14.03.2015, Club From Hell

Gernotshagen, XIV Dark Centuries

Veröffentlicht am 01.04.2015

Der Dammasch auf einem Pagan-Metal-Konzert. Gab Zeiten, da hätte ich darüber selbst geschmunzelt. Aber man wird ja älter und, ganz gelegentlich, auch toleranter. Und weil die Leute von GERNOTSHAGEN und XIV DARK CENTURIES wirklich nett sind, soweit ich sie kenne (THE PRIVATEER sind Piraten, mit denen redet man sicherheitshalber nicht), wird's nun Zeit mal genauer hinzuschauen, ob das musikalisch am Ende doch mehr kann, als ich so dachte.

Zunächst mal wird klar: Das From Hell ist, mal wieder, voll bis fast zum Anschlag. 200 Leute, die zumindest die beiden Headliner sicher schon ein Dutzend mal gesehen haben, machen insgesamt gut Stimmung, und überhaupt verbreitet sich ein familiäres Thüringen-Connection-Flair. Damit haben THE PRIVATEER als Opener anfangs etwas zu kämpfen, denn die kommen aus Frei(beuter)burg. Oder Freiburch, wie der sympathische Fronter Pablo Heist auf Publikumsnachfrage bekräftigt. Überhaupt ist das Sextett unterhaltsam, mit stilechter Bühnenkleidung, Trinkspielen auf ihren guten Kumpel Klaus Störtebeker (letztlich auch wurscht, bei Freischnaps fragt man ja nicht nach) und Musik von ihren beiden 2011 und 2013 erschienenen Platten, die selbstverständlich mit Piraten nichts zu tun hat, aber folgerichtig an ALESTORM erinnert. Ganz so routiniert zocken THE PRIVATEER zwar nicht, und gerade beim cleanen Gesang und der Violine wird's gelegentlich auch schief, aber dafür ist's ja auch live. Mit zunehmender Spielzeit segelt sich die Truppe dann aber warm und bekommt mit ihrem Party-Folk-Metal auch mehr als nur die Anstandsrückmeldungen.

XIV DARK CENTURIES feiern dann nach kurzer Umbaupause auf der Hälfte ihres insgesamt sehr routinierten und von rüpelhaften Publikumsspäßchen durchzogenen Gigs den Abschied ihres Gitarristen Uwe, der quasi im fliegenden Wechsel durch seinen noch sichtlich beeindruckten Nachfolger Richy ersetzt wird. Und siehe da - kein akustischer Unterschied zu erkennen. So gehört sich das! Wobei die Trademarks der Truppe wohl auch eher in der sehr omnipräsent-folkigen Leadgitarre und den Vocals bestehen, und die liefern Leadgitarrist Roman - sexy mit freiem Oberkörper - und Frontmann Michel sauber und durch das gesamte einstündige Set ab. Live wirkt die Band zudem deutlich brutaler und dynamischer als zumindest auf ihren alten Platten, wobei gerade die Tracks der immer noch aktuellen Scheibe "Gizit Dar Faida" ("Schlachtgesang", "Donars Söhne" und vor allem "Zeit der Rache") gut reinknallen und deutlich den Black-Metal-Bereich streifen. Das in Kombination mit den noch sehr kitschigen Pagan-Metal-Klassikern der ersten beiden Alben (pseudo-weihnachtlich mit Tambourin in "Julenzeit" oder orgelnd in "Falsche Propheten") sind genau die Vollbedienung, die sich das From-Hell-Publikum gewünscht hat. Als Dankeschön gibt's deshalb mit "Svava" auch immerhin einen neuen Song zu hören, bevor XIV DARK CENTURIES als gefühlter Headliner die Bühne verlassen.

Mittlerweile ist es spät geworden, das Backstagebier war sicherlich kalt, wohlschmeckend und verleitet gelegentlich zu Übermut (XIV-Gitarrist Roman: "beim Mario Kart zock' ich dich ab!"), als GERNOTSHAGEN die Bühne betreten. Konzeptionell und musikalisch ist die Band immerhin deutlich düsterer und undurchschaubarer als XIV DARK CENTURIES, was aber möglicherweise auch an der heute seltsam leisen Leadgitarre Maik Pompluns und dem latent in den Death Metal tendierenden Gesang des herumtigernden Fronters Daniel Möller liegen mag. Insgesamt fällt es GERNOTSHAGEN anfangs sichtlich nicht leicht, das Stimmungslevel hoch zu halten - andererseits ist die Band nach über 15 Jahren und drei Alben mit durchaus auch refrainlastigen Songs ("Schlachtenbruder" von der noch aktuellen "Weltenbrand"-Platte zum Beispiel) eingespielt genug, um das heimische Publikum überzeugen zu können, sodass nach weit über einer Stunde Spielzeit dann auch noch eine Zugabe drin ist. Nach fast drei Stunden Pagan Metal in verschiedenen Ausprägungen tropft dann auch der Schweiß von der Decke, und insgesamt muss ich sagen: Wird nicht mehr mein Lieblingsgenre, aber die Stimmung war nett. Hab' sogar Leute lachen (!) sehen.


WERBUNG: Hard
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