22.03.2014, Explosiv

AMORPHIS

Veröffentlicht am 27.03.2014

An einem lauen Frühlingsabend bescherten uns die finnische Metal Institution AMORPHIS zusammen mit ihrem etwas exotischen Support, namens Hamferð von den Färörer Inseln, einen beinahe superben Metalabend. Beinahe deshalb, da der Reigen – dank des Bierbecherwurfs eines Hitzkopfs – unter den daraus resultierenden Schönheitsfehler litt. Denn dieser Wurf war leider ein Volltreffer mit Folgen und erwischte den Gitarristen, weshalb das finnische Quintett den Gig umgehend abbrachen. Doch alles der Reihe nach. Fangen wir mit den Doom Metallern von Hamferð an, welche die Ehre hatten, die Konzertnacht im Grazer Explosiv zu eröffnen. Der für die Lyrics zuständige Mann erinnerte mit seinen blonden kurzen Haaren, seinem gepflegten Auftreten und in seinem schwarzen Anzug stark an einen Opernsänger. Diesen Eindruck widerlegte er aber durch seine Screams und den gutturalen Gesang ebenso, wie durch seine cleanen Gesangskünste. Beleuchtet man Hamferð rein von der musikalischen Seite, so kommt man um den Begriff Doom Metal wohl kaum herum. In ihren fünf dargebotenen Stücken, herrschte kurz gesagt Endzeitstimmung. Die Musik spiegelte die Traurigkeit, Melancholie und Wut der Färörer enorm authentisch wieder. Die schwermütigen, groß teils langsamen Nummern passten zwar nicht zur Jahreszeit und würden im Herbst/Winter mit Sicherheit noch mehr Flair versprühen und besser zur Geltung kommen. Trotzdem kann man von einer durch und durch gelungenen Performance Hamferðs sprechen, wenn man sich an den Auftritt zurück erinnert. Witziges Detail am Rande: Einer der Gitarristen der Combo war nach dem Gig beim Merchandise-Stand für ein Gespräch auf zu finden. Der sympathische Kerl entpuppte sich sogar als sehr gesprächig, doch als ich ihn (zugegeben schon etwas verzweifelt zum x-ten Mal) fragte, ob bzw. was er bzgl. der Band und ihrer Musik seinen Fans gerne mit auf den Weg geben möchte, kam jedes Mal nur ein etwas ahnungsloses: „No...there`s nothing I want to say...I don`t know...“ Ich interpretiere das Ganze einfach einmal positiv und bin der Meinung, dass Hamferð ihre Musik für sich sprechen lassen. Was wiederum etwas schwierig wird wenn man die Tatsache ins Auge fasst, dass die Insulaner in ihrer Muttersprache singen...

Sehr pünktlich wurde es im Explosiv gegen 21 Uhr dunkel im Saal und zu den Tönen des Intros erklamm Drummer Jan „Snoopy“ Rechbeger unter tosenden Applaus als Erster die Bretter, die die Welt bedeuten. Langsam, aber sicher, kam auch der Rest der Finnen auf die Bühne bis zu guter Letzt, Sänger und Mastermind Toni Joutsen bereits zu den Tönen des Openers „Shades Of Gray“ auf die Bühne sprang. Nachdem er sich sein eigens designtes Mikro schnappte, machte er von der ersten Sekunde an klar, warum ihm die Meute förmlich aus der Hand frisst. Mit seinen langen Rastazöpfen und den vielen Tattoos strahlt Joutsen ein einzigartiges Charisma aus, weshalb er - alleine durch sein Auftreten – der Inbegriff eines klassischen Masterminds bzw. Bandkopfes ist. Ebenso genial waren und sind natürlich auch seine Gesangskünste, bei denen es absolut nichts zu beanstanden gab. Mit den darauf folgenden „Narrow Path“, „Sampo“ und „Silver Bridge“ widmeten sich AMORPHIS zuerst eher an dem Material der letzten Jahre. Hier muss man „The Wanderer“ (vom aktuellen Output „Circle“) hervorheben, da dieser Song beim Grazer Publikum mit Abstand am besten ankam und die enthusiastischsten Reaktionen (bis zu diesem Zeitpunkt) erntete. Danach spannten die fünf Jungs erstmals den Bogen zum älteren Material, was mit dem genialen „Against Widows“ seinen Lauf begann. Mit den folgenden „My Kantele“ und „Into Hiding“ arbeitete man sich der Bandhystorie nach rückwärts zu den Anfängen, was mit „Vulgar Necrolatry“ (vom 92er Debut „The Karelian Isthmus“) seinen Höhepunkt erreichte. Das man mit diesen Bandklassikern wenig bis gar nichts falsch machen kann, dankten die Grazer mit entsprechend gutem Feeedback. Wobei aber auch erwähnt werden muss, dass zum Beispiel „Into Hiding“ etwas aufgeppt wurde, was aber wiederum auf die Qualität dieser Nummer keinen negativen Einfluss nahm. Es ist immer wieder aufs Neue beeindruckend, welche Vielfalt in Joutsens Stimme steckt und wie mitreißend sich – nach wie vor – die Gitarrenfraktion präsentiert. Danach folgte ein Querschnitt der Discographie AMORPHIs, bestehend aus aktuellen Titeln wie „Nightbird`s Song“, sowie „You I Need“ und Hopeless Days“, bevor es zum Eklat kam.

Nach dem Ende von eben genannten „Hopeless Days“, stürmten AMORPHIS plötzlich von der Bühne. Der Grund dafür war schnell klar und extrem bitter. Die Finnen brachen ihren Gig kurzerhand und unwiderruflich – aber berechtigt – ab und so fiel das Publikum um Klassiker wie „Black Winter Day“ oder „House Of Sleep“. Gott sei Dank, dass dies erst gegen Ende der Show passierte. Trotzdem ist es mehr als ärgerlich, dass wegen einer Bierbecher-Wurf-Aktion (welche Esa Holopainen genau und mit voller Wucht traf) bzw. wegen eines Idioten das ganze restliche Publikum auf das große Finale des Konzertes verzichten musste. So blieb einem im Grunde großartigen Metalabend mit ebenso großartiger Performance beider Bands ein noch größerer Wermutstropfen unterm Strich übrig. Es war ein unrühmliches Ende für ein wirklich tolles Konzert. Doch da uns lamentieren bzw. jammern jetzt auch nicht mehr weiterhelfen, bleibt die Erinnerung an einen einwandfreien AMORPHIS Gig und die Erkenntnis, dass es auch auf den Färörer Inseln guten Metal gibt. Dies haben uns Hamferð mit ihrer eindrucksvollen Doom Metal Show bewiesen. Darüber zu diskutieren wie dumm es ist, einen vollen Bierbecher auf ein Bandmitglied zu werfen ist doch eigentlich unnötig und würde auch den Rahmen hier (bzgl. Sicherheitsvorkehrungen etc.) sprengen. Aber anscheinend werden es manche Hitzköpfe wohl niemals lernen...


WERBUNG: Hard
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