26.07.2013, Kino Ebensee, Ebensee

ORANGE GOBLIN + 32-20

Veröffentlicht am 14.08.2013

Der Weg nach Ebensee kam an diesem heißen Sommertag einem Wüstenritt gleich und wurde nur mit den Gedanken an eine Abkühlung durch den Sprung ins kühle Nass des Traunsees erleichtert. Voller Vorfreude und großer Erwartung aufgrund des gelungenen Gigs von ORANGE GOBLIN im Wiener "Viper Room" wurde nach Ankunft sofort das Ebenseer Kino ausfindig gemacht. Am Weg durch die Straßen Ebensees rätselte ich noch, wie viel Zuseher hier wohl zum Kulturzentrum pilgern werden. Doch ich wurde eines Besseren belehrt und vor dem Kino lagerte eine doch recht ansehnliche Schar an interessierten Metal-Fans und jenen die es noch werden sollten.

Das Publikum war bunt gemischt, von jung bis alt, von Metalhead bis Metal-Neueinsteiger. Nachdem die Veranstalter kurz verdutzt auf meine Gästeliste-Geschichte (siehe "Viper Room"-Bericht) reagierten, wurde dies vom Merchandise-Dude rasch geklärt und ich kam dann noch rechtzeitig in den Genuss der Ebenseer Band "32-20", die schon vor einem Jahr SAINT VITUS im Kino Ebensee supporten durften.

Aber zuerst muss der Location Aufmerksamkeit gewidmet werden, war dies doch für mich eine sehr außergewöhnliche. Das Ebenseer Kino, in dem hauptsächlich Programm- bzw. Arthouse-Filme gezeigt werden, wurde kurzerhand in eine durch das Kinoambiente geprägte Bühne umfunktioniert. Die Kinostühle stellten zum Glück kein, wie anfangs befürchtet, so großes Hindernis dar, war doch ausreichend Platz vor der Bühne und im Mittelgang zwischen den Stuhlreihen. Die PA-Anlage war auf alle Fälle laut genug, um einigen Besuchern die Entscheidung, ob man Ohropax verwenden sollte oder nicht, zu erleichtern. Doch trotz der Lautstärke kam der Klang auch schon bei der Vorband transparent und klar rüber.

Und die Ebenseer Lokalmatadore "32-20" konnten auch mich über ihr ganzes Set hinweg überzeugen. Die Dreierbesetzung groovte bei sämtlichen Songs ordentlich, was zum großen Teil dem professionell agierenden Schlagzeuger und dem Bassisten zuzuschreiben war. Optisch war der Sänger und Gitarrist mit seinen langen Dreadlocks am auffälligsten und er drückte auch durch sein Organ und seiner Gitarre dem Sound der Band seinen ureigenen Stempel auf. Die Songs waren stets bedacht aufgebaut, steigerten sich im Laufe der Zeit, um dann im Finale die geballte Energie zu entladen.

Leider war nach dem Gig keiner der Bandmitglieder anzutreffen. Keine CDs, kein Merchandise, auf YouTube und auf Facebook wurde ich auch nicht fündig. So bleibt mir nur mein Gedächtnis, worauf ich mich an diesem Abend aufgrund des Vortages anscheinend nicht allzu sehr verlassen konnte. Ich kann mich noch an Feedbackorgien, eine gerissene Gitarrensaite und an viele begeisterte Fans erinnern, die sich bei "32-20" gut aufzuwärmen schienen.

Nach kurzer Umbaupause war es dann auch schon so weit und ORANGE GOBLIN stürmen, wie schon in "Viper Room", mit "Scorpionica" die Bühne. Und das fetzte schon schön nach vorne los. Das Publikum in Ebensee war anfangs teilweise noch ein wenig verhalten, kam der Auftritt doch ohne große Ankündigung und Intro für viele sehr überraschend, und die meisten Zuseher kamen erst im Laufe der nächsten Songs von draußen in den Kinosaal. Bei dem neuen Song "The Filthy & The Few", worin den Außenseitern der Gesellschaft gehuldigt wird, fühlten sich dann anscheinend doch ein paar mehr Leute angesprochen. Und bei "Made Of Rats", ein Song, bei dem John Garcia bei den Aufnahmen für das Album "Coup De Grace" Gastvocals beisteuerte, blieb dann kein Bein mehr ruhig.

Beim eingängigen "Some You Win, Some You Lose" war dann bei mir sowieso kein Halten mehr und es wurde an vorderster Front gebangt, was das Zeug hält. Im Gegensatz zur Publikumsinteraktion beim "Viper Room"-Gig war jene in Ebensee durch die höhere Bühne eingeschränkter, und Ben Ward konnte somit nicht so einfach mit allen Fans abklatschen und sich fesche Mädels zur Brust nehmen.

In den ersten Reihen ging auf alle Fälle eine ordentliche Party ab. Was weiter hinten geschah und ob doch einige dem Konzert sitzend lauschten, konnte ich nicht beurteilen, war mein Blick doch stets nach vorne gerichtet. Ich hatte jedoch das Gefühl, dass, obwohl sich Ben den Arsch mit Publikumsmotivation abrackerte, der Funke leider nicht auf alle übersprang. Auf seine Anweisung hin sollten alle bei den nächsten Songs ordentlich headbangen, was anscheinend nicht alle befolgten, bei mir jedoch schon aufgrund des vorherigen Tags an die Grenzen des Durchführbaren stieß.

Sei‘s drum, es wurden weitere coole neue Songs wie "The Fog" und "Stand For Something" in die Meute posaunt. Zur Motivation der übrigen Musiker brauche ich nichts hinzufügen, waren sie doch, diesmal mit mehr Platz gesegnet, durchgehend professionell und engagiert am Werk. Dass während einem der letzten Songs der Bassverstärker den Geist aufgab, ist zwar ärgerlich, der Song wurde dann aber nochmals von Neuem in Angriff genommen. Eine Zeit lang beobachtete ich dann nur das einzigartige Bassspiel, bei dem Martyn Millard auch einen großen Anteil der Melodielinien übernahm und mich damit ziemlich begeisterte.

Alle Songs wurden den Fans mit voller Würdigung und Anerkennung ihrer Anwesenheit vorgetragen. Von "Ballad Of Solomon Eagle" bis "Blue Snow" wurde das gesamte Spektrum des ORANGE GOBLIN Backkatalogs in die Menge geschleudert. Vom zweiten Album "Time Travelling Blues" wurde der titelgebende Song jedoch von einigen Fans stark vermisst, was aber wohl auch dem Ausfall von Originalgitarrist Joe Hoare geschuldet blieb, für den der Gitarrentechniker der Band einsprang.

Mit "Quincy the Pigboy" und dem absoluten Oberknaller-Song "Red Tide Rising" wurde dann leider auch schon der Gig – für einige Anwesende leider viel zu früh – beendet. Aber es muss dieser Band einmal jemand nachmachen, durchgehend so Gas zu geben! In Anbetracht der Tourpläne bis Anfang 2014 muss dieser Band jedweder Tribut gezollt werden, dass sie sich für die Fans so ins Zeug legen.


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