01.08.2014 - 02.08.2014, Schwarzl Freizeitzentrum

SEE-ROCK FESTIVAL 2014

Veröffentlicht am 07.08.2014

Seit einigen Jahren bereits findet mit dem SEE-ROCK ein Rock- und Metal-Festival der etwas anderen Art in Österreich statt. Am Schwarzlsee bei Graz laden hier die Veranstalter einmal im Jahr zum gemütlichen Abrocken ein, und zeichneten sich in den vergangenen Jahren sowohl durch großartige Headliner-Verpflichtungen als auch durch ungewöhnliche Gesamt-Lineups aus. So holte man bereits GUNS N' ROSES nach Unterpremstätten, oder im Vorjahr sogar erstmals wieder IRON MAIDEN nach langjähriger Österreich-Abstinenz. Das ist insofern bemerkenswert, als am Schwarzlsee-Areal sonst eher Schlager- und Elektronikmusik-Veranstaltungen stattfinden. Doch auch 2014 hat der Veranstalter erneut ein amtliches Rock-Festival auf die Beine gestellt, dass - zumindest auf dem Papier - sensationell anmutet: Denn man konnte niemand geringeren als die deutschen Rock-Legenden THE SCORPIONS auf ihrer "Sting In The Tail"-Abschiedstournee verpflichten. Doch damit nicht genug, in Österreich selten gesehene Acts wie TWISTED SISTER, aber auch Metal-Standards wie BLIND GUARDIAN, SLAYER und SAXON sollten das Lineup abrunden.

ROCK'N'CHILL DAY, 01.08.2014

Durch die arbeitsbedingte etwas verspätete Anreise schaffte es die Stormbringer-Crew leider erst zu den letzten Tönen von URIAH HEEPs Klassiker "Easy Livin'" zum Gelände, wobei die Nummer aber sogar im Parkhaus ordentlich Druck machte und mit starkem Sound punkten konnte; das machte Hoffnung auf eine Verbesserung der im Vorjahr noch gar dürftigen Soundsituation, als die Anlage vor Ort mit den Bedürfnissen des Heavy Metal-Publikums überfordert schien.

SABATON

Ungewöhnlich früh für ihr aktuelles Standing im Metal-Bereich durften dann die Schweden von SABATON zu Werke gehen - bereits um knapp nach 16:00 Uhr rollte das schwedische Panzerbattalion durch ein knackiges Set bestehend aus etlichen Band-Klassikern und überraschend vielen Songs des neuen Albums "Heroes". Auf Grund der frühen und kurzen Spielzeit verzichtete man diesmal auf EUROPEs "Final Countdown" als zusätzliches Intro, und startet gleich etatgemäß mit "Ghost Divison" - und leider ist der Sound gleich zu Beginn relativ dürftig, und sollte sich auch im Laufe der Show kaum bessern. SABATON setzen bei ihrer Performance fast ausschließlich auf Tracks des neuen Albums, und so werden etwa "To Hell And Back", "Resist And Bite" und "Soldier Of 3 Armies" ebenso in die mittelprächtig stark vertretene Meute gefeuert; auch "Far From The Fame" durfte nicht fehlen. Der im Gegensatz zu den Gitarren etwas zu präsente Bass-Sound dominierte allerdings zeitweilig allzusehr, und auch Fronter Joakim Brodén - seit jeher nicht zu den besten Sängern vor dem Herrn zählend - hat auch schon bessere Tage erwischt. Dennoch feiern ein paar motivierte Fans direkt vor der Bühne ihre "Heroes" ab, und bei den Bandklassikern "The Art Of War" und "Primo Victoria" kommt dann doch langsam so etwas wie Partystimmung auf. Etwas spät allerdings, denn nach der "Metal Crüe" ist das Set von SABATON auch schon wieder vorbei. Gut, SABATON waren vielleicht am "Rock'n'Chill-Day" neben zahlreichen Altrockern und eher gemütlichen Acts etwas fehlbesetzt, doch dies war ja möglicherweise auch terminlichen Gründen geschuldet (immerhin fand doch das legendäre WACKEN OPEN AIR zur selben Zeit statt). Was aber vor allem auffiel, war, dass in kompletter Ermangelung von Pyrotechnik, Lichtshow und natürlich auch des beliebten neuen Panzer-Drumkits recht rasch die musikalischen Werte von SABATON in den Vordergrund treten - und bei einem Publikum, das nur zum Teil mit dem eigentümlichen Sound der Band vertraut ist, die am Ende des Tages doch repetitiven Songstrukturen und das einfache musikalische Korsett der Band recht schnell offenbar werden. Auf "reinen" Metal-Festivals mögen SABATON zwar mittlerweile Kult- und Headlinerstatus genießen; im Umfeld von echten Rock-Legenden wie URIAH HEEP und STATUS QUO jedoch erkennt man allerdings recht schnell gewisse Unterschiede. Und mehr soll dazu auch schon nicht gesagt sein. [Dragonslayer]

AIRBOURNE

AIRBOURNE stehen für Hard Rock bei Vollgas. Das Gaspedal wird von der ersten Sekunde an durchgedrückt und bis zum Ende nicht mehr losgelassen. Die Australier rund um die O’Keeffe-Brüder haben von den Großen gelernt und wissen nach unzähligen Touren und Shows, wie man eine richtige Rock’n’Roll Party feiert. So lassen die „junge Wilden“ dieses Tages nichts anbrennen und liefern eine laute Show mit viel Bewegung vor großen Wänden aus Marshall-Verstärkern. Mit Krachern wie „Diamond in the Rough“, „Girls in Black“ und dem neuen Song „No One Fits Me Better Than You“ werden alle Anwesenden bestens unterhalten. Sänger und Gitarrist Joel O’Keeffe lässt sich seinen mittlerweile fast obligatorisch gewordenen Ausflug von der Bühne weg nicht nehmen und macht diesmal die zur Trennung des Wavebreakers aufgestellte Bar unsicher. [Herb]

THE BOSSHOSS

Ganze zehn Cowboy-Musiker machten sich als THE BOSSHOSS auf der Bühne breit und versuchten, dem musikalischen Programm des „Rock’n’Chill Days“ ein bisschen Variation zu verleihen. Das gelang nur in Grenzen, selten haben so viele Musiker so vergleichsweise wenig Musik gemacht. Wenn das Songmaterial an sich wenig hergibt, dann helfen auch interessante Instrumente wie Mundharmonika, Waschbrett, Cajón oder Banjo kaum. Aber zumindest optisch gab es immer Unterhaltung. Den sympathischen wirkenden Sänger Sascha „Hoss Power“ Vollmer und seinen Kollegen Alec „Boss Burns“ Völkel störte das jedoch wenig, und unbeirrt zogen THE BOSSHOSS ihr Programm durch. Die Wahl zwischen Südstaaten Slang und Berliner Schnauze fiel den beiden manchmal schwer, und auch das Publikum war nur mit Mühe zu motivieren. Gegen Ende des Sets setzte sich dann doch ein gewisser Groove durch, der zumindest einige Vertreter der Damenwelt mitschunkeln ließ. Mehr als ein Anstandsapplaus war dann nicht drin, bevor es mit den genialen STATUS QUO weiterging. [Herb]



STATUS QUO

Nach vielen Jahren vergeblicher Versuche, STATUS QUO endlich einmal live sehen zu können, sollte es nun endlich soweit sein - die geheimen Helden meiner Jugendtage meldeten sich zum rockigen Stelldichein am Schwarzlsee, und sollten zum Überraschungshit des Tages werden. Bereits 1962(!) gegründet und damit seit beinahe unglaublichen 52(!) Jahren im Geschäft sind STATUS QUO auch 2014 noch lange nicht zum alten Eisen zu zählen: Denn die Männer rund um die beiden Frontleute Francis Rossi und Rick Parfitt rockten und rollten sich durch ein mit Klassikern der Musikgeschichte gespicktes Set, und beeindruckten durch eine makellose und unglaublich tighte Performance. Zunächst startete man gleich stark mit "Caroline" und "Paper Plane" ins Set, legte mit einem knackigen Medley beginnend mit "What You're Proposing" nach, und auch wenn "The Oriental" vielleicht etwas gar in die Länge gezogen wurde, ging natürlich erstmals bei "In The Army Now" die Stimmung in die Höhe. Francis Rossi animierte das Publikum zum mitsingen - auch wenn man natürlich den Eindruck nicht ganz leugnen konnte, dass der gute Mann den Song selber schon nicht mehr wirklich hören kann. Nach einem Drumsolo ging es dann mit "Roll Over Lay Down" und "Down Down" weiter, ehe mit dem Klassiker-Duo "Whatever You Want" und "Rockin' All Over The World" noch zwei ganz ganz große Hits nachgelegt wurden. STATUS QUO hatten danach aber noch nicht genug, und setzten mit "Junior's Wailing" und "Rock and Roll Music" noch eine Zugabe drauf - freilich erst, als sie den Stagehands kommunizieren mussten, dass da noch Songs kommen würden - denn die Crew hatte bereits begonnen, die Rampe für die Scorpions-Show fertig aufzubauen. Nach den Zugaben aber verabschiedeten sich die alten Herren jedoch endgültig von der Grazer Seerock-Bühne, und hinterließen ein höchst zufriedengestelltes Publikum; mit ihrem klassischen Rock'n'Roll der alten Schule haben STATUS QUO dank einer routinierten und technisch einwandfreien Performance gezeigt, wie's gemacht wird - und haben dabei als Engländer(!) mehr Blues und Country in ihren Sound gebracht, als es gefühlte 35 Bandmember von THE BOSSHOSS davor nicht geschafft haben. Definitiv das Highlight des Tages! Leider sollte am Samstag die Ernüchterung folgen: So wurde uns mitgeteilt, dass Gitarrist Rick Parfitt leider aus bislang ungeklärten Gründen dringend ins Krankenhaus eingeliefert werden musste. Wir wünschen ihm auf diesem Wege natürlich alles Gute und eine rasche Genesung. [Dragonslayer]

THE SCORPIONS

Sie sind eine wahre Legende des europäischen Rock: Kaum eine andere europäische Rockband hat international einen Status wie die SCORPIONS rund um Klaus Meine und Rudolf Schenker, und umso sensationeller schien die Verpflichtung der Band für das Seerock zu sein. Und die Band ließ sich auch keineswegs lumpen: Mit imposantem Bühnenaufbau inklusive hochziehbarem Drumriser und schmucken Videowalls startete die Band mit etwas Verspätung in ihr Headliner-Set. "Sting In The Tail" machte den Anfang, und mit "Make It Real" und "Is There Anybody There" legte man gleich nach. Doch bereits das erste Song-Tripel sorgte für offene Münder und geschüttelte Köpfe im Publikum - jedoch leider nicht aus Begeisterung, sondern aus purer Verwunderung über das, was die deutschen Rock-Legenden hier boten. Die gesamte Band wirkte, als wäre sie überhaupt nicht da - aufgesetzte Grinser bei Klaus Meine und seinen Mitmusikern, seltsames und weltfremdes Gepose von Rudolf Schenker, und dazu ein Wohnzimmer-Sound, bei dem man sich in gediegener Lautstärke direkt vor der Bühne noch gemütlich unterhalten konnte. Also "Rock-Legende" geht anders. Doch damit nicht genug - leider konnte auch Klaus Meine zu keinem Zeitpunkt überzeugen, lag mit seiner Stimme beinahe konstant neben der Spur; Zwischentöne wurden kaum angesungen, und mehr als ein "Stimmchen" hatte der große Kleine der deutschen Rock-Geschichte heute nicht zu bieten. (Kommentar von Kollege Herb dazu: "Ich will ja nichts sagen, aber könnte man das bitte mal mit dem Andi Deris [Anm.: HELLOWEEN] versuchen?") Und so kam nach den ersten Songs auch nicht wirklich Stimmung auf; ob es dann sinnvoll war, gleich recht früh im Set eine Balladen-Phalanx mit "Loving You Sunday Morning", "The Best Is Yet To Come" und "Send Me An Angel" nachzulegen, darf dann ebenfalls hinterfragt werden. Die SCORPIONS schaffen es jedenfalls recht schnell, die anfangs noch gut gefüllten Reihen des Publikums vor der Bühne leer zu spielen; zur Hälfte des Sets dürfte wohl auch bereits die Hälfte des Publikums das Weite gesucht haben - und leider sollte auch keine Verbesserung in der Show der sich demontierenden Legenden eintreten. Weiterhin agierte die Band jenseits jeder Publikumsnähe; Klaus Meine zwang die noch vorhandene Meute immer wieder in elendslange Singspiele, die aber so gar nicht auf Zuspruch stoßen wollten, und ließ sich auch durch die mehr als verhaltene Publikumsreaktion nicht dazu bewegen, diese Spielchen auf ein menschenwürdiges Maß zu reduzieren; so verkam die Show schnell zur Farce, und die Demontage schritt voran. Auch mit eigentlich coolen Rock-Klassikern der Marke "Hit Between The Eyes", "Blackout" und "Big City Nights" konnte man das Ruder nicht mehr herumreißen, und als dann Rudolf Schenker nach dem Drumsolo auch noch mit einer höchst seltsamen Maske (sollte das vielleicht die Niki-Lauda-Gesichtsverbrennungs-Gedächtnismaske sein!?) und einer Gitarre mit rauchendem Auspuff(!) auf der Bühne auftauchte, kam auch dieser Rezensent nicht mehr umhin, kurz darüber zu sinnieren, ob uns die SCORPIONS mit dieser Darbietung nicht vielleicht einfach nur große Performance-Kunst abliefern und das Publikum ein bisschen veralbern wollten? Denn ernst gemeint konnte das alles doch eigentlich nicht mehr sein. Klar, die obligatorischen Zugaben in Form der ganz großen Rock-Hymnen "Still Loving You", "Wind Of Change" und "Rock You Like A Hurricane" ließ man dann auch noch über sich ergehen - weil's eh schon wurscht war. Gut war an dieser Show der SCORPIONS leider gar nichts, außer dass sie irgendwann vorbei war. Eine komplett deplaziert agierende Band, ein einstmals legendärer Sänger, der kaum noch einen richtigen Ton aussingen kann (Kommentar Herb: "Ich dachte, seine Stimme wäre wieder repariert?!") und ein schwachbrüstiger Sound wirkten hier in Kollusion zusammen, um angesichts der "Abschieds-Tournee" der deutschen Rock-Größe den Gedanken anzuregen, ob es nicht langsam vielleicht wirklich an der Zeit wäre, die Skorpione in Rente zu schicken - denn letztlich will niemand, dass sich eine Rock-Legende auf solche Art selber demontiert. Leider ein sehr maues Ende des ersten Festivaltages, der aber dank sensationeller Performance der Altrocker von URIAH HEEP und STATUS QUO gerettet wurde. [Dragonslayer]

HEAVY METAL DAY, 02.08.2014



NORIKUM

Den Anheizer am Samstag durften die Grazer Death-Metaller von NORIKUM machen, doch war "anheizen" an diesem Augusttag keineswegs notwendig: bei strahlendem Sonneschein und gefühlten 30 Grad zog es zur frühen Spielzeit von NORIKUM vielleicht gerade mal vierzig oder fünfzig Nasen in den Wavebreaker direkt vor die Bühne, und noch eine Handvoll Leute befanden sich außerhalb. NORIKUM zocken sich dennoch auch bei brütender Mittagshitze formidabel durch ihr Set; hier kann der Band kein Vorwurf gemacht werden - aber es ist wohl verständlich, dass die meisten Fans um diese Zeit noch badebereit um den Schwarzlsee verteilt lagen, anstatt zu heftigem Death Metal abzurocken. Allerdings illustrierte die Situation erneut das etwas unglückliche VIP- und Wavebreaker-Konzept der Veranstaltung: Anstatt einfach so viele Leute in den Wavebreaker zu lassen, bis dieser voll ist und dann aus Sicherheitsgründen abzusperren, durften ja nur Gäste mit VIP-Tickets in den Wavebreaker; diese waren natürlich nochmals erheblich teurer als die ohnehin schon gesalzenen regulären Tickets, was vermutlich viele echte Fans einiger Bands leider davon abhielt, wirklich hautnah an ihren Helden dran zu sein. Auch trägt dieses Konzept nicht unbedingt zur Stimmung direkt vor der Bühne bei - die Idee, dann auch noch eine Bar entlang des Wavebreakers aufzubauen um zusätzlich Distanz zu schaffen, leider auch nicht. Nichtsdestotrotz liefern NORIKUM eine amtliche Performance ab, und von "ihren" Fans wird die Band allemal abgefeiert. [Dragonslayer]



BELPHEGOR

Nach NORIKUM durften BELPHEGOR auf die großen Bretter, und diese knüppelten ihren Death/Black Metal in das immer noch spärlich besetzte Areal des See Rock. Dick aufgetragene Schminke in Schwarz, Weiß und Rot, grimmige Blicke und Aufbauten aus deformierten Skeletten sollten für düstere Stimmung sorgen, was angesichts der frühen Uhrzeit und der brennenden Mittagssonne nur hinlänglich gelang. Sänger Helmuth hielt sich mit seinen berüchtigten Bühnenansagen zurück, und so gab es eine gute Dreiviertelstunde lang sauber gespielten Extreme Metal. [Herb]

HELLYEAH

Klar, Dreh- und Angelpunkt von HELLYEAH ist natürlich der ehemalige PANTERA-Drummer Vinnie Paul, doch hat die Band auch sonst einiges zu bieten, hat man doch mit Mitgliedern von MUDVAYNE und NOTHINGFACE gemeinsam eine Allstar-Band aus der Taufe gehoben, und mittlerweile auch schon vier Alben veröffentlicht. Und der Stil der Band ist klar: moderner, grooviger US-Metal mit einer Prise Southern Rock und dem markanten Gesang von Chad Lee Gray - und diese Mischung funktioniert auch am See-Rock Festival in Graz. Trotz des immer noch relativ geringen Publikumsandrangs finden langsam mehr und mehr Fans ihren Weg zur Bühne, um sich Song wie "Blood For Blood", "Cowboy Way" oder natürlich "Hellyeah!" um die Ohren blasen zu lassen. Die Band kann dabei mit durchaus druckvollem und fettem Sound punkten, und auch wenn der sehr oft ins Screamen abdriftende Gesang von Fronter Chad Gray nur bedingt meinen Geschmack trifft, gibt sich der Frontmann doch redliche Mühe, die versammelte Meute in Partystimmung zu versetzen. Vielleicht ist es noch etwas zu heiß, vielleicht die Band hierzulande auch nicht bekannt genug - HELLYEAH können an diesem Tag nur bedingt begeistern. Keine schlechte Show, aber beim Seerock 2014 wohl nur unter "ferner liefen" zu finden. [Dragonslayer]

IN EXTREMO

Mit dem Doppelpack „Rasend Herz“ und „Horizont“ eröffneten die Berliner um 16:05 die Mittelalter-Metal-Party. Vor dem mittlerweile ansehnlich gefüllten Areal spielte IN EXTREMO eine souveräne Show, unterstützt von Feuerwerk und Pyrotechnik. Sieben Musiker legten sich ins Zeug, und auch wenn Sänger Michael Robert Rhein/Das Letzte Einhorn ein wenig kurzatmig war, dankten es ihnen die Fans. So wurde IN EXTREMO als erste Band des Tages lautstark bejubelt. Auch ein kurzer Ausfall der PA feuerte das Publikum nur an, noch lauter mitzusingen. Hits wie „Vollmond“, „Frei Zu Sein“, „Liam“, und auch neue Lieder wie das poppige „Feuertaufe“ schallten bei relativ klarem Sound aus den Boxen. Kurze, knackige Ansagen (inklusive einem Seitenhieb auf die frühe Uhrzeit), bei denen Das Letzte Einhorn seinen rauen ostdeutschen Charme spielen ließ, rundeten die Sache ab. Nach einer guten Stunde wurden die Grazer mit „Küss mich“ verabschiedet, man dankte es der Band mit lautem Applaus und Rufen nach Zugaben. [Herb]

DIMMU BORGIR

Als nächstes versuchten DIMMU BORGIR den heißen Nachmittag zumindest musikalisch ein bisschen zu kühlen. Mit ihrem düsteren Symphonic Black Metal gelang ihnen das auch gut. Obwohl sich weniger Fans vor der Bühne eingefunden hatten als noch bei IN EXTREMO davor, wurden diese bestens Unterhalten. Die Norweger feierten ihr mittlerweile 21-Jähriges Bandbestehen, und bei DIMMU BORGIR passt Live einfach alles zusammen: leicht überdrehte Leder-Outfits mit vielen und langen Nieten, Corpsepaint-artige Schminke, grimmige Blicke, Pyrotechnik mit blauen Flammen. Insgesamt wirkte das schon fast ein bisschen lächerlich, durch ihre sauber gespielte Show wurde das aber alles gerechtfertigt. Durch eine längere Verzögerung beim Soundcheck davor war das düstere Kino schon sehr bald wieder vorbei, und die Band verabschiedete sich bei bravem Applaus. [Herb]



SAXON

Der Adler ist gelandet! Sie sind eine der zuverlässigsten und besten Live-Bands diesseits und jenseits der Insel, die Engländer von SAXON, und luden auch beim Seerock 2014 zum fröhlichen Abrocken. Nach den düsteren Klängen in brütender Nachmittagshitze bei DIMMU BORGIR zuvor wird das Wetter langsam erträglich, und dementsprechend kehrt auch Leben bei den Fans vor der Bühne ein. SAXON, und vor allem ein Biff Byford in stimmlicher Bestform, zünden ein Hit-Feuerwerk aus Bandklassikern der Marke "Heavy Metal Thunder", "Crusader" und "Power & The Glory" sowie einigen starken Songs jüngerer Generation wie etwa "Battalions Of Steel". Und auch wenn sich Meister Byford kurz darüber mokiert, dass die Spielzeit für SAXON eigentlich "relativ früh" sei, so motiviert er dann doch die Leute zum Mithüpfen bei "Solid Ball Of Rock", oder zum Mitsingen bei "747 - Strangers In The Night", wirft immer mal wieder Getränkeflaschen ins Publikum und präsentiert sich insgesamt gut gelaunt - was auch auf den Rest der Band zutrifft. Erstmals kommt daher auch bei den launigen Klängen von SAXON so etwas wie Partystimmung auf, und keine Sekunde zu früh - standen doch sowohl BLIND GUARDIAN als auch TWISTED SISTER bereits in den Startlöchern. Und als die Mannen von SAXON dann das zufriedene Publikum mit "Princess Of The Night" in den lauen Augustabend verabschieden, ist auch das zweite Tageshighlight nach den überraschend guten IN EXTREMO bereits in den Büchern.

BLIND GUARDIAN

Mein persönliches Highlight auf diesem Festival war BLIND GUARDIAN. Bei fast schon Zimmerlautstärke und dem halb zum Soundcheck genützten „Sacred“ legten die Deutschen los. Gleich darauf kam die traditionelle Ansage „Welcome to the show, and welcome to… dying!“, welcher auch gleich „Welcome to Dying“ folgte. Märchenonkel Hansi Kürsch hatte sichtlich Spaß auf der Bühne, und wahrscheinlich bedingt durch den One-Off Gig schonte er seine Stimme kaum, wie er es auf (längeren) Touren machen muss. „Nightfall“, „Script for my Requiem“ und „Bright Eyes“ rundeten bei mittlerweile adäquater Lautstärke die erste Hälfte des Sets ab. Als Schmankerl gab’s „Mordred’s Song“, bei dem das Publikum ein besonderes Talent zum "falsch Mitklatschen" entwickelte. „Imaginations from the Other Side“ wurde wie fast jedes Lied fleißig von den mittlerweile wieder zahlreich versammelten Fans mitgesungen, und ebenso wenig fehlte “Mirror Mirror” und „The Bard’s Song – In the Forest“. Bei letzterem wurden, wie üblich, große Teile des Gesangs dem Publikum überlassen. „Valhalla“ (und die damit verbundenen, ewig langen „Deliverance“-Chöre) verabschiedete nach einer sehr kurzen Stunde ein laut jubelndes Publikum in die weitere Nacht. [Herb]

TWISTED SISTER

Mein lieber Herr Gesangsverein, was ist denn da passiert?! Klar, bereits nach der grandiosen Performance am Masters Of Rock 2011 erwartete ich mir von Dee Snider und seinen Kollegen eigentlich eine hervorragende Show, doch was die US-Boys (oder eher: Männer) hier ablieferten glich schon eher einer Großtat. Denn man weiß ja, dass das heimische Publikum nicht immer das feierfreudigste ist bei Konzerten, und so überraschen TWISTED SISTER nach dem AC/DC-Intro mit "It's A Long Way To The Top If You Wanna Rock'n'Roll" erstmal mit eher dürftigem Sound, zu dem aber gleich mal amtlich mit "Stay Hungry" ins Set gestartet wird. Der Fokus liegt natürlich sofort auf Front-Rampensau (anders kann man das nicht nennen) Dee Snider, der im weißen Glamour-Mantel und mit seiner unnachahmlichen Mähne von Anfang an etwa 170% seiner vorhandenen Körperenergie in die Show investiert - wo der Mann mit 59 Jahren diese Reserven hernimmt, entzieht sich meinem Verständnis. Denn Dee Snider hüpft, läuft und singt sich wie ein Derwisch durch das neunzigminütige Set von TWISTED SISTER, und nachdem sowohl Sound als auch Herrn Sniders Stimme warmgelaufen sind machen auch Tracks wie "Captain Howdy", "You Can't Stop Rock'n'Roll" und "Stree Justice" erstmal richtig Laune. Das erste große Highlight kommt dann natürlich mit dem Bandklassiker "We're Not Gonna Take It", bei dem nicht nur das Publikum erstmals so richtig abgeht, sondern auch Entertainment-König Dee nach dem Song mit einem Schmunzeln meint: "Ihr habt wohl gedacht, wir heben uns den für die Zugabe auf, oder? Well, fuck it! Wenn ihr nur wegen dem Song gekommen seid, dann könnt ihr jetzt gehen - wir machen derweil Party mit allen anderen!" Und es ging keiner - denn die Performance von TWISTED SISTER war scheinbar nicht von dieser Welt. Eine hochmotivierte Band, große Rock-Klassiker und auch wenig gehörte Delikatessen wie "I Believe In Rock'n'Roll", "Under The Blade" und "The Fire Still Burns" gab es ebenso zu hören wie die wunderbare Kultballade "The Price" und das atmosphärische und von Dee Snider grandios inszenzierte "Burn In Hell".

Spätestens jetzt haben TWISTED SISTER das See-Rock 2014 für sich gewonnen; solche Stimmung herrschte noch bei keiner anderen Band, und TWISTED SISTER hielten schließlich das, was die SCORPIONS versprochen hatten, aber leider so gar nicht einlösen konnten. Zwischendurch bedankt sich Dee auch noch bei Mutter Natur dafür, dass sie an diesem Tag mit angenehmem Wetter gedient hat (O-Ton: "Thanks mother nature, for not being a cunt today."), und entschuldigt sich auch beim Publikum dafür, dass TWISTED SISTER mehr als dreißig Jahre gebraucht hätten, um wieder nach Österreich zu kommen - nach so einer Show darf man aber doch auf eine baldige Wiederholung hoffen. Eigentlich hätten die Jungs dann auch schon nach "I Wanna Rock" Schluss machen können, aber man ließ sich es dann doch nicht nehmen, auch noch "S.M.F." nachzulegen, und die versammelte Meute endgültig auszupowern. Erneut ganz großes Kino von TWISTED SISTER; hier merkt man einfach die gnadenlose, harte US-amerikanische Schule, und Dee Snider zeigt mit jedem Atemzug, was ein richtiger Rock'n'Roll-Frontmann zu sein hat. Hier gibt es nur Vollgas, hier gibt es keine Gefangenen, hier gibt's nur Rock'n'Roll - TWISTED SISTER leben das auch mit fast sechzig Jahren immer noch mehr als neunzig Prozent aller anderen Bands. Und bei aller Glückseligkeit ob einer solchen Performance - einmal mehr wird dadurch die Frage aufgeworfen, wie es denn wohl weitergehen soll in der Zukunft, wenn Bands wie TWISTED SISTER dann doch irgendwann die Segel streichen und den "jungen Wilden" Platz machen sollten; wer kann denn da diese übergroßen Fußstapfen füllen, wer soll in Zukunft die Festivals und Stadien dieser Welt auf so hohem Niveau rocken? Das ist wohl eine Frage, die nur die Zukunft selbst beantworten kann - vorerst feiern wir noch liebend gerne die eine oder andere Party mit den "sick motherfuckers" von TWISTED SISTER! [Dragonslayer]

SLAYER

Was soll man zu SLAYER noch viele Worte verlieren? Als "Mitternachts-Special" und "Deadliner" zum diesjährigen See-Rock eingeladen entern die Mannen rund um Fronter und Bassist Tom Araya auch recht pünktlich ohne viel Pomp und Schauspiel die Bühne - SLAYER lassen wie immer die Musik für sich sprechen. Und so gibt's zum passenden Ambiente einer düsteren Lightshow Kracher der Marke "Hell Awaits" und "The Antichrist" zum Aufwärmen, als Hauptgang dann "War Ensemble", "Born Of Fire" und die "Seasons In The Abyss" - und auch wenn anfangs der Sound für eine Band wie Slayer doch etwas dürftig war, kamen die Herren dann zum Ende hin doch gut in Fahrt, und lieferten als Abschluss noch ein Hitfeuerwerk der ganz großen Klassiker: denn mit "Raining Blood", "Black Magic", "South Of Heaven" und schließlich "Angel Of Death" lässt sich ein Festival halt wirklich amtlich beenden. [Dragonslayer] Damit steht das See-Rock 2014 auch schon in den Büchern, und auch wenn der erste Tag mit starken Qualitätsschwankungen kämpfen musste (die Altrocker von URIAH HEEP und STATUS QUO top, dagegen SABATON, THE BOSSHOSS und die SCORPIONS flop), konnte der "Heavy Metal Day" aber eigentlich auf ganzer Linie überzeugen, denn ab DIMMU BORGIR herrschte konstant gute Stimmung, und mit TWISTED SISTER hatte man auch einen Überraschungskracher der Sonderklasse mit dabei, mit dem wohl nur wenige Fans gerechnet hätten - zumal die Band in unseren Breitengraden ja doch nicht so bekannt und beliebt ist. An der Gesamtorganisation ließen sich freilich noch einige Details verbessern; speziell von Campern wurden doch einige Sachen bemängelt, die man in Zukunft verbessern sollte. Wer sich daran jedoch nicht stößt, und bereit ist auch mal etwas tiefer in die Tasche zu greifen für VIP-Tickets und Hotel, dem wird am See-Rock die wohl sensationellste Festival-Location des Landes geboten. Man darf gespannt sein, wie es 2015 mit dem See-Rock weitergeht!


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