller (3) & Pierluigi Orler (1) - (Thx!)


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