22.03.2016, Rockhouse, Salzburg

BOY - "We Were Here"-Tour

Text: mat
Veröffentlicht am 26.03.2016

Ja, es ist so. Ja, ich war beim BOY-Konzert in Salzburg. Ganz stormbringer-like, quasi auf Krawall gebürstet. Weil manchmal braucht das gediegene Rock/Metal-Herz auch mal etwas anderes. Man ist ja offen, man ist flexibel. Und deshalb habe ich mich – ja, ich gebe es zu – auf diesen Auftritt im Salzburger Rockhouse gefreut. „BOY?“, fragt sich geneigte AMON AMARTH-Hörer. „What the hell?“ Ganz einfach (und das hat absolut nichts mit MONEY BOY oder ähnlichen Ausprägungen zu tun): BOY ist nämlich ein weibliches Gesangsduo, jeweils zur Hälfte aus Deutschland bzw. der Schweiz stammend, das 2011 mit ihrem Überraschungshit „Little Numbers“ für Aufsehen gesorgt hat. Eine kleine, feine Singer-Songwriter-Pop-Melodie, die sich ganz schnell in die Gehörgänge des eifrigen Radiopublikums gefräst hat. Passend dazu warfen Valeska Steiner und Sonja Glass ein atmosphärisch dichtes und trotzdem federleichtes Pop-Album namens „Mutual Friends“ auf den Markt, das sich durchaus hören lassen konnte. Anschließend kehrte etwas Ruhe um die beiden sympathischen Damen ein und erst über vier Jahre später präsentierten BOY den vielerwarteten Album-Nachfolger „We Were Here“. Diese Platte zeichnet sich nun wiederum mit eingängigen Nummern aus, die viel Tiefgang mit sich bringen. Ein guter Grund also, dieses Pop-Phänomen mal live zu begutachten.

 

Und das zahlte sich durchaus aus. Obwohl Krawall an diesem Abend alles andere als erwünscht war, führten BOY durch ein stimmungsvolles, kompakt-knackiges Konzert, bei dem die (leisen) Zwischentöne regierten - der minimalistische Pop funktioniert auch auf die Bühne transportiert hervorragend. Glass und Steiner legten einen sympathischen Auftritt hin, punkteten mit ihrer ausgeprägt guten Laune und präsentierten ihren nunmehr größer gewordenen Songkatalog voller Inbrunst und Leidenschaft. Das ist natürlich kein Konzerterlebnis der normalen Art, wie man ihn als Rock- und Metal-Fan gewöhnt ist. Ganz im Gegenteil – hier muss die Aufmerksamkeitsspanne aufgrund der zurückhaltenden Töne noch größer sein, hier geht es noch mehr ums Detail. Das strengt an, das ist aber auch schön. Der Funke will aber trotzdem nicht so ganz zünden. Vielleicht liegt es an mir, vielleicht an meiner normalen Vorliebe für die etwas härtere musikalische Gangart (obwohl mein Musikgeschmack auch im Metal-Bereich schon sehr zum Eingängigen tendiert) – es ist auf alle Fälle nicht ganz leicht, den Spannungsbogen in solch einer atmosphärischen (und vor allem ausverkauften!) Halle bis zum Schluss durchzuhalten. Die Setlist stellt zwar einen gelungenen Mix aus neueren Titeln und Songs vom Debütalbum dar, es fällt aber auf, dass so mancher Song auf Konserve besser funktioniert, wenn man allein zuhause auf der Couch chillt und sich durch den Kopfhörer berieseln lässt. Dabei geht es gar nicht um die Qualität des Songmaterials, ganz im Gegenteil, dieses ist mehr als hochwertig für doch ziemlich eingängige Pop-Nummern. Es geht eher um die Lautstärke, das Feeling des Mitnehmens, des Mitgerissenseins. Das fehlt mir an diesem Abend ein wenig, obwohl die beiden sympathischen BOY-Damen samt Backing-Band das hervorragend machen. Die "We Were Here"-Tour stellt feinste Pop-Unterhaltung dar, die mit schönen Arrangements und starken Texten zu punkten weiß. Die zurückhaltende Performance tut dabei ihr Übriges. Alles in allem auf alle Fälle ein gut gelungener Abend, der mir zwar nicht denkwürdig in Erinnerung bleiben wird, meine Erwartungen aber doch übertroffen hat...


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