10.10.2013, Kubana Live Club

Novum Initium Tour Feat. MasterPlan

Veröffentlicht am 14.10.2013

Die Jahre 2008 bis 2013 waren keine schönen für MASTERPLAN Fans. Nach dem "MK II" Album und der anschließenden Tour mit SAXON wurde es nämlich schnell wieder still um die einstigen Powermetal-Durchstarter. Die Rückkehr von Sänger Jorn Lande ließ dann kurzzeitig die Euphorieglocken schlagen, wurden jedoch von dem darauffolgenden Album "Time To Be King" wieder stumm geschaltet. Das an sich gute Album erinnerte eher an die gemäßigteren und sperrigeren Solowerke des Sängers als an den ausgefeilten Powermetal eines Roland Grapow. Dennoch war die wohl größte Enttäuschung die mit einem simplen Satz auf der Homepage praktisch kommentarlose Absage der eigentlich versprochenen Tour ("We're sorry, but the "Time To Be King" Tour won't happen"). Dass das umjubelte Line-Up damit auch schon wieder Vergangenheit war, hatten die Fans schnell begriffen. Daher war es nicht von ungefähr, auch um das generelle Fortbestehen der inzwischen zum Projekt verkommenen Band zu bangen. Bis Anfang 2013 die erlösende Ankündigung eines neuen Line-Ups, Albums und endlich wieder einer Tour alle Zweifel auf einmal beseitigen konnte. Das Album "Novum Initium" zeigt sich auch ähnlich stark wie die beiden legendären Scheiben "MasterPlan" und "Aeronautics". Doch verzeihen die Fans die lange Live-Abstinenz? Tolerieren Sie das neue Line-Up und kann es überzeugen? Im Kubana Live Club in Siegburg wollen wir uns davon einen Eindruck verschaffen. Zunächst einmal überrascht die ungewöhnliche Location. Vor dem Eingang finden sich Schilder mit den Aufschriften "Zur Wellness-Oase", "Zum Restaurant", "Zum Hotel" und schnell fragt man sich, ob man sich nicht kolossal in der Adresse vertan hat. Doch tatsächlich bietet das Erholungszentrum im Keller einen gemütlichen Club, in dem der Wandgallerie nach schon öfters Konzerte der härteren Gattung stattgefunden haben. Na gut. Beim Betreten des Etablissements um 19:45 Uhr macht sich allerdings erstmal etwas Ärger breit, denn schon von weitem hört man, dass die erste Vorband

SIREN'S CRY

bereits auf der Bühne steht, obwohl im Vorfeld auf allen Kanälen 20:00 Uhr als Beginn propagiert wurde. Eine in letzter Zeit immer häufiger auftretende Unsitte, die den Besuchern wie den Bands gleichermaßen schadet. Der Kubana Live Club ist nämlich nicht mal ansatzweise gefüllt, als die Wiener Prog-Formation die Bühne entern muss. Lediglich um die zwanzig Nasen, alle wohlgeparkt auf Barhöckern finden sich im Publikum ein. Die dadurch entstehende, mit Gutwillen als Höflichkeitsapplaus zu bezeichnende Aktionsbereitschaft des Publikums wird keineswegs der Darbietung auf der Bühne gerecht. Klar, das komplexe aber durchgängig interessante Songmaterial irgendwo zwischen FATES WARNING und EPICA zündet nicht beim ersten Anlauf, bietet jedoch durch einen ordentlichen Härtegrad, griffige Hooks und letztendlich die motivierte Performance von Fronterin Katie und Gitarrist Phil genug Sprit für Bewegung vor der Bühne. Basser Sören und Keyboarder Michael wirken dagegen nicht ganz so begeistert, in einer Metalband zu spielen, anders kann man das zögerliche Stageacting nicht erklären. Trotzdem, dass wirklich gar niemand auf Katies Anfeuerungen reagiert ist traurig. An der Band liegts auf jeden Fall nicht. Erst, als die Tschechen

SEBASTIEN

die Bühne entern ist der Club mäßig gefüllt, die ersten Biere konsumiert und die Stimmung etwas gelockert. Die für SEBASTIEN erste Show der Tour läuft dann leider etwas holprig an. Zum einen ist beim Opener "Musée Du Satan Rouge" von den für den Bandsound nicht unwichtigen Keyboards kaum etwas zu hören, zum anderen verzockt man sich beim Break des ersten Refrains von "Remiel In Flames" gewaltig im Timing, was die Performance beinahe ins Stocken bringt. Als das Titelstück zum aktuellen Album "Tears Of White Roses" dann aber die erste nennenswerte Publikumsreaktion des Abends auslöst haben sich Sound und Band weitestgehend eingespielt. SEBASTIEN passen dann auch musikalisch mit ihrem melodischen Power-Metal zwischen EDGUY, AVANTASIA und KAMELOT perfekt zu MASTERPLAN und dürften allein ob der Tatsache, einen Roland Grapow ihren Produzenten nennen zu dürfen, zukünftig häufiger mit jenen auf unseren Bühnen auftauchen. Performancetechnisch ist hier allerdings noch Luft nach oben, denn ab der Hälfte hat man sich an den immergleichen Gesten von Sänger Andy satt gesehen und beim Rest der Truppe passiert so gut wie gar nichts. Dafür macht das eingängige Songmaterial umso mehr Spaß, und beim Schlussakkord der Single "Dorian" merkt langsam auch das Publikum, dass man doch auf einem Metalkonzert gelandet ist. Setlist: Musée Du Satan Rouge Remiel In Flames Tears Of White Roses Man In A Maze Phoenix Rising Dorian Als beim Intro von

MYSTIC PROPHECY

immernoch niemand direkt vor der Bühne steht ist klar, dass dieser Abend zumindest aus wirtschaftlicher Sicht eine Enttäuschung bleibt. Absolut zu Unrecht, wie sich ab jetzt zeigen wird, denn MYSTIC PROPHECY verwandeln die zuletzt wenig begeisterungsfähigen Anwesenden tatsächlich in ein richtiges Publikum. Kunststück für einen so symphatischen Fronter wie R.D. Liapakis, der mit seiner energiegeladenen Präsenz und seinen witzigen Ansagen sofort alle Aufmerksamkeit auf sich lenkt. Heute mal mit Brille, da es ihm relativ egal ist, wie er ausschaut. Uns auch. Der angethrashte Heavy Metal des Fünfers knallt dazu absolut druckvoll aus den Boxen und wird vom Rest der Truppe sensationell tight serviert. Der anfangs etwas leise Gesang von Liapakis ist auch schnell nachgeregelt. Imposant ist der bundlose Bass von Connie "Connor" Andreszka. Beim zweiten Song "Savage Souls" findet das Publikum endlich den Weg vor die Bühne und erste Chöre sind zu hören. Die Setlist stellt sich in erster Linie aus neueren Stücken zusammen, vom aktuellen Album "Killhammer" sind gleich vier Stücke vertreten. Auf Platte mögen die vergleichsweise zahmen Stücke enttäuschen, live können diese einiges. Und da heute Abend in erster Linie Power-Metaller glücklich werden kommt vor allem das sehr melodische "To Hell And Back" wahnsinnig gut an. Bei "We Kill, You Die" teilt Liapakis das Publikum zum obligatorischen Mitsingspielchen auf und macht klar, dass er die Worte "You Die" deutlich ausgesprochen hören will, damit sie nicht mit der Automarke Hyundai verwechselt werden. Nicht alle Deutschen nuscheln wie Til Schweiger, aber wir strengen uns natürlich trotzdem an. Die Begeisterung Liapakis, dass er aus einer solch kleinen Menge dermaßen euphorische Reaktionen herausholt gipfelt letztendlich in einem überhöhten Aktionsbedürfnis, so dass er bei der Bandvorstellung mal eben Drummer Tyrone Silva vergisst und in der Setlist den Stampfer "Ravenlord" überspringt. Das man zum Abschluss den BLACK SABBATH Klassiker "Paranoid" in einer textlich nicht ganz akkuraten Version darbringt muss nicht unbedingt sein, tut aber der Stimmung keinen Abbruch. MYSTIC PROPHECY bekommen live unterm Strich eine uneingeschränkte Weiterempfehlung und sind deshalb schon Grund alleine für den Besuch der "Novum Initium" Tour. Setlist: Kill The Beast Savage Souls Sacrifice Me Killhammer Lords Of Pain Hate Black To Hell And Back Ravenlord Evil Empires Paranoid Und dann ist das lange Warten endlich vorbei,

MASTERPLAN

sind mit einer sehnsüchtigst erwarteten Headlinershow zurück. Sollte man meinen, denn die Reihen lichten sich gegenüber MYSTIC PROPHECY wieder etwas. Leider wird der Start ins Set total versemmelt. Technische Probleme an Alex Mackenroths Keyboard können nicht gelöst werden, ein kompletter Kanal für den Tonausgang auf linke und rechte Seite ist tot. So muss der verbliebene Kanal beide Seiten bedienen, was ganz klar negative Auswirkungen auf den Tastensound hat. Dann will das Intro nicht starten, obwohl man es eigentlich abgefahren hat, und auch nach dem Intro steht die Band erstmal 30 Sekunden perplex auf der Bühne, da wieder irgendetwas nicht funktioniert. Als Drummer Martin "Marthus" Skaroupka (u.a. CRADLE OF FILTH) dann endlich zum Opener "Enlighten Me" einzählt ist bei den verbliebenen Gästen vor der Bühne aber erstmal kein Halten mehr. Ausgelassen wird die Single des Debütalbums abgefeiert, als wäre die lange Livepause nie gewesen. Mit "Spirit Never Die" und "Lost And Gone" schmettert man gleich zwei weitere Klassiker hinterher. Man kommt allerdings nicht um das Gefühl herum, dass die Truppe im neuen Line-Up noch nicht ganz eingespielt ist. So harpert es noch deutlich an Tightness, an einem souveränen Stage Acting (man schaut sich des öfteren fragend an) und auch an Textsicherheit von Neu-Sänger Rick Altzi. Dieser ist auch der Leittragende in den holprigen Pausen zwischen den Songs, welche er mit kurzen, aber merkwürdig anmutenden Ansagen zu überbrücken versucht. Hier wäre man besser beraten, ein Paar Songs einfach mal durchzudonnern. Wenn ihm dann mal etwas mehr Redezeit zugestanden wird, beweist er sich dennoch als sympathischer und witziger Frontmann, der auch gerne mal ins nuanciert und wohldosiert ins Alberne abdriftet. Setlisttechnisch liefert man zwar einen Querschnitt durch die gesamte Diskographie, der Schwerpunkt liegt aber überproportional auf dem nach wie vor großartigen Debüt. Von den anderen Releases werden im Schnitt zwei Stücke gespielt, selbst vom aktuellen "Novum Initium" bringt man nur "Betrayal", „Black Night Of Magic“ und die Single "Keep Your Dream Alive". So muss sich Altzi natürlich auch verstärkt an Jorn Lande messen lassen. Da kann aber, einige Texthänger mal ausgenommen, schnell Entwarnung gegeben werden. Die ohnehin ähnliche Klangfarbe seiner Stimme ist zwar nicht ganz so voluminös wie die Landes, aber mindestens genauso messerscharf und kraftvoll. Allzuhohe Screams waren eh nie das Markenzeichen von MASTERPLAN, daher fällt das auch nicht weiter ins Gewicht. Zur Halbzeit meldet sich auch der konstant grinsende Roland Grapow zu Wort, der es zwar schade findet, dass so wenig Leute da sind, sich dafür aber freut, mit allen Anwesenden eine um so publikumsnähere Party zu feiern. Und publikumsnah sind wirklich alle. Grapow späßelt durchweg mit den Fans, Mackenroth spackt hinter seinem Keyboard völlig ab, Altzi hält den Fans das Mikro unter die Nase (Mitsingen wird bei MASTERPLAN mit einem Solo belohnt, dass hat sich schon auf der "Full Metal Cruise" gezeigt), und Basser Jani Kainulainen erkundigt sich nach fast jedem Song in der ersten Reihe, ob alle auch zufrieden sind. CRADLE Dummer Marthus holt grade aus den alten Songs mit massiver Doublebass und ganz (wirklich nur ganz) dezenten Blasts noch einiges an Energie raus. Und letztlich freut man sich einfach nur ein Loch in den Bauch, so großartige Hymnen wir "Soulburn", "Heroes" und "Crawling From Hell" endlich wieder live zu hören. Setlist: Enlighten Me Spirit Never Die Lost And Gone Betrayal Black Night Of Magic Crimson Rider Far From The End Of The World Back For My Life Time To Be King Keep Your Dream Alive Crystal Night Soulburn Heroes Kind Hearted Light ----- Crawling From Hell Das Fazit des Abends fällt einfach aus: Volltreffer! Sämtliche erwähnten Holprigkeiten dürfen zwar angemerkt werden, mindern den Spaßfaktor des Abends aber nur um Nuancen. Wieso der Kubana Live Club nicht mal viertels gefüllt ist bleibt absolut ein Rätsel. Daher, liebe Leser, lass euch gesagt sein: Wenn ihr noch die Möglichkeit habt, die Tour wahrzunehmen, dann macht es! Es lohnt sich! Und es mindert die Gefahr, wieder fünf Jahre auf die nächste Tour warten zu müssen!


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