06.12.2013, Arena, Wien

UNCLE ACID & THE DEADBEATS + MIST

Text: Cpt. Zwirbelbart, Florian Rosenberger
Veröffentlicht am 22.12.2013

Besonders nach meinem Einstieg bei Stormbringer habe ich in meiner Konzertlaufbahn viele gleichgesinnte Musikbegeisterte kennen gelernt, die mich dann auch des Öfteren bei großartigen Erlebnissen begleiten durften. Und wenn dann sogar ein Experte auf dem Gebiet eines speziellen Genres dabei ist, könnte ich keinen besseren Bericht darüber schreiben. Deshalb präsentiere ich euch hiermit die wundersame Welt des Cpt. Zwirbelbarts mit seinem Bericht über UNCLE ACID & THE DEADBEATS:

Mit großer Spannung wurden die Hallen der Arena Wien an diesem unheiligen Freitag betreten, die Spannung und Vorfreude auf das Konzert war bei den zahlreichen Besuchern deutlich spürbar und die Warteschlange an der Bar wurde zusehends länger. Während man sich in die richtige Stimmung für die britischen Rauschonkels versetzte, wurde die Bühne von MIST, fünf Damen mit einer Affinität für stilsicheren Doom Metal, geentert. Schnell begann sich der Barbereich zu leeren und die teuflisch langsamen Klänge der slowenischen Damencombo frohlockten. Der hörige Besucher folgte zugleich dem Trott vor die Bühne.

Was einem anfangs noch eine gewisse musikalische Genugtuung verschaffte, wurde jedoch schnell als wenig spannendes Konstrukt der langsamen Wuchtigkeit enttarnt. Klar erinnern einen die fünf Damen an Granden wie SAINT VITUS, PENTAGRAM und oftmals auch an der Melodie weitaus mehr verpflichtete Konsorten wie BLACK SABBATH. Aber wer an diesem Abend auf große Innovationen und experimentelle Klänge wartete, der war hier sowieso falsch. Obwohl MIST weder große Stimmung aufkommen ließen, noch durch ihre Standfestigkeit am jeweils bearbeiteten musikalischen Gerät überzeugten, schafften sie es zumindest, die notwendige Wolke an Nostalgie, Rauschfantasien und Vorfreude im Raum zu halten.

MIST haben großes Potential, was sich auch auf ihrer Debüt-EP mit dem äußerst kreativen Namen "Demo" zweifellos hören lässt, nur schlagen sie einfach zu direkt in den Occult/Doom/Psychedelic-Hype, dem die Kollegen von JEX TOTH, THE DEVILS BLOOD, ORCHID, WITCHCRAFT und wie sie alle heißen mögen schon fast gänzlich das Leben ausgesaugt haben. Nun kann manch einer natürlich nicht ganz zu Unrecht behaupten, dass dies auch auf die englischen Rauschbrüder rund um UNCLE ACID zutreffen mag, jedoch ist man hier in einer ganz anderen Liga, von deren Qualität man sich am besten live überzeugen lassen sollte.

Und sofort als die vier Herren stilgerecht im noblen Zwirn der 60er-Jahre die Bühne betraten, verströmten sie diese unheimliche Ruhe, Sicherheit und strahlten Überlegenheit aus. "Mt. Abraxas" ist nicht nur der erste Song auf der neuesten Scheibe der vier Briten, sondern auch die würdige Konzerteröffnung und sofort entführen einen die LSD-Meisterköche auf eine makellose Achterbahnfahrt durch die Welt der melodieverliebten psychedelischen Rockmusik. Der Doom-Einfluss ist zwar deutlich vorhanden, aber er unterstreicht hier nur die Agilität und kontinuierliche Entwicklung der einzelnen Passagen.

Das Doom-Element bei UNCLE ACID & THE DEADBEATS ist eher in der völligen Ruhe zu finden, mit der sie ihre Musik kreieren und mit der sie diese auch live zelebrieren. Völlig ohne Hektik, fast wie Urlaub in einem musikalischen Paralleluniversum. Und aus diesem Urlaub holt einen so schnell keiner zurück, denn der fast nahtlos erscheinende Übergang zu "Mind Crawler" und "Crystal Spiders" fällt einem beinahe nicht auf. Nur am Rande bekommt man mit, dass die bunte Traumwelt nach jedem Song ein wenig zu wackeln beginnt und kurz überkommt einen die Furcht, das Konstrukt der hypnotisierenden Gitarren könnte auf einen hernieder brechen, doch es kommt nie zum Einsturz.

Dafür danken darf man Kevin R. Starrs aka. UNCLE ACID himself, der vornehm darauf verzichtet, nach den Nummern halbherziges Gewäsch über das ach so tolle Publikum zu labern. Lediglich ein fast schüchtern wirkendes "I wanna have some weed..." und ein "Thank you" durchbricht den Nebel aus perfekt dargebotener Musik und macht einem durch einen kleinen Reality-Clash bewusst, dass man auf einem der am besten funktionierenden Konzerte zugegen ist. Nur selten können die mächtigen Gitarrenwalzen dermaßen fesseln, ohne zu erdrücken. Nur selten können so eingängige und wunderschöne Melodien wie die der Lysergsäure-Jünger so vereinnahmen ohne dabei Gefahr zu laufen, einem irgendwann zum Halse heraus zu hängen.

Als mit "Poison Apple" der sechste Song in das Publikum entlassen wurde, waren die meisten Zuhörer schon in Trance verfallen, aus der sie sich nur mehr zum Anlasse des anständigen Beifalles erwecken ließen. Die schwungvollen Gitarren walzten einem direkt ins Gehirn und der mitreißende Beat der Nummer ging sofort in Fleisch und Blut über. Bei keinem einzigen Song des Sets kam Langeweile auf, jede Nummer funktionierte perfekt und das merkte auch das Publikum.

Unterstützt wird das luzide Traumerlebnis von herrlich schrägen Texten, die besonders die Vorliebe der Briten für die Hammer-Horrorfilme aus den 50er- bis 70er-Jahren zeigt, aber auch die wohlbekannte okkulte Schiene bedienen. Jedoch nicht wie die schon vorhin genannten Kollegen, denn hier wirkt das ganze Gerüst aus Psychedelic Rock und Okkultismus etwas subtiler, distinguierter und weniger gekünstelt. Ob das nun so ist oder nicht, darüber kann man viele Bierkrüge lang diskutieren.

UNCLE ACID & THE DEADBEATS vermitteln auf alle Fälle eine unglaubliche Konzertstimmung und strahlen, auch aufgrund der minimalistischen "Bühnenchoreografie", eine Erhabenheit aus, die man nur erlangen kann, wenn man mit dem Teufel im Bunde ist. Oder kübelweise LSD schlürft. Ob die Jungs nun ihre Seele verkauft haben oder nur ihrer Gesundheit mit übermäßigem Substanzenkonsum schaden ist letztlich auch egal, was zählt ist, dass sie auch nach zehn Songs noch mal auf die Bühne kamen und satte drei weitere Songs zum Besten gaben.

Das Beste kommt auch bei UNLCE ACID zum Schluss und so wurde mit "Devils Work" ein teuflisch schöner Abschluss geboten, der besser nicht sein könnte. "I'm the Devil and I'm here to do the Devil's work", heißt es da so treffend formuliert. Mit dem Teufel im Bunde, schräge Drogengeschichten und nebulöse Storys aus dem Bereich des trashigen Horrorfilms, wunderbar nostalgische Musik und massenhaft umwerfende Gitarren – Herz was willst du mehr? Mehr kann einem ein Konzert fast nicht geben und somit verließ man mehr als nur befriedigt das perfekt passende Ambiente und hatte erst selten zuvor das Gefühl gehabt, Geld so gewinnbringend investiert zu haben. [-Cpt. Zwirbelbart-]


ANZEIGE
ANZEIGE