17.08.2014, Viper Room

TIM "RIPPER" OWENS

Veröffentlicht am 21.08.2014

Es ist Mitte August, und das Sommerloch im Konzertkalender hat in Wien knallhart zugeschlagen. An jeder Ecke finden Festivals statt, von Wacken bis zum Frequency, und in Wien selbst ist quasi tote Hose - doch im Viper Room in Wien wird sämtlichen Konventionen getrotzt. Ex-JUDAS PRIEST-Röhre TIM "RIPPER" OWENS ist mal wieder auf Tour, und gibt sich auch in der Hauptstadt die Ehre. Mit dabei hat er noch STARBLIND sowie die Iren von SANDSTONE, die ihn schon bei seiner letzten Solotour begleiten durften. Doch das Sommerloch ist halt leider kein bloßes Theoretikum, und die notorische Bequemlichkeit der Wiener Szene auch nicht - und so hat es an diesem Sonntagabend gerade mal etwa fünfzig Nasen in den Viper Room verschlagen, was für eine Stimme wie jener des RIPPER eigentlich schon fast eine Frechheit ist. Aber gut, es ist auch verständlich: Seine großen Zeiten bei JUDAS PRIEST und ICED EARTH liegen bereits deutlich über zehn Jahre zurück, und die folgenden Soloprojekte mit BEYOND FEAR oder CHARRED WALLS OF THE DAMNED waren ebenfalls nur von mittelmäßigem Erfolg gekrönt. Nichstdestoweniger versucht es der RIPPER diesmal wieder im Alleingang, und bereits der Opener STARBLIND macht eine durchaus formidable Figur. Vor allem die Instrumentalisten wissen hier durchaus gekonnt zu agieren, wenngleich Sänger Mike Stark der erst 2013 gegründeten schwedischen Truppe ein wenig neben der Spur wirkt: Leicht nach vorne gebeugt, ein wenig wirr singend wirkt er eher, als hätte er ein oder zwei Bier zuviel erwischt. Jedenfalls zocken sich die Schweden brav durch den geradlinigen Heavy Metal ihres Debütalbums "Darkest Horrors" und liefern passable Unterhaltung für die Fans in der ersten Reihe. Dies sei deshalb gesagt, weil es zu diesem Zeitpunkt eigentlich nur eine erste Reihe gab. SANDSTONE dagegen kamen dann aber gleich auf einem musikalischen anderen Level daher. Deutlich proggiger als STARBLIND zuvor gehen die Iren zu Werke, und hier sind es besonders die beiden Gitarristen Stevie McLaughlin und Dee Kivlehan die beeindruckende Akzente setzen: Pfeilschnelle zweistimmige Solos, flotte Arpeggios und solide Riffarbeit liefern das Grundgerüst für den Power Metal von SANDSTONE, der schließlich von Sänger Sean McBay abgerundet wird. Die Erfahrung von mittlerweile vier Studioalben (zuletzt "Delta Viridian") merkt man dem Gespann natürlich an, und so können die Iren sicherlich die (leider immer noch nur recht spärlich) vorhandenen Fans für sich begeistern. TIM "RIPPER" OWENS schließlich hat diese Tour logistisch raffiniert gelöst: Anstatt nämlich auf eine eigene separate Backing-Band zu setzen, werden einfach die Instrumentalisten von SANDSTONE direkt nochmal als Arbeitstiere eingespannt (was auch das etwas eigenwillige Logo auf den Sidedrops erklärt, dass des RIPPERs Kreuz und das "S" von SANDSTONE kombiniert), und zocken sich gemeinsam mit TIM OWENS durch ein Stückchen Metal-Geschichte. Aber im Gegensatz zur fulminanten Götter-Setlist des letzten Gastspiels legt der RIPPER diesmal überraschenderweise den Fokus eher auf die JUDAS PRIEST-Alben unter seiner Beteiligung: Zwar wurde gleich mal zu Beginn mit "The Ripper" nach der klassischen OWENS-Ansage mit "What's my name?!" ein amtlicher Klassiker gebracht, aber recht rasch fokussierte man dann die Setlist auf Tracks wie "Jugulator", "Blood Stained", "Burn in Hell", "Dead Meat" und "Death Row" (und damit satte fünf Songs vom nicht unbedingt beliebten "Jugulator"-Album). Mittlerweile haben sich dann doch alle Fans vor der Bühne eingefunden (und somit gibt es zwischenzeitlich daher immerhin zirka drei Publikumsreihen vor der Stage), und feiern das Gewaltorgan des RIPPER amtlich ab - und zwar sowohl die vielleicht nicht so beliebten JUDAS PRIEST-Sachen der "Jugulator"- und "Demolition"-Phase, wie auch große Klassiker der Marke "Diamonds and Rust", "Metal Gods" oder natürlich den gewaltigen "Painkiller", den wohl derzeit niemand so großartig zu singen vermag wie TIM "RIPPER" OWENS. Dass sich quasi die gesamte Wiener Heavy Metal-Szene eine solche Großtat zum moderaten Eintrittspreis entgehen lässt, legt leider wieder einmal beredtes Zeugnis über den maroden und eigenwilligen Zustand der Wiener Szene ab. Aber sei's drum - den paar vorhandenen Fans gefällts ausnehmend gut, der RIPPER wird lautstark unterstützt, und auch weniger populäre Songs wie etwa "Lost and Found" vom "Demolition"-Album, die "Scream Machine" aus der BEYOND FEAR-Zeit oder auch das durchaus hörenswerte "Starting Over" seiner 2009er-Solo-Scheibe "Play My Game" wissen zu gefallen. Eine schöne Überraschung gab's dann aber mit der ICED EARTH-Hymne "Ten Thousand Strong", mit der wohl eher niemand gerechnet hätte; und auch hier machen die Instrumentalisten von SANDSTONE an den Backing Vocals eine sehr gute Figur. Ein weiteres Zuckerl gab's mit dem KING DIAMOND-Cover "Abigail". Nach dem Ende des regulären Sets lässt sich der RIPPER dann noch für zwei Zugaben erweichen, doch nach "One On One" vom "Demolition"-Album ist dann doch endgültig Schicht im Schacht. Dennoch, mangelnde Professionalität angesichts des überschaubaren Publikums kann man dem RIPPER absolut nicht vorwerfen; TIM OWENS gab auch vor knapp fünfzig Nasen volle Energie, und die versammelte Meute dankte es ihm augenscheinlich. Persönlich vermisste ich zwar doch noch zwei, drei der ganz großen JUDAS PRIEST-Klassiker wie etwa ein "Electric Eye", "Breaking The Law" oder auch "Living After Midnight", auch der eine oder andere DIO-Song aus seiner DIO DISCIPLES-Zeit hätten dem Set sicher gut getan - denn die wirklich zwingendsten JUDAS PRIEST-Kracher sind halt "Jugulator" und "Demolition" dann doch nicht. Alles in allem ein durchaus hochklassiger Konzertsonntag im Viper Room, der definitiv mehr Publikum verdient gehabt hätte. Es darf gehofft werden, dass die kommenden Shows in einer von Wiens kultigsten Metal-Locations wieder besser besucht sein werden.


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