01.04.2016, ((szene)) Wien, Wien

PRONG & STEAK NUMBER EIGHT & MAN.MACHINE.INDUSTRY

Text: Florian Rosenberger | Fotos: Kalti
Veröffentlicht am 05.04.2016

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Einen besseren Teaser für den folgenden Bericht als die Worte „meines“ Fotografen Kalti könnte ich selbst nicht finden. Hier also seine Worte, denen ich mich nur anschließen kann:

„Na bumm, das war ein Konzertabend. MAN.MACHINE.INDUSTRY starteten noch vor einer leeren ((szene)) Wien – Highlight des Abends und definitiv meine bisher erfreulichste Band-Entdeckung 2016 (und das nicht nur wegen des Namens): STEAK NUMBER EIGHT. PRONG setzten dann noch einen drauf und zerlegten die gut gefüllte Halle – es hätten aber gerne auch mehr Leute sein können. Zum Schluss gab es dann noch einen „besonderen Auftritt des Bassisten“ [Kalti].

Für mich war es seit 2009 das vierte PRONG-Konzert, das ich in Wien besucht habe. Diese Band muss man einfach jedes Mal sehen, wenn sie die Bundeshauptstadt beehrt. Mein erstes Konzert zum damaligen Comeback-Album „Power Of The Damager“ beeindruckte mich nachhaltig. Selten sieht man eine so saucoole Band auf der Bühne. Lange fünf Jahre musste ich bis 2014 auf das nächste PRONG-Konzert zur „Ruining Lives“-Tour warten. Damals hatten sie neben den Klassikern auch noch ein paar Songs vom starken Vorgänger „Carved Into Stone“ dabei. Letztes Jahr konnte ich aufgrund des parallel stattfindenden, aber früher endenden LYNYRD SKYNYRD-Konzerts nur noch der zweiten Hälfte der Show zum „Songs From The Black Hole“-Cover-Album beiwohnen. Bevor nun über die aktuelle "X – No Absolutes"-Tour berichtet wird, müssen die Supportbands ausführlich behandelt werden. Denn diese machten den Konzertabend des 1. Aprils 2016 erst zu einem wahrlich großartigen.

Die Schweden MAN.MACHINE.INDUSTRY starteten um Punkt acht Uhr vor drei Fotografen, meiner Wenigkeit und zehn weiteren „Hanseln“ [so wie immer in Wien eben; d. Red.]. Im Laufe der halben Stunde Spielzeit füllte sich die Halle aber zusehends, und so fanden die inflationär verteilten Plektren des Leadgitarristen und Bassisten zumindest ein paar Abnehmer, die diese vom noch halbwegs sauberen Boden aufklauben konnten. Viel wichtiger waren aber die extrem professionelle Show und das coole Auftreten der Band. Eine perfekte Supportband für PRONG!

Um euch (noch) nicht Anwesenden ein Bild zur Musik zu geben, checkt die Band mal selbst an oder kauft euch gleich das letzte Album "Lean Back, Relax And Watch The World Burn" oder das aktuelle "Box Of Horrors“. Stilistisch spielt MAN.MACHINE.INDUSTRY groovigen Heavy Metal mit einer leichten Industrial-Schlagseite, was man an den vereinzelt eingesetzten Sound-Samples erkennen konnte. Live killte die Band ordentlich, da kann stimmlich vor allem Burton C. Bell von FEAR FACTORY gegenüber dem „Rob Flynn/Max Cavalera-Lookalike“ (Zitat Kalti) J. Bergman einpacken! Ein Frontmann wie er im Buche steht, einfach ein cooler Typ!

„Seine“ Live-Band steht ihm aber in nichts nach. Vor allem Gitarrist Mattias Johansson poste, was das Zeug hielt, und sprang wild auf der Bühne herum. Auch Schlagzeuger Nicolas Podolski drosch höchst motiviert unentwegt in seine Felle. Der tätowierte Bassist Anders Sevebo ging es mit seinem Instrument in “nukularem” (sic!) Design gemächlicher an, vielleicht hatte ihm die Wiener Küche zu sehr gemundet. Laut Erzählungen des nach der Show recht gesprächigen Gitarristen hatten sich MAN.MACHINE.INDUSTRY sehr auf ihre erste Europa-Tour gefreut und vor der Show das Stadtzentrum inklusive Stephansdom besucht. Die halbe Stunde Spielzeit verging mit Tracks wie “To The Blood Red Sky”, “Aim! Hold! Fire!“ oder “Let It Burn” wie im Flug. Gerne dürfen sich MAN.MACHINE.INDUSTRY wieder in Österreich blicken lassen!

J. Bergman (MAN.MACHINE.INDUSTRY)

Was nun bei der nächsten Band STEAK NUMBER EIGHT folgen sollte, war für mich und für Kalti wahrlich ein Genuss von musikalischer und showtechnischer Finesse. Ich habe ja echt schon viel gesehen, vor allem BARONESS hatten uns beide bereits vor drei Wochen aufs Feinste beeindruckt. Die Belgier STEAK NUMBER EIGHT konnten das aber durch ihren jugendlichen Elan auf ihre speziell verrückte Art und Weise sogar noch toppen.

Schon bei der MAN.MACHINE.INDUSTRY-Show war mir ein schräger Typ in einer kurzen türkisenen Hose im Publikum aufgefallen. Als der dann plötzlich auf der Bühne stand, dachte ich mir: Selten so einen beschissen gekleideten Frontmann gesehen. Die übrigen Bandmitglieder sahen aber auch nicht wie typische Metalheads aus. Somit passten sie schon mal optisch nicht wirklich in den musikalischen Rahmen des Abends, was ein paar Konzertbesucher nicht goutieren wollten. Der überwiegende Teil des Publikums war aber fasziniert von der progressiven, schwer zuordenbaren Musik von STEAK NUMBER EIGHT.

Auch hier gilt: Checkt euch das aktuelle Album „Kosmokoma“ oder das letzte „The Hutch“. Am besten aber gebt ihr euch die Band live, denn so etwas habt ihr noch nicht gesehen! Vor allem Frontmann Brent Vanneste katapultierte sich selbst nicht nur ins Publikum, sondern über die gesamte Spielzeit hinweg in ein irrwitziges musikalisches Paralleluniversum. Er kam, er schrie, er siegte – „veni, cantavi, vici“. Unfassbar, was ein Mensch an Energie freisetzen kann, die sodann auch die gesamte Band elektrifiziert. Tracks wie das an MASTODON erinnernde „Gravity Giants“ fesselten das Publikum bis zum Schluss.

Schlagzeuger Joris Casier bekam vom Sänger vor dem Song „Dickhead“ (unbedingt Video anchecken) kurzerhand eine Banane gefüttert, mit der Ankündigung, dass es die Schale dann beim Merchandise-Stand zu erwerben gäbe (Brent Vanneste sichtete man nach der Show Chips-fressend auch wirklich dort). Ansagen waren sonst aber Mangelware, man ließ die Musik sprechen. Gitarrist Cis Deman und Bassist Jesse Surmont gingen während der Show ab wie ein Zäpfchen. Die geballte musikalische Leidenschaft einer Band live auf der Bühne ist wohl doch einer der großartigsten Momente auf Erden. Der darauffolgende frenetische Applaus war mehr als verdient.

Cis Deman (STEAK NUMBER EIGHT)

Nach den einwandfreien und überraschend genialen Auftritten der Supportbands war es für PRONG nun eine richtige Herausforderung, das Publikum über die komplette Konzertlänge hinweg zu begeistern. Fans der erfolgreichen „Cleansing“-Phase mussten eine Weile auf ihre Favoritensongs warten. Der ausgezeichnete Sound und das sympathische Auftreten des Frontmanns, des „Viechs“ Art Cruz an den Drums und des „Bad Boy“-Bassisten Jason Christopher überzeugten aber bis fast ganz zum Schluss.

Tommy Victor hatte mit seinen Klassiker-Alben und seinen drei letzten regulären Studioalben zumindest genug Auswahl für eine ausgewogene Setlist. „Ultimate Authority“ vom aktuellen und somit zehnten Studioalbum „X – No Absolutes“ diente als cooler Opener, bevor mit einem lässigen „Unconditional“ vom „Prove You Wrong“-Klassiker nachgelegt wurde. “Lost And Found” und der Titeltrack von “Beg To Differ” waren die Beiträge aus der Frühphase und “Rude Awakening” der einzige vom letzten Album der 90er Jahre. Danach kam mit “Turnover” der einzige Beitrag von “Ruining Lives”, bevor mit “Sense Of Ease” und “Cut And Try“ (zwei äußerst gelungenen Tracks!) das aktuelle Album noch ein wenig vorgestellt wurde.

Auf die nächsten vier Songs warteten aber alle, was man an den Publikumsreaktionen und dem Moshpit in der zwar nicht ausverkauften, aber gemütlich gefüllten ((szene)) Wien sehen konnte. Es folgten „Broken Peace“, „Another Worldly Device“, „Whose Fist Is This Anyway?“ und natürlich “Snap Your Fingers, Snap Your Neck”. Diese Songs bedürfen keiner weiteren Erläuterung. Ein durch das Mischen der alten und neuen Songs vielleicht nicht immer homogenes Konzert fand damit ein würdiges Finale.

Tommy Victor (PRONG)

Die Zugabe bedarf aber nochmals einer gesonderten Erwähnung. Animiert durch das übermotivierte und teilweise auch stark betrunkene Publikum wurden noch der Klassiker „For Dear Life“ und das ultracoole „Revenge…Best Served Cold“ dargeboten, wobei am Ende dieses Songs leider ein unangenehmer Vorfall den Konzertabend trübte. Das Extrem-Posen des Bassisten Jason Christopher dürfte einem übermütigen betrunkenen Fan nicht so gefallen haben, woraufhin dessen Bierbecher dem „Bad Boy“ ins Gesicht knallte. Der Bassist legte kurzerhand sein Instrument nieder, um dem Unruhestifter eine zu „panieren“ („eine aufs Maul zu hauen“ – für die deutschen KollegInnen).

Tommy Victor bekam das Ganze nur peripher mit und hoffte, dass sein außer Kontrolle geratener Bandkollege zumindest die Show zu Ende spielen würde. Das tat er mit „The Power Of The Damager“ zwar dann auch, aber noch immer extrem angepisst (mit den Worten an das Opfer: „What’s the matter with you?“). Ein bitterer Nachgeschmack aufgrund des höchst unprofessionellen Auftretens des Bassisten blieb somit leider trotz der ansonsten äußerst gelungenen Show von PRONG.

Dass Tommy Victor und sein Schlagzeuger Art Cruz nach der Show noch bereitwillig Autogramme gaben und mit den Fans plauderten, verlieh der Band dann doch wieder einiges an Credit. Nachdem dem Bassisten hoffentlich die Leviten gelesen worden sind und er sein Aggressionspotential erfolgreich bewältigt hat, freue ich mich wieder auf die nächste Show. Frei nach dem Motto Joey De Mayos nach dem MANOWAR-Konzertabbruch in Wien: „Es hätte Tote geben können!“

Jason Christopher aka Beerdestroyer (PRONG)

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