24.08.2016 - 27.08.2016, Festivalgelände Übersee, Übersee am Chiemsee

Chiemsee Summer 2016

Text: mat
Veröffentlicht am 29.08.2016

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Der „Chiemsee Summer“ ruft und der ganze bayerische Raum rund um München und viele Salzburger und Oberösterreicher folgen diesem Ruf. Und warum auch nicht? Hat sich doch das ursprünglich als reines Reggae-Festival aufgezogene Event, das zum ersten Mal in seiner Urform bereits 1995 stattfand, zu einem wahren Publikumsmagneten rund um den beschaulichen und ziemlich frequentierten Chiemsee entwickelt. Seit 2014 unter dem Namen „Chiemsee Summer“ firmierend, setzen die Veranstalter mittlerweile auf einen relativ gelungenen Stil-Mix, bestehend aus Alternative Rock, Reggae, Hip Hop und Elektro. Das klingt auf den ersten Blick nach einem wilden Sammelsurium, was es im Endeffekt auch ist. Das „Problem“, das viele Festivals heutzutage mittlerweile haben und das darin besteht, dass eine klare musikalische Richtung abhanden gekommen ist, da aus wirtschaftlichen Gründen einfach eine größere Zielgruppe angesprochen werden muss, hat das „Chiemsee Summer“ aber derzeit noch relativ gut im Griff. Was beim „Frequency“ schon nicht mehr wirklich funktioniert, wirkt am Chiemsee noch sehr gut durchdacht und ausgeklügelt und deshalb ist es auch möglich, sich die passenden Acts, die einen persönlich interessieren, herauszupicken, da diese stil- und timetable-technisch relativ gut angeordnet sind. Das geht schon damit los, dass die Veranstalter gleich am ersten Tag, dem Mittwoch, ein starkes Line-Up bieten, das zu Beginn des Festivals gleich mal anheizen soll. Für uns Stormbringers also genau der richtige Tag, um gleich dabei zu sein.
 

CS16, FKP Scorpio, Kai Marks

 

Also kann's schon losgehen: Von Salzburg ausgehend ab auf die relativ flüssige Autobahn und hinein ins Herz der kleinen Chiemgauer Gemeinde Übersee. Die Main Stage „Wilder Kaiser“ ist schon von Weitem zu sehen, das „Chiemsee Summer“ findet nämlich quasi irgendwo im Nirgendwo statt. Kleine Dörfer rundherum, ansonsten nur Wald, Wiese und Sonne. Festival-Herz, was willst du mehr? Publikumstechnisch ist das Ganze sehr durchmischt. Von Jung bis Alt, von weiblich bis männlich, von Schwimmreifen bis zum stylischen Borat-Anzug: Wie immer bei einem solchen Festival – alles da. Mit knapp 40.000 Besuchern rechnen die Veranstalter über die gesamten vier Festival-Tage hinweg – eine kleine Zahl an Menschen, wenn man sie mit den Big Playern à la „Nova Rock“ vergleicht, aber genau das macht das „Chiemesee Summer“ auch aus. Deshalb wundert es auch nicht, dass die passionierten Besucher auch um 19.00 Uhr pünktlich und in beträchtlicher Zahl am „Wilden Kaiser“ auf den wirklichen Auftakt des Festivals warten, nachdem zuvor die HipHopper „The 257ers“ und ein paar DJs auf verschiedensten kleinen Bühnen eingeheizt haben. Und dann kann’s auch schon losgehen und die Pop-Punker von SUM 41 entern die Bühne. In sengender Hitze und mit auf die Bühne gezogenem Publikum fackeln Deryck Whibley und seine Mannen ein unglaublich eingängiges und mitreißendes Programm sondergleichen ab. Ihre Hits „Fat Lip“, „In Too Deep“ und „Still Waiting“ natürlich inklusive. Stimmlich 1a, stimmungstechnisch ebenso. SUM 41 bieten – überraschenderweise – knapp 75 Minuten starke Punk-Unterhaltung, die mit der Halbballade „Pieces“ quasi ihren Höhepunkt findet. Alle singen mit, alle sind dabei und SUM 41 zeigen, dass sie wohl zu den unterschätztesten Bands dieses Genres zählen. Das sind keine unreifen Kinder, die nur drei Akkorde können, was auch ihr neuester Song vom baldig erscheinenden neuen Studioalbum beweist. Auf den Punkt gebracht: Tolle Unterhaltung bis zum Schluss und ein Flashback in alte Teenager-Zeiten. Feels like 14 again...
 

CS16, FKP Scorpio, Christoph Eisenmenger
 

Dieses Gefühl ebbt auch nicht ab, als kurze Zeit später – mittlerweile ist es schon dunkler geworden – LIMP BIZKIT dran sind. Fred Durst, gehüllt in einen dicken Hoodie samt Handschuhen und Touristen-Cap, steht als Anheizer für den späteren Headliner THE PRODIGY bereit und die Band erledigt ihren Job mehr als amtlich. Okay, man könnte sich an dieser Stelle natürlich fragen, warum das Line-Up eines 2016er Festivals immer noch so wirkt, als ob gerade noch 2003 wäre; so viele Bands sind aus dieser Hochzeit des New Metals immer noch immens festivaltechnisch aktiv. Eine neue Generation dieser „Evergreens“ scheint aber wohl noch immer nicht zu existieren, aber egal - denn wenn man Songs wie „Rollin’“, „Take A Look Around“ oder „My Generation“ hört, wird es einem – man muss es einfach so sagen – ziemlich warm ums Herz. Und um das geht es schlussendlich ja auch... Diese Freude wird nur ein wenig dadurch getrübt, dass LIMP BIZKIT ihr ebenfalls 75-minütiges Set nicht wirklich mit eigenen guten Songs füllen können. Zu oft müssen NIRVANA-, METALLICA- oder RAMMSTEIN-Samples/-Intros/-Riffs als Interludes herhalten, was ein wenig nervt und zeigt, dass LIMP BIZKIT es witzigerweise mit einem bärenstarken Album („Chocolate Starfish...“) und einigen weiteren versprengten, gelungenen Songs geschafft haben, einer ganzen Generation ihren musikalischen Stempel aufzudrücken. Inklusive mir. Und trotzdem sind diese Jungs einfach genial und live nachwievor in einer sehr guten Form. In einem Satz: Der Durst kann schon was...

Abschließen werden diesen Abend dann die englischen Kult-Raver von THE PRODIGY. Ein riesiger Publikumsansturm für den gesamten Festival-Headliner inklusive. Und das zurecht. Die Jungs um Keith Flint zeigen nämlich, woher DEICHKIND so manche ihrer Beats haben, und präsentieren eine stroboskopische Lichtshow, die einem auf Dauer das Augenlicht wegätzt. Dazu dauerndes, unermüdliches Gejumpe der beiden Frontschweine Flint und MC Maxim Reality, perfekt abgestimmte Vocals und ein fetter, durch Mark und Bein gehender Sound, der einfach nur zum Tanzen animiert. Egal ob Klassiker wie „Omen“ und „Firestarter“ oder brandneue Songs vom letztjährigen Album „The Day Is My Enemy“ – THE PRODIGY zocken einen Song nach dem anderen (ohne große Pausen) herunter und sind dabei voll in ihrem Element. Sie nennen ihr Publikum „Warriors“, „Fighters“ oder „Voodoo People“ und beim gleichnamigen Song gibt es kein Halten mehr. Da wird ganz vorne im Circle gepogt und mitgegrölt, während der Drumbeat im Magen wummert. Eine perfekte, nervenaufreibende, aber immer mitreißende eineinhalbstündige Show, die einen würdigen Abschluss für einen tollen Festival-Rock-Tag darstellt. So kann man müde, aber glücklich wieder nachhause „rollen“. Mit viel Nostalgie im Gepäck und starken Performances altgedienter Bands im Gedächtnis.

Da die weiteren Tage des Festivals vor allem im Zeichen von Hip Hop, Elektro und der SPORTFREUNDE STILLER stehen, will der Rezensent an dieser Stelle keine stormbringerische Fachmeinung mehr abgeben :)... Alles in allem gilt aber die Devise: „Chiemsee Summer“ – bitte weiter so. Wir kommen wieder!


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