28.11.2015, ((szene)) Wien, Wien

BEYOND THE BLACK & MASTERPLAN

Veröffentlicht am 04.12.2015

Egal, wohin man seinen Blick in der Melodic-Metal-Landschaft schweifen lässt, anno 2015 stolpert man früher oder später über die Jungs und Mädel von BEYOND THE BLACK. Erst 2014 "entdeckt" und flugs die erste Show gleich am renommierten Wacken Open Air gespielt - das macht natürlich hellhörig und sorgt für Aufsehen. Aber genau das war ja auch die Intention dahinter: Denn letztlich wurde hier ein Projekt aus der Taufe gehoben, das ideal maßgeschneidert für die aktuelle Female-Fronted-Metal-Szene im Fahrwasser von WITHIN TEMPTATION zu sein scheint und mit massiver und ausgeklügelter Promotion-Arbeit und kräfitgem Backing durch die Wacken-Organisatoren und ein Major-Label wie Universal Music wurde die Band schnell zum veritablen Headliner-Status gepusht. Von Auftritten auf sämtlichen Metal-Festivals und Kreuzfahrten Europas über Touren mit SAXON und Auftritte im deutschen Fernsehen hin zur ersten eigenen Tour vor ausverkauften Hallen in Deutschland mit MASTERPLAN im Vorprogramm - BEYOND THE BLACK haben sich in nur einem Jahr einen fixen Platz in der Metal-Szene erspielt und gastierten nun erstmals als Hauptact in der österreichischen Hauptstadt, um diesen Status auch hierzulande zu zementieren.

Gut, man kann nun über die Methode der Bandschöpfung diskutieren und diese für gut oder schlecht befinden; man kann auch über die mittlerweile schon fast an Überpräsenz grenzende Allgegenwärtigkeit der Band streiten (just wurde die Truppe nun auch als Support-Act für die SCORPIONS auf deren Jubiläumstour bestätigt); aber am Ende des Tages steht ja immer noch die Musik und die Frage, ob eine Band ihr Publikum unterhalten kann. Und davon wollte sich auch Stormbringer an diesem Novemberabend in der Szene Wien ein Bild machen.

Den Eröffnungsposten übernahmen diesmal ja keine Geringeren als ex-HELLOWEEN-Gitarrero Roland Grapow und seine MASTERPLAN, die mit Neo-Sänger Rick Altzi, der den kurzzeitig zurückgekehrten Jorn Lande am Sangesposten abgelöst hat, wieder mehr zu einer echten Band zusammengewachsen sind. Die Szene Wien ist vorerst nur mäßig gefüllt, etwa 200 bis 250 feierwillige Power-Metaller haben ihren Weg auch schon zu MASTERPLAN gefunden und die Band startet gleich mal fulminant mit einem Doppel vom famosen selbstbetitelten Debütalbum in ihr Set: "Enlighten Me" und "Spirit Never Die" schmettert die Band ins Publikum, und auch wenn der Sound etwas zu wünschen übrig lässt - Sänger Rick ist fast überdimensional laut, während die Gitarre von Roland Grapow nur ansatzweise hörbar ist - so wird das kurze, aber knackige Set der internationalen Truppe [nebst Schwede Altzi ist mit Bassist Jari Kainulainen (ex-STRATOVARIUS) auch ein Finne mit an Bord] dennoch vom Publikum goutiert und amtlich abgefeiert.

Fronter Rick tut sich natürlich bei den Songs des von ihm eingesungen aktuellen Albums von MASTERPLAN etwas leichter, und so geht ihm "Keep Your Dream Alive" leichter über die Lippen als etwa ein "Soulburn", aber das Abschluss-Doppel von "Heroes" (mit stimmlicher Unterstützung von Gitarrist Grapow) und "Crawling From Hell" meistert er dennoch famos. Es erschließt sich zwar mir noch immer nicht, warum gerade dieser Song immer als Abschlussnummer von MASTERPLAN-Sets herhalten darf, zumal er mit einem für mich nur höchst verzichtbaren "Refrain" - sofern von einem solchen gesprochen werden kann - aufwartet. Aber sei's drum; die Performance kommt beim Publikum an, die humoristischen Geplänkel zwischen Sänger Rick (der sich auch mal an seinem Deutsch versucht) sowie Roland Grapow und Keyboarder Axel Mackenrott sorgen für Schmunzler zwischendurch und die Songauswahl geht ebenfalls in Ordnung. Man kann also getrost sagen, dass es wieder aufwärts geht mit MASTERPLAN nach dem Comeback-Album "Novum Initium" und man darf auf weitere Releases der Truppe gespannt sein!

Nach dem Umbau wird aber schnell klar, dass das Gros des Publikums letztlich doch für BEYOND THE BLACK angereist ist - wiederum eine Bestätigung des funktionierenden Marketing- und Bandkonzepts. Die Szene hat sich mittlerweile auch noch ein weniger dichter befüllt, wenngleich für eine samstägliche Headlinershow freilich noch Raum nach oben bleibt; aber für eine Band, die gerade mal ein Jahr existiert, ist das dennoch eine beachtliche Leistung.

Und es ist freilich nicht alles künstliches Marketing-Achievement bei BEYOND THE BLACK, denn, das Konzept mal kurz hintangestellt, am Ende des Tages haben wir es hier nicht nur mit Profimusikern an ihren Instrumenten zu tun, sondern auch mit äußerst sympathisch agierenden Performern auf der Bühne und einer Sängerin, die trotz ihrer erst zwanzig Lenze sowohl mit stimmlicher Profizienz als auch guter Stagepräsenz überzeugen kann. Und das stellt die Band auch vom ersten Augenblick an eindrucksvoll unter Beweis: Toller Sound, tighte Performance, routiniertes Stageacting - hier passt das Gesamtpackage und gut komponierte Songs wie "Fall Into The Flames", "Drowning In Darkness" und "Afraid Of The Dark" machen den Start ins Set von BEYOND THE BLACK zu einem durchaus vergnüglichen Erlebnis.

Das Publikum dankt's und singt auch gleich lautstark mit. Natürlich reicht bloß ein eigenes Album noch nicht ganz für eine komplette Headlinershow aus und so haben auch einige Coverversionen ihren Weg ins Set von BEYOND THE BLACK gefunden: Das bereits vom Album bekannte "Love Me Forever"-Cover von MOTÖRHEAD, vorgetragen von Sängerin Jennifer am Piano sorgt für Gänsehautmomente, "Awake And Alive" von SKILLET bringt etwas Moderne in den Sound des Abends, und die 2015er-Wacken-Hymne "Rage Before The Storm" (im Original von Sängerin Jennifer und Herbie Langhans von BEYOND THE BRIDGE eingesungen) wird ebenfalls gekonnt von Jennifer und Gitarrist Chris als Duettpartner intoniert und gerade letzterer fungiert immer wieder als Draht zum Publikum und punktet mit stimmigen Ansagen und gelungener Animationsarbeit.

Ein richtiges Stimmungshoch gibt's dann natürlich mit der Single "In The Shadows", bei der auch das Wiener Publikum bereits lautstark mitsingt und mit "Sacrifice" gibt's noch ein Cover von SAXON obendrauf.

Nach einem obligatorischen Drumsolo von Zeugler Tobi Derer (und der gute Mann kann trommeln - man genehmige sich auch seine "Ultimate Music Covers"-Videos, die er seit geraumer Zeit gemeinsam mit BEYOND THE BLACK-Gitarrero Nils Lesser auf YouTube veröffentlicht), geht das reguläre Set dann mit "When Angels Fall" weiter und dem stimmungsvollen "Songs Of Love And Death" weiter. Sodann gibt's eine kurze kreative Pause, ehe mit "Unbroken" und der "Fear Of The Dark"/"Master Of Puppets"-Tribute-Hymne "Hallelujah" im Zugabenblock die Show dann beendet wird.

Was bleibt also von BEYOND THE BLACK an diesem Abend? Jedenfalls ein sehr positiver Eindruck: Eine junge Band, die viel Spielfreude an den Tag legt, ihre Instrumente freilich beherrscht und der auch einige richtig gut funktionierende Songs auf den Leib geschrieben wurden; das alles kombiniert mit einer reizenden und stimmsicheren Sängerin ergibt natürlich ein schlüssiges Konzept, das genau auf die Zielgruppenhörer zwischen WITHIN TEMPTATION (viel!) und NIGHTWISH (ein bisschen!) abzielt und dort auch bombensicher einschlägt.

Wie eingangs erwähnt kann man über die massiven Marketing-Maßnahmen, um eine junge Metal-Band möglichst rasch dick im Mainstream zu positionieren, sicher diskutieren und gerade in der Metal-Szene ist so eine Herangehensweise sicher etwas ungewöhnlicher (wenngleich auch nicht unbekannt) und dürfte auch für einigen Zündstoff sorgen. Doch "Konzept-Band" hin, Beinahe-Überpräsenz her - die Musik passt bei BEYOND THE BLACK dank hervorragender Songwriter im Hintergrund und mit ihrer energiegeladenen Performance kann die junge Truppe auch in der Livesituation vollkommen überzeugen. Bei den Fans kommt das an und so erspielen sich auch die Jungs und Mädel von BEYOND THE BLACK mit viel Schweiß und Herzblut ihre Existenzberechtigung in der Szene. Freilich hat es die Band auf Grund der genannten Umstände vielleicht etwas leichter als viele andere Acts in der Szene Fuß zu fassen (wer spielt schon seine erste Show am Wacken Open Air und geht nur wenige Monate später gleich mal mit den SCORPIONS auf Tour?), aber es liegt dann letztlich immer noch an den Künstlern selber, das Beste aus so einer Chance zu machen.

Da legen sich BEYOND THE BLACK allemal ins Zeug und es wird mit Sicherheit sehr interessant bleiben, den weiteren Werdegang der jungen Truppe aus Deutschland weiterzuverfolgen. An diesem Abend bestätigen BEYOND THE BLACK jedenfalls das in sie gesetzte Vertrauen und Freunde von Female-Fronted-Metal, die mit den genannten Genregrößen etwas anfangen können, werden bald auch um BEYOND THE BLACK nicht mehr herumkommen - dafür macht die Band einfach zu viel richtig.


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