29-09-2016, Zenith, München

IN EXTREMO & HÄMATOM

Text: mat | Fotos: Anthalerero
Veröffentlicht am 04.10.2016

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Feuer, Hexe, peng peng peng. Die Verrückten sind wieder in der Stadt! Mit großer Freude durften wir in diesem Jahr bereits einen mehr als genialen Studio-Output der charismatischen Gaukler von IN EXTREMO namens „Quid Pro Quo“ bestaunen. Seit mittlerweile knapp zwei Jahrzehnten sind die Mannen schon in Stadt und Land unterwegs, um ihrem auf mittelalterlichen Melodien und Instrumenten basierenden Rock unter die Leute zu bringen. Und von Jahr zu Jahr werden es mehr Leute, die sich vor den verschiedensten Bühnen in ganz Europa (und darüber hinaus) tummeln und für manche sind die IN EXTREMOs von einer extrovertierten Mittelalter-Spielleute-Gruppierung für Kenner zu einem rockenden Massenphänomen geworden, das in Richtung Mainstream schielt. Immer der gleiche Vorwurf, wenn das Konzept aufgeht und die Fans sich mehren. Dass diese Kritik manchmal gerechtfertigt ist, steht außer Frage. Dass man mit dieser Keule aber nicht kollektiv um sich schlagen darf, ebenso. Denn IN EXTREMO sind sich im Laufe ihrer Karriere mehr als treu geblieben und haben auf ihrem neuesten Album bewiesen, dass sie nach wie vor für Überraschungen gut sind und sich in keiner Weise um irgendwelche Geschmäcker scheren. Da wird gerockt, gerifft und gegrölt. Da wird geschunkelt, gesungen und „headgebangt“. Einfach alles da, was sich das gediegene Mittelalter-Herz so wünscht.

In diesem Sinne war unsere Vorfreude auf die anstehende, gleichnamige „Quid Pro Quo“-Tour auch sehr groß, die die Spielleute unter anderem auch ins Münchner Zenith geführt hat. Ja, das Zenith mögen wir irgendwie, da es groß, weitläufig und akustisch zu großen Teilen sehr adäquat ist. Man muss aber auch dazu sagen, dass der industrielle Charakter dieser Location schon sehr kühl ist und es wirklich an vielen Stellen furchtbar zieht. Ja, ich meine den Wind damit ;)… Aber egal, denn einer feurigen IN EXTREMO-Show kann natürlich nichts im Wege stehen. Außer ihrem eigenen Support in Form von HÄMATOM, den Thrash/NDH-Vertretern aus Bayern. Ein unvergleichlich treibender Einstieg für einen guten Abend, denn die maskierten und bemalten Musiker (namens Nord, Ost, Süd und West) knüppeln ein bretthartes Programm runter, das einen guten Mix aus älteren und neueren Tracks beinhaltet und schon zu Beginn für reichlich Stimmung in der bereits gut gefüllten Halle sorgt. HÄMATOM sind ja nicht unbedingt für ihre leisen Zwischentöne bekannt und so spielen sie ihr knapp einstündiges Set mit durchgedrücktem Gaspedal durch. Immer wieder melodisch, ja, zumeist aber einfach auf die Zwölf. Das funktioniert, ist perfekt durchchoreographiert und fetzt. Auf Dauer kommt beim ein oder anderen Song etwas zu viel Anstrengung auf, im Großen und Ganzen aber ein mehr als gelungener Auftritt.

Nach einer kurzem Umbauphase entern dann (um knapp nach 21.00 Uhr) endlich unsere IN EXTREMOs die Bühne. Mit einem klassischen Backdrop ausgestattet, das die gute, alte Cover-Hexe samt Kruzifix vom „Weckt die Toten“-Artwork ziert, starten die Jungs gleich mit „Quid Pro Quo“ in ein unglaublich kurzweiliges, abwechslungsreiches Set, das aus jeder Schaffensphase der Band Songs mitnimmt. IN EXTREMO standen bei mir ja schon zweimal auf der Speisekarte (zweimal in Graz, einmal davon im akustischen Gewand) und auch der dritte Anlauf hat sich mehr als gelohnt. Oder man kann sogar behaupten, dass dieser Gig der wohl ausgeglichenste und homogenste war, den ich von der Band bis dato gesehen habe. Die letzten beiden Alben haben ihrer Variabilität äußerst gut getan und so wundert es auch nicht, dass fast die Hälfte aller gespielten (24) Songs von „Quid Pro Quo“ und „Kunstraub“ entnommen wurden. Das zeugt von Selbstbewusstsein und der Bärenstärke dieser beiden Outputs, zumal das Publikum bei neuen Gassenhauern wie „Sternhagelvoll“, „Störtebeker“ und „Pikse Palve“ komplett textsicher und mit voller Inbrunst mitgeht. Der „schwarze Rabe“, der auf Russisch vorgetragen wird und das darauffolgende „Moonshiner“, das - obwohl gerade erst veröffentlicht - der perfekte Rausschmeißer für einen perfekten Konzertabend ist, zeugen von der großen Spielfreude der Band. Dazu die obligatorischen IN EX-Klassiker wie „Vollmond“ (Dr. Pymonte an der Harfe natürlich wieder in Topform), „Küss mich“ und „Erdbeermund“ von der „7“-Phase, „balladeske“ Einflüsse in Form von „Gaukler“ und dem brandneuen, unpolitisch gemeinten „Lieb Vaterland, magst ruhig sein“ (der als an und für sich sehr starker Song etwas im Tonbrei untergeht) und einem nostalgischen Schaffensabschnitt kurz vor dem Zugabenblock, der Uralt-Weisen wie „Rotes Haar“ und das unglaublich treibende „Ai Vis Lo Lop“ beinhaltet - zusammengefasst: ein IN EXTREMO-Set zum Dahinschmelzen. Dafür sorgen auch die bombastischen, aber sparsam eingesetzten Feuer- und Lichteffekte, die die Show auf ihre Weise passend unterstützen.

Dass bei „Liam“ ganz zum Schluss noch einmal die Stimmung hochkocht und „Spielmannsfluch“ und „Frei zu sein“ sowieso im Alleingang vom Publikum gesungen werden, muss dabei schon fast nicht mehr erwähnt werden. Konfettikanonen, die weiße Papierschnipsel unter die Meute bringen und eine Band, die im Kollektiv voller Spaß und Einsatz über die Bühne läuft, inklusive. Trabende Dudelsäcke, starke Riffs und Micha, das Einhorn, der das Publikum zu jeder Sekunde voll im Griff hat. Tänzelnd, singend oder grölend - IN EX in Reinform. Mehr kann man dazu einfach nicht sagen. Außer, dass uns dieser Auftritt richtig Spaß gemacht hat und ich mich ehrlich gesagt jetzt schon auf die nächste Tour dieser sympathischen Jungs freue, die kurz vorm Auftritt noch relaxt vor dem Zenith herumgestanden sind. Eine Band zum Anfassen quasi - sehr cool.

PS: Und wenn der Sound das nächste Mal noch eine Spur feiner abgemischt wird, hätten wir natürlich nichts dagegen.

PPS: Und nicht vergessen: Unsere liebe Anthalerero hat diesen Konzertabend mit ihrer Kamera auch noch perfekt eingefangen - Herz, was willst du mehr?


Setlist (ohne Gewähr):
01. Quid Pro Quo
02. Feuertaufe
03. Zigeunerskat
04. Vollmond
05. Störtebeker
06. Gaukler
07. Unsichtbar
08. Sängerkrieg
09. Lieb Vaterland, magst ruhig sein
10. Rasend Herz
11. Roter Stern
12. Frei zu sein
13. Spielmannsfluch
14. Rotes Haar
15. Ai Vis Lo Lop
16. Sternhagelvoll
17. Küss mich
18. Black Raven
19. Moonshiner

Zugabe:
20. Himmel und Hölle
21. Erdbeermund
22. Liam
23. Belladonna
24. Pikse Palve


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