21.4.2018, Escape Metalcorner, Wien

NE OBLIVISCARIS & ALLEGAEON & VIRVUM

Text: Luka | Fotos: Radka Klein
Veröffentlicht am 23.04.2018

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Was macht man so am Wochenende, wenn das Wetter endlich schön warm ist und man einen gemütlichen Abend in der freien Natur genießen könnte?
Richtig, man geht in einen kleinen, mit Menschen vollgepackten Keller, um bei gefühlt tropischen Verhältnissen schwarz angezogene Bands laute Musik spielen zu hören.
Wobei der Verzicht auf einen ruhigen Abend und ein angenehmes Klima sich in diesem Fall ausgezahlt hat: der Triple-Whammy aus VIRVUM, ALLEGAEON und NE OBLIVISCARIS im Escape Wien war die verschwitzte Kleidung und den leichten Hörsturz sicherlich wert. 

Der Abend startet unter guten Vorzeichen: zur Abwechslung spielt mal die erste Band nicht schon vor der offiziellen Beginnzeit, VIRVUM dürfen pünktlich um 20 Uhr starten.
Am Anfang ist das Escape noch leicht leer und die Zuschauer unbeteiligt, gegen Ende des kurzen Gigs haben es die Schweizer aber geschafft, noch mehr Leute anzulocken, und die Anwesenden auch auf ihre Seite zu ziehen.
Das schaffen die Jungs einerseits mit ihrem technisch hochwertigen, melodischen Death Metal, andererseits mit ihrem sympathischen Auftreten und der Persönlichkeit von Fronter Bryan Berger, der nicht nur die bösen Growls draufhat, sondern auch klassische Ansagen („Das ist jetzt unser letztes Lied. Geht aber zehn Minuten…“), und das Publikum immer wieder routiniert animiert. Soundtechnisch gehen halt leider die technischen Feinheiten unter der Wucht der Bassdrum unter, aber bei den ruhigeren oder groovigeren Parts fällt das nicht so ins Gewicht.

Die Auswahl der Songs dürfte VIRVUM nicht schwergefallen sein, da die Schweizer bis jetzt erst ein Album draußen haben („Illuminance“, 2017), und die Abfolge folgt auch der Platte. Die fehlende Routine hört man den Jungs spieltechnisch nicht an (wie kann man so jung sein und schon so gut sein Instrument beherrschen?), bühnentechnisch ist noch ein bisschen Luft nach oben, sei es, dass die Band bis auf den Fronter noch an der Bühnenpräsenz arbeiten muss, sei es die manchmal an MANOWAR erinnernden Posen, oder auch der nur angedeutete Backgroundgesang. Insgesamt aber schon mal eine ordentliche Talentprobe, was aufgrund des Beifalls am Ende wohl die meisten im Saal unterschrieben hätten.

Nach kurzem Umbau (warum zwischen den Bands ein neues Schlagzeug aufgebaut werden musste, obwohl VIRVUM und NE OBLIVICARIS auf dem gleichen Zeugl spielten, konnte nicht ermittelt werden…) sind dann die ersten big guns dran: ALLEGAEON haben zum ersten Mal den Sprung aus Amerika nach Wien geschafft, und der Besuch hat sich gelohnt. Von der ersten Sekunde an hat der Fünfer die Instrumente und das Publikum im Griff; tight und spielfreudig brettern die Amis durch eine Setlist, die quer durch die Bandgeschichte geht. Natürlich liegt der Schwerpunkt auf dem letzten Album „Proponent For Sentience“ (2016), aber auch der Vorgänger „Elements Of The Infinite“ (2014) und der Erstling „Fragments Of Form And Function“ (2010) werden angespielt – und auch vom zukünftigen Album ist ein Song dabei, der auch gleich ordentlich fährt. Die Songs kommen nochmal ein Stück kräftiger als auf Platte an, vor allem das schon etwas ältere „1.618“ gewinnt noch ordentlich dazu, und dass die Songs von „Proponent…“ ein Hammer sind, wurde nochmal bestätigt („Proponent For Sentience III - The Extermination“!).

Personell sind ja ALLEGAEON eine der Bands, wo sich das Besetzungskarussell munter dreht, von den Gründern ist mittlerweile nur noch Gitarrist Greg Burgess dabei. Aber die Personalwechsel haben sich ausgezahlt: Fronter  Riley McShane hat sich als Glücksgriff erwiesen, der sowohl den cleanen Gesang als auch das Growlen draufhat, Basser Brandon Michael hat eine bärige Bühnenpräsenz, Michael Stancel fiedelt sich selig lächelnd auf der Gitarre einen ab, und Drummer Brandon Park treibt das Quartett kräftig nach vorne. Und die Jungs sind für Amerikaner auch ungewöhnlich locker, bei den vom Band kommenden, beschwingten Akustikparts von „Grey Matter Mechanics“ wagt der eine oder andere ein Tänzchen, und die Ansagen von McShane sind zwar so schnell, dass man sie kaum versteht, können das Publikum aber trotzdem animieren. Das mittlerweile proppevolle Escape feiert ALLEGAEON dann auch kurz aber dankbar ab.

Und dann sind die Headliner dran: NE OBLIVISCARIS waren 2016 noch im Vorprogramm von ENSLAVED in Wien, diesmal stehen sie zu Recht im obersten Slot. Das letzte Album „Urn“ toppte das Debüt „Citadel“ nochmal (obwohl das keine einfache Sache war). Noch eingängiger, noch knackiger, ohne den progressiven Anspruch zu verlieren – da haben die Aussies ein Meisterwerk geschaffen, das wurde im Escape eindrucksvoll bestätigt.

Der erste Song, auch gleichzeitig der Opener von „Urn“, läutet ein Prog-Death-Feuerwerk ein – gerade bei dem Song merkt man NE OBLIVISCARIS die gestiegene Live-Erfahrung an, mit Chören, die das Publikum einbeziehen, und eine gute Abstimmung zwischen den cleanen Vocals von Tim Charles und dem Gekeife von Xenoyr. Überhaupt sind NE OBLIVISCARIS eine der wenigen Bands, bei denen der Wechsel zwischen Gesangsstilen sich nicht auf „böse Strophe / cleaner Refrain“ beschränkt, sondern da ist auch ein Konzept dahinter. Auch das fast klassisch death-metallige „Intra Venus“ begeistert, bevor auch „Citadel“ mit „Painters of the Tempest (Part II): Triptych Lux“ angespielt wird. Fronter / Violinist hat das Publikum (und anscheinend auch und vor allem die Damenwelt) schnell im Griff, auf inbrünstigen Gesang folgen Teufelsgeiger-Einlagen, dass André Rieux seine Freude hätte. Auch der Rest der Partie scheint seinen Spaß zu haben, Gitarrist Matt Klavins spielt seinen Kollegen den einen oder anderen Streich, der neue Bassist Martino Garattoni fügt sich spiel- und frisurentechnisch auch gut ein. Nur Xenoyr wirkte ab und zu mit der Oldschool-Black-Attitüde und häufigen Abwesenheiten ein bisschen wie ein Fremdkörper.

Das irritierte aber kaum jemanden im ausverkauften und mittlerweile dampfenden Escape – und nach dem Ende von NE OBLISCARIS‘ Auftritt und einem Abend voll hochklassigen Death Metal strömte die Masse verschwitzt aber glücklich nach draußen.

 

Setlist VIRVUM (ohne Gewähr)
Illuminance
Ad Rigorem
Tentacles Of The Sun
I: A New Journey Awaits
II: A Final Warming Shine - Ascension And Trespassing

 

Setlist ALLEGAEON (ohne Gewähr)
Proponent For Sentience III - The Extermination
Grey Matter Mechanics
Neuer Song
From Nothing
1.618
Accelerated Evolution

 

Setlist NE OBLIVISCARIS (ohne Gewähr)
Libera (Part I): Saturnine Spheres
Intra Venus
Painters of the Tempest (Part II): Triptych Lux
Eyrie
Urn (Part I): And Within the Void We Are Breathless
Urn (Part II): As Embers Dance in Our Eyes
Devour Me, Colossus (Part I): Blackholes

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