01.06.2013, Max Aicher Arena
HI-ROCK-FESTIVAL
Mit dem HI-ROCK will sich ein neuer Festivalveranstalter im Süden und Westen Deutschlands etablieren. An zwei Orten wechseln einander ein hochkarätiges Line-Up ab: Inzell im Chiemgau und St. Goarhausen auf der Loreley.
Inzell 1. Juni:
Regnerisches Wetter und eine kalte Halle, die eigentlich für Eishockey und Eisschnelllauf gebaut ist, erwarten die erwartungsvollen Rockfans.
H.E.A.T.
Pünktlich um 15 Uhr starten die schwedischen Senkrechtstarter H.E.A.T. mit „Breaking The Silence“ vom aktuellem Longplayer „Adress The Nation“ ins Festival. Leider sind noch nicht viele Fans in der Halle, trotzdem begeistern H.E.A.T. mit ihrem Melodic-Rock. Der kurzweilige und ambitionierte Auftritt ist leider nach 35 Minuten wieder beendet, aber H.E.A.T. sind unbedingt ein Versprechen für die Zukunft.
VOODOO CIRCLE
Nach einer halbstündigen Umbaupause ist die Allstar-Truppe um Alex Beyrodt an der Reihe, die trotz der klingenden Namen (Mat Sinner, David Readman, Markus Kullmann) die Erwartungen nicht erfüllen. Der hauptamtliche PINK-CREAM-69-Vocalist schreit sich förmlich die Seele aus dem Leib, kommt aber nicht an die Leistungen seiner Stammcombo heran. Enttäuschend.
BLACK STAR RIDERS
Wie‘s gemacht wird, zeigen die Herren von BLACK STAR RIDERS vor. Die Band, die nicht mehr als THIN LIZZY erscheint, legt einen fulminanten Auftritt hin. Sänger und Gitarrist Ricky Warwick klingt wie weiland Phil Lynott. Geschickt mischen sie LZZY-Klassiker („Jailbreak“, „Waiting For An Alibi“, „The Boys Are Back In Town“) mit Songs aus dem sensationellen Album „All Hell Breaks Loose“. Die Gitarrenarmada (Warwick, Gorham, Mendoza, Johnson) gibt mächtig Gas. Wie ein Fels in der Brandung steht der Veteran Scott Gorham und fiedelt perfekt sein Soli. Ein überaus gelungener, leider zu kurzer Auftritt.
Setlist:
All Hell Breaks Loose
Jailbreak
Bloodshot
Waiting For An Alibi
Kingdom Of The Lost
Hoodoo Voodoo
Massacre
Valley Of The Stones
Emerald
Bound For Glory
The Boys Are Back In Town
EUROPE
Inzwischen hat sich die Halle ziemlich gefüllt – der Veranstalter spricht von mehr als 6000 Leuten. Die Stimmung der BLACK STAR RIDERS wird nahtlos zum nächsten Act übertragen. 30 Jahre gibt es die Schweden-Rocker EUROPE bereits, aber keine Spur von Verschleißerscheinungen. Joey Tempest ist nach wie vor unglaublich agil, singt grandios wie immer, eine tolle Bühnenerscheinung. Spätestens bei „Rock The Night“ ist die Halle fest in seiner Hand, vor allem die weiblichen Fans sind hingerissen, bekommt der Frontmann doch auch Blumen in die Hand gedrückt. Bei „Carrie“ werden die Feuerzeuge ausgepackt, die Stimmung ist grandios. Die instrumentale Begleitung wie eh und je bestens vertreten durch den unverwüstlichen John Norum, John Levén am Bass, Mic Michaeli am Keyboard und dem Drummer Ian Haugland. DAS Highlight wie immer am Schluss: „The Final Countdown“ und alles plärrt lauthals mit. Zum 30-Jahre-Jubiläum kann ich nur sagen: EUROPE auf weitere viele Jahre.
Setlist:
Riches To Rags
Firebox
Not Supposed To Sing The Blues
Scream Of Anger
Superstitious
Carrie
Love Is Not The Enemy
Seven Doors Hotel
Rock The night
Last Look At Eden
The Final Countdown
WHITESNAKE
Kurzfristig wurde die Reihenfolge getauscht und WHITESNAKE vor JOURNEY angesetzt. Wahrscheinlich wurde auf die Kritiken der letzten WHITESNAKE–Tour reagiert und mit JOURNEY am Schluss konnte man davon ausgehen, dass alle bis zum Schluss bleiben werden.
Nach dem THE-WHO-Intro („My Generation“) erscheint David Coverdale, mit offenem weißen Hemd. Er sieht, zumindest von der Ferne, noch immer blendend aus, Top-Figur für einen über 60-Jährigen, dazu punkten seine lasziven Bewegungen. Aber die Stimme hat nicht mehr die Kraft früherer Jahre, der Sound ist durch die enorme Lautstärke, vor allem im hinteren Teil der Halle, wie bei allen Bands, sehr schlecht. Erstaunlicherweise war’s ganz vorne bedeutend besser.
Nichtsdestotrotz herrscht großer Jubel bei den Fans während des Best-Of-Sets über fast 40 Jahre britischer Rockmusik. Die routinierten Instrumentalisten (Reb Beach, Dough Aldrich, Michael Devin, Brian Ruedy und Tommy Aldridge) konnten ihre Virtuosität eindrucksvoll unter Beweis stellen, damit der Meister der Schlange seine Erholungspausen bekommt. Auch wenn David seinen Höhepunkt längst überschritten hat: „The Magic Reminds, The Legend Lives On“.
Setlist:
Give Me All Your Love
Ready & Willing
Can You Hear The Wind Blow
Don’t Break My Heart Again
Is This Love
Gambler (Dedicated to Mel Galley, Cozy Powell and Jon Lord)
Love Will Set You Free
Guitar Solo (Aldrich)
Guitar Solo (Beach)
Guitar Duel (Aldrich, Beach)
Steel Your Heart Away
All I Want All I Need
Drum Solo
Forevermore
Best Years
Bad Boys
Fool For Your Loving
Here I Go Again
Still Of The Night
JOURNEY
Ich persönlich war natürlich vor allem auf JOURNEY gespannt, habe ich doch die Kult-AOR-Legenden erst einmal, 1980 (noch mit Gregg Rolie, Steve Smith und dem Sangesgott Steve Perry) gesehen. „Seperate Ways“ eröffnet ein brillantes Set, das von allen Fans, egal ob jung oder alt, begeistert angenommen wird. Leider soll der Sound wie schon bei WHITESNAKE im hinteren Teil der Location zu laut und indifferent gewesen sein, vorne jedenfalls war er ausgezeichnet. Routiniert und ambitioniert zogen die Mannen um Neil Schon ihr Programm aus der Steve Perry- und neueren Periode durch, äußerst sympathisch und sehr präsent das philippinische Springinkerl Arnel Pineda, der sich bestens mit den „alteingesessenen“ Bandmitgliedern versteht. Ob rockig („Anyway You Want It“, „Dead Or Alive“, Wheel In The Sky“) oder balladesk („Lights“, „Open Arms“, Faithfully“) - das Publikum geht begeistert mit. Drummer Deen Castronovo darf auch einmal ans Mikro: „Keep On Runnin‘“ erinnert frappant an Steve Perry. Sehr starke Leistung. Auch verzichtet der Gitarrenhexer auf lange, selbstverliebte Soli, sodass keine Langweile aufkommt. Unumstrittener Höhepunkt zum Schluss „Don’t Stop Believin‘“.
Ich hoffe, es vergehen nicht wieder 33 Jahre bis zu meinem nächsten JOURNEY Konzert!
Setlist:
Seperate Ways (Worlds Apart)
Anyway You Want It
Ask The Lonely
Only The Young
Stone In Love
Keep On Runnin‘ (Vocals Deen Castronovo)
Edge Of The Blade
Lights
Open Arms
One More
Escape
Dead Or Alive
Wheel In The Sky
Be Good To Yourself
Faithfully
Don’t Stop Believin‘
Zur gleichen Zeit spielten auf der Loreley: FM, RICK SPRINGFIELD, SURVIVOR und TOTO.
Der zweite Tag mit diesen Bands fiel wegen der außergewöhnlichen Witterung in Inzell aus!
FAZIT
Das Positive zuerst: Line-Uup und Locations (bei entsprechender Wetterlage): TOP
Das Drumherum in Inzell: FLOP.
Nur ein Eingang, lange Wartezeiten im Regen beim Einlass. In der Halle mehrere Merchandise-Stände, aber nur zwei für Essen und Trinken, daher wieder langes Anstellen. Immer wieder ging das Bier aus (der bayrische Rockfan ist wahrscheinlich nicht durstig!?). Während der Umbaupausen wieder Warteschlangen beim einzigen Klo und ein einziger Ausgang für die Raucher! (Aber gute Luft in der Halle!)
Der Sound, wie schon erwähnt, durchwachsen (ganz vorne gut, weiter hinten schlecht).
Die Abreise gestaltete sich für viele wegen Muren-Abgängen sehr lange - da kann der Veranstalter natürlich nichts – aber am nächsten Tag, trotz anhaltender Regenfälle, wurde das Festival nicht rechtzeitig abgesagt. Alle Zufahrtsstraßen waren schon gesperrt und blockiert, natürlich kamen auch die Musiker nicht durch. Absage erst um 17 Uhr (offizieller Beginn wäre 16:20 Uhr gewesen).
Wenn die Veranstalter die Infrastruktur in den Griff bekommen (zum Beispiel die Versorgung Profis überlassen) und ähnlich sensationelle Topbands zur Verfügung stehen, sollte das HI-ROCK-Festival auf jeden Fall wiederholt werden!