09. April 2016, Turock, Essen

MY DYING BRIDE (Feel The Misery Tour 2016)

Text: inhonorus | Fotos: inhonorus
Veröffentlicht am 16.04.2016

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MY DYING BRIDE zählten in den frühen 90er Jahren, neben den Genrekollegen von PARADISE LOST und ANATHEMA, zu den "Big Three" des Doom-Metals. Alben wie „The Angel And The Dark River“ oder „Like Gods Of The Sun“ zählen heute noch zu den Meilensteinen des Genres, und Mastermind Aaron Stainthorpe ist in gewissen Kreisen mehr als nur eine Szeneikone. Doch obwohl die Engländer um die sterbende Braut regelmäßig neues Material aus dem Tiefen des Doom schöpfen, mangelt es an Auftritten. Viel mehr hasst Mr. Stainthorpe Live-Auftritte und versucht ihnen, so sehr es in seiner Macht steht, aus dem Weg zu gehen. So wurde an diesem Samstag in Essen eine gewisse Seltenheit lebendig, als die Engländer auf ihrer „Feel The Misery Tour 2016“ (nur ganze 10 Auftritte!) im Essener Turock Halt machten.

Der Samstag frohlockte mit schönen Wetter und so waren vor dem Viehofer Platz in Essen schon einige Zeit vor dem Door-Opening viele Doom-Jünger auf den Beinen. Das anstehende Konzert war schon Tage zu vor ausverkauft gewesen und so hatten es die wenigen, die ihr erworbenes Ticket leider wieder veräußern mussten, nicht schwer einen Abnehmer zu finden.

OCEANS OF SLUMBER

Die texanischen Progressiv-Deather von OCEANS OF SLUMBER, die Anfang des Jahres mit dem schlicht betitelten „Winter“ ihre zweite Full-Length herausbrachten, fungierten am diesem Abend als Opener. Ihr neues Album „Winter“ und der darauf fein abgestimmte Mix aus Jazz, Alternative Rock, Country, Progressiv Metal, Doom, Black und Death Metal konnte vorab gute bis sehr gute Kritiken seitens der Fachpresse abräumen und so war es nicht verwunderlich, dass die Location schon sehr früh aus allen Nähten platzte. Nach dem sehr ruhigen "Good Evening", seitens der Sänergin Cammie Gilbert, deren optische Erscheining sehr an Jazz erinnerte, begann mit dem zuerst sehr verträumten Titeltrack „Winter“ der Abend. Der Sound klang sehr gut abgestimmt und dass die Leute auf der Bühne mit ihren Instrumenten umzugehen wissen, konnte man schnell erkennen. Acht Minuten lieferte der Song die reinste Berg- und Talfahrt.

Neben der zum Teil sehr Souligen Stimme der Frontfrau, mischten sich Growls des Gitarristen Sean Gary und Screams von Bassist Keegan Kelly. Zwar schleuderten noch keine Matten durch das Turock, doch heimste der Song sehr viel Beifall seitens des Publikums ein. „Solitude“ war eine weitere Nummer die gut beim Publikum ankam und während der Auftritt voran schritt, gab es im Vorraum auch vereinzelt etwas mehr Bewegung. Der letzte Song des Abends wurde eingeleitet mit einem "Vielleicht kennt ihr ja diesen Song", welches jedoch nur zum Teil bejaht wurde. Es handelte sich um das THE MOODY BLUES-Cover „Nights In White Satin“, welches Bereits seit 1967 durch die Boxen dieser Welt rotiert. Die Cover-Version wurde von OCEANS OF SLUMBER so gut in ihr eigenes Soundgewand gekleidet, dass gerade den Zuschauern die die original Nummer kennen, ein Schauer über den Rücken lief.

Die Texaner von OCEANS OF SLUMBER legten einen sehr guten Auftritt hin, der das Publikum gekonnt für den Headliner aufheizte. Nach einer guten dreiviertel Stunde war jedenfalls Schicht im Schacht, es gab Applaus und es wurde sich der nächste Erfrischungskübel geschnappt.

MY DYING BRIDE

Und dann war es endlich soweit! Der Grund warum die Leute zum Turock pilgerten, stand kurz davor auf die Bühne zu platzen. Vereinzelt wurde draußen im angelegten Raucherbereich noch geraucht, getrunken und Vermutungen über die Setlist vom Stapel gelassen, während viele erst gar nicht zum Tresen oder in die Raucherecke pilgerten (vom Pinkeln ganz zu schweigen), war es ihnen doch lieber ihren früh gewonnen guten Platz über die Überbrückungszeit zu halten. Die ersten Töne der sterbenden Braut an diesem Abend, stellte das keyboardlastige Intro zu „Your River“ vom zweiten Album der Briten, „Turn Loose The Swans“. Es dauerte einige Augenblicke, gefühlt fast eine halbe Ewigkeit, bis unter tobenden Beifall ein sichtlich sehr in sich gekerter Aaron Strainthorpe die Bühne betrat.

MY DYING BRIDE legten auf den zuvor sehr gelungen abgemischten Sound der Texaner noch eine ordentliche Schippe drauf, und so baute sich die reinste Soundwand vor der Bühne auf. Aaron, sehr introvertiert, ging gelassen mit, aber wirkte etwas apathisch. Seine Hände creepy mit schwarzen Nagellack überzogen, ging es nun hinab in den freien Fall. Gefühlvoll und melancholisch, als wäre mit einem Schlag die halbe Familie aus dem Jetzt gerissen worden, legte sich ein schwerer Schleier übers Publikum. Die Matten fingen sofort an zu kreisen, während sich andere nur der depressiven Schwere hingaben. Mit „From Darkest Skies“ zogen dann auch die ersten Violinenklänge durch die Location. Aarons Blicke, wechselnd zwischen der reinsten Leere und tiefster Trauer, fühlten förmlich jeden einzelnen der Klänge. Mal emotionslos auf der Bühne stehend, gespenstisch in die Leere schauend, dann unter der enormenen Wucht zusammenbrechend. Kniend. Liegend. Fast weinend auf der Bühne. Der Mastermind der sterbenden Braut war heute in Höchstform.

Mit „And My Father Left Forever“, „To Siver In Empty Halls“ und dem Titeltrack „Feel The Misery“ gab es dann etwas von der aktuellen Platte auf die Ohren, bevor Aaron seine Kravatte abnahm und gelassen verkündete, dass dies der erste Teil des Abends war und es nun etwas "Noisiger" werden würde.

Dieser zweite Teil wurde mit dem sehr stampfenden, aggresiven „The Prize Of Beauty“ eingeleitet. War zuvor der Clean-Gesang perfekt abgestimmt, konnten jetzt auch die Growls völlig überzeugen. Es wurde heftiger. Stampfender. Brutaler. Und die Location ging kochend mit. Das Death-Metal angehauchte „Erotic Literature“ vom Debütalbum „As The Flower Withers“ brach dann förmlich alle Dämme und die Matten schleuderten nur so durch die die elektrisierte Luft.

Mit „The Cry Of Mankind“ erklang dann eine weitere unsterbliche Großtat von MY DYING BRIDE, welches seitens der Fans hervorragend angenommen wurde. Der fast viertelstündige Song baute sich dermaßend bedrohlich und gespenstisch auf, dass einen nur so die Haare zu Berge standen. „She Is The Dark“ war dann der offiziell letzte Titel des Abends, bevor Aaron zur Belustigung der vielen von sich gab, dass sie jetzt eigentlich von der Bühne gehen, die Fans lautstark weiter nach ihnen verlangen und sie dementsprechend wieder auf die Bühne zurückkommen müssten - doch MY DYING BRIDE sich das Szenario schenken würde. "Wir waren jetzt kurz weg, ihr hattet euren Spaß und es folgen die letzten zwei Songs. Wobei der letzte Song sehr lang ist".
„Like a Perpetual Funeral“ und „Symphonaire Infernus et Spera Empyrium“, von der gleichnamigen ersten EP, waren die letzten Songs des sehr gelungenen Abends.

Setlist:
1. Your River
2. From Darkest Skies
3. And My Father Left Forever
4. My Body, a Funeral
5. Feel the Misery
6. The Raven Wings
7. The Prize of Beauty
8. Erotic Literature
9. To Shiver in Empty Halls
10. The Cry Of Mankind
11. She Is The Dark
12. Like a Perpetual Funeral
13. Symphonaire Infernus et Spera Empyrium


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