28.10.2015, Fängelset, Göteborg

SHINING

Veröffentlicht am 10.11.2015

Im düsteren Hinterhof des ehemaligen Göteborger Gefängnisses Fängelset findet sich eine anfangs noch kleine Schar an Menschen ein, um den Tourauftakt der Blackjazzer SHINING mitzuerleben. Hinter den einst schwedischen Gardinen offenbart sich sofort die nordische Strenge in Sachen Alkohol - Bar und Bier sucht man hier vergebens. Ist aber auch egal, denn JACK DALTON lassen bereits die ersten Töne anklingen. Gespielt wird rockiger Hardcore mit ganz schön melodiösen Einflüssen. Ob es da schon bald einige Nummern in Richtung Postcore geben wird? Man weiß es nicht. Die Stimmung ist jedenfalls von Beginn an großartig und lässt auf eine noch bessere Fortsetzung hoffen.

CALIGULA'S HORSE

Bärtig, langhaarig und blond bis brünett könnte man dieses Quintett auch im tiefsten Schweden vermuten. CALIGULA'S HORSE haben allerdings keine Kosten und Mühen gescheut, und sind extra aus Australien angereist und zwar für ihr erstes Konzert ("Ever!") außerhalb des Heimatkontinents. Mit einer ungemeinen Lässigkeit wird ein Set eingespielt, welches von Minute zu Minute progressiver wird. Wundert man sich erst noch über die beiden Sieben-Saiter (inklusive Katzengurt), wird spätestens zum vertrackten "Daughter Of The Mountain" klar, warum hier gar so schwere Geschütze aufgefahren werden. Der lockere Retro-Sound hat sich unverschämterweise ein bisschen was vom OPETH-Baum stibitzt - macht aber gar nichts, denn die Mischung aus alt und neu ist außerordentlich gut gelungen.

SHINING

Energisch, gold-glänzend und unglaublich laut läuten die ersten Takte von SHINING eine unruhige Performance ein. Da es sich hier um das erste Konzert seit dem Release des siebenten Studioalbums „International Blackjazz Society“ handelt, sind die Erwartungen groß und die Ansprüche hoch. Ohne zu zögern wirft Multiinstrumentalist Jørgen Munkeby dem Publikum gleich zu Beginn ein komplexes Saxofon-Gewirr entgegen und starrt mit den ersten Reihen um die Wette.

Zu "Fisheye" verdichtet sich die Stimmung im Saal und das gesamte Publikum rückt noch ein Stück weiter richtig Bühne. Neugierige Augen beobachten wie sich der Fronter mal ans Saxofon, mal an Gitarre oder Mikro wirft und Keyboarder Eirik Tovsrud Knutsen in die Tasten haut - wobei jeder Handgriff, jede Note sitzt. Die Performance wirkt gut durchstudiert, hat aber nichts von schnöder Routine.

„Man muss viel üben – naja, vielleicht nicht viel, aber sagen wir genug. Wir haben oft Bandproben, die wie Konzerte aufgebaut sind. Wir hatten auch schon Proben, bei der unsere einzige Lichtquelle ein Stroboskop war. Solche Sachen helfen dir, dich auf alle Arten von Live-Situationen vorzubereiten,“ verrät Jørgen beim anschließenden Interview im Tourbus.

Das handwerkliche Geschick von Drummer Tobias Ørnes Andersen, der auf dem aktuellen Album seinen Einstand feiert, wird spätestens bei "Last Day" deutlich. Der Song brettert durch die Halle und ruft einem sofort die schwindelerregenden Bilder der beeindruckenden Videoperformance auf „Trolltunga“ (einem Felsvorsprung im norwegischen Gebirge) ins Gedächtnis.

Wir haben schon öfter solche Dinge gemacht, zum Beispiel haben wir ein Video in der Wüste in Kalifornien aufgenommen, aber Trolltunga war definitiv das bisher Spektakulärste. Es war absolut verrückt und wirklich gefährlich. Wir mussten alles genauestens vorausplanen und haben zwei Tonnen an Equipment dort hinauf geflogen,“ erzählt Fronter Munkeby später.

Vom chaotischen "Helter Skelter", über das rockige "I Won’t Forget", bis hin zur gemächlichen Ballade "House Of Control" sind in der Setlist alle Highlights der letzten Alben vertreten. Die neuen Songs erscheinen als logische Fortsetzung von fünf Jahren Blackjazz und positionieren sich mit ihren Industrial-Klängen in den Leerräumen zwischen Rock, Jazz und Metal. Der Tourauftakt ist mehr als gelungen, die Menge erschöpft und schließlich nur noch glücklich.

Setlist (ohne Anspruch auf Vollständigkeit):

The One Inside
The Last Stand
Burn It All
My Dying Drive
Fisheye
Helter Skelter
House Of Control
Last Day
Thousand Eyes
Need
I Won’t Forget
  Encore
Damage Done


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