17.6.2016, Arena, Wien

BELPHEGOR & SCHIRENC PLAYS PUNGENT STENCH & DISHARMONIC ORCHESTRA

Veröffentlicht am 22.06.2016

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Das Kärntner Weirdo-Kollektiv lässt sich ja selten bis gar nicht in der Bundeshauptstadt blicken, da ist die Freude natürlich umso grösser, DISHARMONIC ORCHESTRA heute in diesem All Austrian-Package zu haben. Zwar ist die Arena erst zur Hälfte gefüllt, als Patrick, Hoimar und Martin mit doch recht wuchtigem Sound loslegen, aber die Band konnte sich über die Jahre scheinbar ihre alten Fans bei der Stange halten, wie auch mich, und so ist der Zuspruch ein willkommen gutgelaunter. Unkonventionell wie immer nicht nur Herrn Klopfs spartanische Ansagen, sondern auch die Setlist: statt auf Nummer sicher zu gehen und ein paar bekannte Klassiker zu zocken, spielt das Triumvirat satte sieben (!) Tracks vom kommenden Album „Fear Of Angst“ (Release im September!), dem ersten Stück Polycarbonat seit „Ahead“ (2002). Zwischen den beiden bekannten Nummern  „Supervision“ und „Keep Falling Down“ glänzen die neuen Songs vor allem durch ihre kompromisslose Härte, teilweise wahnwitzige Geschwindigkeit, unerwartete Breaks und Twists, und sind immer noch genug DISHARMONIC  ORCHESTRA – es kommt also gar Grosses auf uns zu würde ich sagen! Die Band hat riesen Spaß auf der Bühne, freut sich über den mehr als nur wohlwollenden Applaus und gibt in diesen heftigen 45 Minuten alles. Durch Patricks brutales Organ werden die Band-Parameter zusätzlich definiert, und ab und zu erinnert die ganze Sache sogar ein wenig an MESHUGGAH, nur halt ohne diese nordische Kühle, sondern mit viel Kärntner Liebe. Da sei es den Dreien auch verziehen, kein einziges Teil Merchandise dabei gehabt zu haben – ich hatte extra schon auf ein neues DO-Shirt gespart. Wir freuen uns aber auf passende, neue T-Shirts und, nicht zu Unrecht, natürlich auf „Fear Of Angst“!

 

 

Setlist DISHARMONIC ORCHESTRA
Fear Of Angst
Keep Falling Down
Flambition
Flushing The Primary
Innamorato
Supervision
Aura
Venus Between Us
Rascal In Me

SCHIRENC PLAYS PUNGENT STENCH fungieren nicht nur als Arena-Hausband, sondern sind mittlerweile zu einer echten Institution herangewachsen, die konstant kultige Gigs abliefert. Und so sehr manche vielleicht das Original Line-Up immer noch verklären mögen, manchmal vielleicht sogar zurecht - in der heutigen Bemannung ist SPPS (oder SCHIPLAPUSTE, wie ich sie liebevoll zu nennen pflege) einfach voll in die Fresse und präzise auf den Punkt. Basser und Quoten-Schwede Danny hat sich zum Gedenken an die Orlando-Opfer extra in die ledernen Gay-Shorts geschmissen, aber in Anbetracht der verschiedenen Kostümierungen, in denen die Musiker bereits auf Bühnen zu sehen waren, wundert es eigentlich eh niemanden mehr. Martin präsentiert nach der dritten Nummer seinen gestählten Body, und ich meine, den ein oder anderen Seufzer im Publikum gehört zu haben – ob vom gesexten Weibsvolk oder von im Neid erblassten Bierwampen-Trägern kann ich nicht mehr beurteilen. Die Tracklist ist natürlich wieder ein Streifzug durch alt, ganz alt, nicht mehr so neu und relativ neu, aber es ist ja an sich auch egal, was die Drei da zocken, es wird vom mittlerweile vollzählig anwesenden Metal-Volk aufgesaugt und mitgeplärrt. Die Wahrnehmung – nicht nur bei mir - ist aber anscheinend schon ein wenig verzerrt, denn Klassiker wie „For God Your Soul…“ und „Blood, Pus And Gastric Juice“ dauern jeweils gefühlte zehn Minuten, was aber wurst sein kann – von diesen Zeitlosen Rohfleisch-Happen kann man auch nach zwei Dekaden nicht genug bekommen. Und sie funktionieren auch immer noch. So wie SCHIRENC PLAYS PUNGENT STENCH fast schon zu geölt laufen. Wenn Basser Danny als einziger Nicht-Wiener natürlich zumindest optisch den morbiden Charme der Wiener verkörpert, und gleichzeitig aussieht wie der jüngere Bruder von Till Lindemann – das musst du auch mal draufhaben. Und auch Mike Kröger hat sich mit seiner Uhrwerks-Präzision mittlerweile zu einer gnadenlos brutalen Drum-Maschine entwickelt. Ansonsten wie immer beste Unterhaltung, und nicht nur in mir keimt der Wunsch nach einem längst schon wieder überfälligen LOS TRES HOMBRES-Massaker.

 

 

Setlist SCHIRENC PLAYS PUNGENT STENCH
Daddy Cruel
For God your Soul...
Just Let Me Rot
Fuck Bizarre
Extreme Deformity
Shrunken Mummified Bitch
Happy Re-Birthday
True Live
Rip You Without Care
A Small Lunch
Blood, Pus And Gastric Juice
Viva La Muerte!
 

Am Vortag noch auf der Alm im Salzburgischen Abtenau die Rehlein verschreckt, heute schon wieder in der großen Stadt zugange: es geht dahin für BELPHEGOR, und natürlich war jedem klar, dass mit den eigenwilligen Schwarzmetallern auch der unvermeidliche Stilbruch kommt. Die Konzerte gleichen ja mittlerweile eher Ritualen, da wird mal eben die gesamte Arena-Halle mit Weihrauch ausgeduftet, und die Präsentation der Gruppe hat inzwischen schon fast etwas unheimlich-mystisches. Nach den tätlichen Angriffen durch christlich-orthodoxe Spinner in Russland wirken Helmuth & Co. aber weder resignierend noch gedämpft, im Gegenteil – hier wird heute alles aufgefahren was an Black Metal-Kunst herhalten kann. Musikalisch sind BELPHEGOR mittlerweile über alle Zweifel erhaben, besonders wenn auch der Sound so schön ballert und fräst wie heute Abend.

 

 

Dennoch wandern einige der Anwesenden in den Arena-Hof ab, denn nach den eher groovig-schrulligen Ausflügen der beiden anderen Combos wirken BELPHEGOR wie eine jähe, kalte Watsche (für unseren deutschen Freunde: Ohrfeige) nach einer durchzechten Nacht. Die Ansagen Helmuths wirken dann auch ein wenig … nennen wir es mal: verloren, denn die Leute wollen lieber abschädeln zur Highspeed-Mucke und das bekommen sie ja am Ende auch serviert. Wieder mal fällt mir auf, wie diese Band in den letzten Jahren gewachsen ist und wie präzise sie mittlerweile arbeitet. Trommel-Neuzugang Simon Schilling (aka Blood Hammer) bläst mit seinen zarten 24 Lenzen so ziemlich alles weg was meint, zwei Holzstöckchen halten zu können, Impaler und Serpenth legen einen martialisch-apokalyptischen Klangteppich aus, der einen erzittern lässt, vor Ehrfurcht und vor Angst. Natürlich fokussiert Helmuth als Frontmann, und ich denke das braucht man als Band dieses Kalibers auch. Irgendwo wirken die vier aber trotz kühler Distanz irgendwo liebenswürdig schrullig und fügen sich somit am Ende auch schön österreichisch in den Reigen der heutigen Bands ein. Und wer nach der intensiven Live-Show mit natürlich obligatorischen Standards wie „Bondage Goat Zombie“ oder „Gasmask Terror“ noch Lust auf gepflegt schräges Abtanzen hat, kommt bei der anschließenden Gedenkveranstaltung „25 Years Of Badlands Massacre“ voll auf seine Kosten. Und nun bringe man mir den Rollator! (Anm. d. Lekt.: Kommt schon!) (Anm. d.Verf: Danke!)

 

 

Setlist BELPHEGOR
Feast Upon The Dead
In Blood - Devour This Sanctity
Gasmask Terror
Belphegor - Hell's Ambassador
Rex Tremendae Majestatis
Lucifer Incestus
Pest And Terror
Conjuring The Dead / Pactum In Aeternum
Bondage Goat Zombie
Totenkult - Exegesis Of Deterioration
Bleeding Salvation


[Alle Setlists wie immer ohne Gewähr]


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