14.10.2017, Replugged, Wien

ALL AUSTRIAN METAL NIGHT VOL.16

Text: Mike Seidinger | Fotos: Pascal Riesinger
Veröffentlicht am 16.10.2017

Trotz einiger Konkurrenzveranstaltungen an diesem Abend konnte sich auch die sechzehnte Ausgabe der ALL AUSTRIAN METAL NIGHT im kuscheligen Replugged  einigermaßen wacker schlagen. Wie schon in den Jahren zuvor merkt man hier immer wieder die Liebe der Veranstalter zur Musik, zu dem was sie machen und man spürt das Herzblut, das das Team um Andy Fenz in diese Veranstaltungen steckt. Und auch stilistisch war man nach den eher Metalcore-lastigen letzten Veranstaltungen diesmal gut aufgestellt.

WARPTIME (c) Pascal Riesinger

Den Anreißer durften die Wiener WARPTIME machen, die nicht nur mit ihrem tighten, progressiv angehauchten Female Fronted Power Metal die ersten Reihen in Verzückung brachten, sondern auch spielerisch absolut professionell aufgestellt waren – was übrigens für alle Bands des Abends gleichermaßen galt. Die aus Russland stammende Frontröhre Maria Plekhanova hat ein gewaltiges Organ und traut sich auch - im Gegensatz zu leider vielen Mädels am heimischen harten (Mikro-)Ständer - aus sich heraus zu gehen. Die offenkundig zahlreich erschienenen Schlachtenbummler goutierten die harte Mucke mit reichlich Schädelgeschüttel, und auch der Applaus war hörbar über dem Höflichkeitslevel.

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TIME TO FACE DESTINY (c) Pascal Riesinger

Allein auf weiter Metalcore-Flur stehen heute die fünf Jungspunde von TIME TO FACE DESTINY aus Wiener Neustadt im südlichen Niederösterreich, aber das macht weiter nix, denn auch Fans dieses Genres sind heute einige hörbar anwesend. Die Band gibt sich keine Blöße und holzt ihr Programm mehr als ordentlich runter – auch hier haben die Musiker scheinbar ihre Instrumente brav gelernt. Shouter Daniel Horvath ist ein ziemliches Energiebündel und keift und growlt als gäbe es kein Morgen. Und zum ersten Mal bildet sich bei der AAMN doch tatsächlich auch ein Circlepit mit leichten Wall-Of-Death-Ansätzen! Damit könnt ihr ungefähr die Energie einschätzen, die da mal eben in knapp vierzig Minuten frei wurde. Und auch wenn ich mit Metalcore (die Burschen beschreiben sich selber immerhin als „Melodic Death Metal-Core“ …) immer noch nicht ganz warm werde, so sind TIME TO FACE DESTINY doch in Summe eine Kapelle, die man am Schirm haben sollte. Da geht noch was in Zukunft!

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EBONY ARCHWAYS (c) Pascal Riesinger

Dann ein kleinerer Stilbruch. Und ein wohltuender noch dazu. EBONY ARCHWAYS gibt’s jetzt auch schon wieder eine ganze Weile (seit 1999 um genau zu sein), und die Grazer sehen im Vergleich zu vielen anderen Musikern heute auch aus, als würden sie Metal nicht nur spielen, sondern auch atmen, essen und scheißen. Dem oldschooligen Metal mit ein bisschen Anleihen aus Doom und Stoner hat man sich dann auch irgendwie verschrieben. Nach dem ziemlich laut abgemischten Core-Krawall sind die eher chilligen Songs für Bauch, Beine und Po dann doch auch eine Wohltat für die Ohren. „Moonburnt“ , der erste und einzige Longplayer der Steirer, ist auch schon wieder drei Jahre her,  aber das Material ist eh zeitlos und so kauft man den Vieren auch die Authentizität ab. Schöne Harmonien, guter Groove und das wohlige Organ von Lockenkopf Michel Sedhagat machen unterm Strich feinen Heavy Metal in Reinkultur, nicht zu überkandidelt, nicht trendreiterisch und nicht langweilig.

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PAIN IS (c) Pascal Riesinger

Gerade noch am Metalberg beim Kaltenbach Open Air in der Wiese zum Interview gesessen, beehren uns diesmal als Headliner die Kärntner Wahl-Grazer von PAIN IS. Und was am Semmering vielleicht in der Masse der Bands des Nachmittags ein wenig unterging, entfaltet heute Abend seine ganze Power. Die drei Kerle und ein Mädel fahren ein Nu Metal-Brett irgendwo zwischen PAPA ROACH, FIVE FINGER DEATH PUNCH und DISTURBED, das jeden im Raum sofort mitzureißen vermag. Vor allem Frontmann Jerome Jaw gebührt hier Ehre, denn mit zu keiner Zeit klischeevoller Gestik und sinnigen Ansagen (leider in Englisch, warum…man weiß es nicht!) hat er die Meute in der Hand. Bassistin MaC drischt aus dem Langholz raus, was nur irgendwie geht, und Drummer Steve T legt den soliden Grooveteppich. Der Hingucker schlechthin ist aber Gitarrist Tom Steam, der seinem Attribut „Bad Santa“ vollends gerecht wird: mit Rauschebart, grüner (?) Zunge und weißen Kontaktlinsen sieht er aus wie ein Wesen von einem anderen Stern, wie Nikolaus auf einem Killing Spree, wie Wes Borland auf Waldschrat getrimmt. Das Zusammenspiel der PAIN ISse ist arschtight, da sitzt jeder Beat, da passt jedes fette Riff. Und über der Band, zumindest für mich in riesengroßen blinkenden Lettern sichtbar, steht ein großes, fettes Wort: Leidenschaft.

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PAIN IS (c) Pascal Riesinger

Da bleibt kein Stein auf dem anderen und die Band wird fett abgefeiert bis zur Zugabe. Schwierig nur, die Leute daraufhin noch mit sonnigem Liedgut bei Laune zu halten, denn der Partymodus scheint nach PAIN IS abrupt auf „off“ geswitcht zu sein. Nichtsdestotrotz, ein netter Stilmix wieder mal im Replugged-Keller, und die nächsten Shows der AAMN sind bereits in Planung. Merkzetterl also schon mal herrichten, Infos folgen in Bälde …

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Alle Fotos von Pascal Riesinger

 


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