20-02-2016, Backstage (Halle), München

Heavy Metal's Calling 2016 feat. PRIMAL FEAR & BRAINSTORM

Veröffentlicht am 25.02.2016

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Das zweite Wohnzimmer Backstage ruft - und Stormbringer folgt! Zum Heavy Metal's Calling zog es zwei Stormbringer-Redakteure an einem Samstag Nachmittag, an dem sich die Halle des Backstage (für Nicht-Kenner: das ist die mittelgroße Location) als komplett ausverkauft präsentierte. Für die Abendunterhaltung des augenscheinlich geradezu nach Schwermetall gierenden Publikums waren gleich vier deutsche Bands zuständig, nämlich PRIMAL FEAR, BRAINSTORM, SCAVANGER und PHANTOM LORD, österreichische Unterstützung kam von LIQUID STEEL und für die internationale Note sorgten die Kanadier von STRIKER.


Deutsch, bzw. ur-bayrisch ging es los mit PHANTOM LORD - Gitarre umgehängt, Maßkrug in der Hand "Des basst scho!". Die fünf Herren aus der Gegend von Rosenheim feierten im Zuge des Heavy Metal's Calling bereits ihren 30. Geburtstag und stießen darauf auch ausgiebigst auf der Bühne an - zumindest wurde der Gerstensaft, der auf der Bühne stets griffbereit war, auch entsprechend besungen. Musikalisch wurde heftigst in die klassische Heavy/Powermetal-Kerbe geschlagen, allerdings blieb vom eher generischen Songmaterial des Fünfers beim Zuseher nicht allzu viel hängen. Auch gesanglich konnte man einige Schwächen verorten, denn bisweilen entfernten sich die Tonlagen der Musik und des Sängers ein wenig voneinander. Merkbar war das vor allem beim ACCEPT-Cover "Balls To The Wall", zu dem das schon recht zahlreich anwesende Publikum aber aufwachte und die Darbietung mit zahlreichen gen Hallendecke gereckten Fäusten goutierte. Nicht fehlen durfte auch ein MOTÖRHEAD-Tribute - "Ace Of Spades" natürlich - welches vom Bassisten intoniert wurde, der die Reibeisenstimme von Lemmy ziemlich gut hinbekam. Dem Publikum gefiel's und es spendete auch ordentlichen Applaus - unterm Strich aber ein eher durchschnittlicher Auftritt.

 

LIQUID STEEL sorgten hernach für den österreichischen Beitrag des kleinen Festivals - von der Stormbringer-Kollegin Lady Cat augenzwinkernd als "Hair-Metal-Band" klassifiziert, hinterließen die Tiroler Burschen eine ganz kräftige Duftmarke im Backstage. Eine akustische allerdings, denn bis auf den Haarreichtum und die fluffigen Frisuren (ein kleines Stormbringer-Schreiberleinchen ward durch die fliegende Haarpracht perfekt unterhalten...) hatten die Fünf nur wenig mit weichgespülten Kapellen des Sunset Strips gemeinsam. Vielmehr wurde den ausladenden NWoBHM-Riffs gehuldigt, mit einer deutlichen Schlagseite in Richtung IRON MAIDEN, sowie gelegentlichen fast ein wenig thrashigen Einschüben. Beim Publikum konnten die Tiroler somit ordentliche Pluspunkte sammeln, ging doch die Halle zu den Klängen der Wuschelköpfe bereits ziemlich gut mit. Die Fünf hatten sichtlich Spaß auf der Bühne, als sie ihre schmissigen Songs in die inzwischen fast volle Halle pfefferten. Die super Show die LIQUID STEEL hinlegten, zeigte sich auch anschließend darin, dass gar nicht wenige Leute am Merchstand der Tiroler zuschlugen. Gut gemacht, Jungs! Nach der Show kam es am Merchstand noch zu einigen interessanten Vorkommnissen, von denen euch Lady Cat unterrichten wird...

After the Show – also nicht richtig “After-Show” sondern eigentlich nur nach der Show von Liquid Steel und ungefähr zwischen Striker und Brainstorm kamen wir einigen Steelies näher. Nein, natürlich nicht so nahe! Nur „so“ nahe, also so in Arm-Reichweite. Also alles, was nah genug ist, einander einen Liquid Steel Aufkleber irgendwo raufzuklatschen. Das war Gitarrist Julle aber zu wenig. Wohl im Herzen ein Pfadfinder, reichte es ihm nicht, nur je einen Aufkleber auf den beiden Stormbringer-Mädels anzubringen, nein, er wollte die Mädels selbst anbringen. Jetzt nicht unbedingt wie auf dem Arabischen Kamelmarkt (eine Katze und eine Mistress sind dafür weniger geeignet), sondern einfach ganz klassisch eine Umwandlung von „Bauer sucht Frau“ in Münchner sucht Österreicherin. Womit er natürlich nicht gerechnet hatte, war die aufgrund jahrelanger musikalischer Aktivität schon fortgeschrittene Schwerhörigkeit der Redaktionskatze, die verstand, sie solle ihn mit Madam Foto verbandeln. Ein herrliches Dreiecks-Rollenspiel entstand, wo sich schlussendlich keiner mehr auskannte, wer mit wem und warum. Aber egal, lustig war es auf jeden Fall, und Julle kann sich sicher sein, dass er den Stormbringer-Mädels noch länger als Toy-Boy, äh, ich meine natürlich „Tiroler-Spaßmacher“, in Erinnerung ist.


Erneut aus der Gegend von Rosenheim, enterten als nächstes SCAVANGER die Bühne. Der Dauergast am Heavy Metal's Calling hatte das Festival, das nach dem gleichnamigen SCAVANGER-Song benannt ist, ins Leben gerufen und ist auch heute noch Mitveranstalter. Die sechsköpfige Truppe steht seit mehr als 10 Jahren für klassischen, melodischen Heavy Metal, den sie auch hier im Backstage auf das Publikum losließen. Um die Herren, die auch schon einmal Terry Pratchett's Scheibenwelt-Romane als Grundlage für ihre Songs nutzen (zB das auch an diesem Abend gespielte "Assassins Of Ankh Morpork"), kümmert sich nun Kollegin Lady Cat:

Scavanger haben ein Problem, das Publikum anzuwärmen. Sie mögen lange dabei sein und bei den Einheimischen bekannt sein, aber es kommt nicht rüber. Trotz gutem, fetten Sound kommt Null Stimmung auf. In meinen Augen schwächelt der Sänger ein wenig – er singt, ist aber kein Frontman, der die etwas lustlos herumstehenden Leute motivieren oder bewegen könnte. Seine Versuche, zum Mitklatschen aufzufordern, geht schief. Schade. Die Band spielt gut, aber song- bzw. vocaltechnisch geht das in die Hosen. Erst beim letzten Stück „Heavy Metal’s Calling“ kommt ein wenig Bewegung in die Menge und ab der zweiten Songhälfte klatschen sogar einige mit. Und das war auch schon die größte Aktivität, die man bei den Zuhörern schaffte.


Für das internationale Flair waren sodann STRIKER zuständig, die sich gleichzeitig auch den Pokal für die härteste Band des Abends abholen konnten. Ein Heavy/Speed-Gewitter mit Thrash-Einschüben brach über das Pubikum herein, das sich innerhalb kürzester Zeit von den Kanadiern vereinnehmen ließ. Verglichen mit der Vorgängerband auf der Bühne, lieferten STRIKER einen Abriss vor dem Herrn. Was für eine Speed-Granate wurde da gezündet, dass im Publikum die Haare nur so flogen und die Fäuste und Pommesgabeln wieder zu Hunderten gen Hallendecke gerissen wurden. Mit agilen, bewegungsfreudigen Musikern auf der Bühne, die auch die Kommunikation mit dem Publikum suchten und ausgiebigst posten und die Matten kreisen ließen, stimmte auch der Entertainmentfaktor für die Zuseher wieder. Eine verdammt energiegeladene Show lieferten STRIKER da ab, die bestimmt so einige Besucher spontan zu Fans der Truppe machte - die Stormbringer-Abordnung, die mit dickem Grinsen im Gesicht mitwippte, mit eingeschlossen. Den erstmals an diesem Abend so richtig lauten Applaus und die Zugabe-Rufe (die aber aufgrund des straffen Zeitplans nicht honoriert werden konnten) gab es noch als Sahnehäubchen obendrauf - so kanns weitergehen!


Über das ausverkaufte Haus und ein bestens aufgewärmtes Publikum konnten sich anschließend BRAINSTORM freuen - die Heavy-Metal-Institution aus Baden-Württemberg gehört ja mit zur Speerspitze des deutschen Powermetals. Entsprechend brauchte es nicht mehr viel, um die Halle in Ekstase zu versetzen, denn Titel wie "Fire Walk With Me", "Shiva's Tears" oder das abschließende "All Those Words" sprachen einfach für sich. Das Publikum sang mit, klatschte, jubelte und ließ sich von Fronter Andy mit seinem kultigen schwäbischen Akzent nach Belieben dirigieren. Hochprofessionell und sauber auch die Show, da wurde den Besuchern mit guter, entspannter Stimmung auf der Bühne einiges geboten! Lediglich die Stormbringer-Abordnung schwächelte etwas - die zu diesem Zeitpunkt bereits extrem stickige Luft in der Halle setzte sowohl der Redaktionskatze als auch der anwesenden Fototante gehörig zu, womit der Mittelteil der Show von BRAINSTORM zur dringend notwendigen Frischluftzufuhr genutzt wurde - ein Teil der Show konnte somit nur akustisch verfolgt werden, doch die Stimmung im Publikum war sogar draußen noch hörbar - aber hallo! Zwar wurde ein gewisses zu kurz geratenes Stormbringer-Schreiberlein nach wie vor nicht mit der Truppe warm, doch ein proppenvolles, gnadenlos abgehendes Backstage kann nicht irren. Ein verdammt starker Auftritt - ob diesen PRIMAL FEAR noch toppen können?


Gleich vorweg, ja PRIMAL FEAR können! Die Gruppe rund um Ralf Scheepers und Mat Sinner präsentierte sich in einer beispiellosen Spiellaune, die vom bereits ausreichend warmen Publikum sofort aufgesogen und aus hunderten begeisterten Kehlen zurückgeworfen wurde. "Zum Schluss noch ein Abriss" könnte man sagen, so wie Zuschauer im ausverkauften Backstage zu den sechs, man möchte fast sagen Powermetal-Veteranen, abgingen. Spielfreude und Emotion auf der Bühne, Enthusiasmus und Feierlaune vor der Bühne - Herz, was willst du mehr? Vielleicht noch einen Ralf Scheepers der eine Show abzog, die ihresgleichen suchte - was auch immer der Typ trainiert, bei ihm musste man ja fast Angst haben, dass er irgendwann die komplette Bühne hochhebt und sie einem im nächsten Moment auf den Schädel schmettert! PRIMAL FEAR bretterten mit solch einem Nachdruck durch ihr Set, dass es wirklich schwer bis unmöglich war, sich der Energie der sechsköpfigen Truppe zu entziehen. Auch Stormbringer schaltete das Gehirn ab und den Bang-Modus ein - die Nackenmuskeln des Berichterstatters dankten es am nächsten Tag, während die Redaktionskatze anderntags ein deutliches Ziehen im Kreuz registrierte. So muss das! So eine amtliche Schwermetall-Breitseite gibt es wirklich selten!


Zusammengefasst konnte man somit die 2016er-Ausgabe des Heavy Metal's Calling als vollen Erfolg bezeichnen! Ein ausverkauftes Haus, sechs stilistisch kohärente, aber dennoch in Nuancen unterschiedliche Bands, die ein ansprechendes Spektrum an Geschmäckern abzudecken vermochten und dazu reibungslose Organisation - das sind die Zutaten für einen perfekten Konzertabend. Wir gehen dann mal Tinnitus und Muskelkater auskurieren...


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