31.05.2019, Indra Musikclub, Hamburg

Album-Release-Party von THIS IS NOT UTOPIA

Text: Jazz Styx
Veröffentlicht am 02.06.2019

MFS-Music lädt ins Hamburger Indra ein, wo THIS IS NOT UTOPIA die Veröffentlichung ihres ersten Albums „A Question Of Etiquette“ feiern. Die Halburger Metalcoreler zelebrieren gemeinsam mit den weiteren Hamburger Metalcorelern I AM THE DECEIVER und HALF|ME den Hamburger Metalcore. Dabei geht es durchaus facettenreich zu, aber es wird auch sehr eindeutig dem allgemeinen Trend getrotzt, dass die meisten Metalcore-Bands dem Genre mehr und mehr den Rücken kehren. Also noch mal für alle, denen es nicht ganz klar geworden ist: Es geht jetzt um Hamburger Metalcore!

Das Indra ist gemütlich wie eh und je und leer sähe auch anders aus, als HALF|ME den Abend starten und die Location mit ihrem anstrengenden Lärm fluten. Anstrengend ist zum einen der Gesang von Chris, der in überragender Post-Hardcore-Manier shoutet, sodass ich nicht einmal den Vergleich mit Jordan Dreyer von LA DISPUTE scheuen würde. Die Verzweiflung überfällt den Hörer und lässt ihn nicht wieder los!
Dazu erklingt Metalcore, aber einer, der sehr weit abseits des 08/15-Schemas des Genres liegt. Denn auch der Instrumente-Einsatz ist anstrengend. Verspielte Progressivität mischt sich geschickt mit einlullenden Melodien. Eine hervorragende Kombination, die definitiv nicht zum entspannt-unberührten Weghören taugt. Die Anstrengung lohnt sich sehr!

I AM THE DECEIVER haben Jan-Niklas am Mikrofon, der gewaltig und in reichlich verschiedenen Stimmfarben zu shouten weiß. Dazu gibt es das klassische Sortiment des Metalcore – allem voran Breakdowns und gefühlvolle Melodien. Leider besteht ein ziemlich großer Kerl zu Beginn des Konzerts darauf, sein Violent Dancing zum Vollkontaktsport zu machen. Wenn man dann auch noch riecht wie 15 Jahre Pubertät auf einen Tag konzentriert, vergeht so manchem der Spaß. Schade! Umso schöner gestaltet sich die ziemlich harmonische Wall of Death.
I AM THE DECEIVER selbst supporten die Release-Party auf ausgezeichnete Weise mit ihrem gekonnten Spagat zwischen radikalem Auf-die-Fresse-Gebrüll und den sehr feinfühligen Gegenparts.

THIS IS NOT UTOPIA würden gerne beginnen, aber niemand hat den kleinen Cedric aus dem Kinderparadies abgeholt. Oder seine süßen Zöpfchen müssen noch fertiggeflochten werten. Habe ich süß gesagt? Ich meine gewaltig! Wie eine 100-schwänzige Peitsche rast sein Haar durch die Luft, als er dann doch die Bühne betritt und von null auf WTF in 0,1 Sekunden die Stille im Raum zerfetzt.
Unterstützt wird diese gekonnte Lungenvolumen-Angeberei vom Klargesang des Bassisten Tobi, der hervorragend mit Cedrics Shouts harmoniert. Hört euch unbedingt „Apex Predator“ auf „A Question Of Etiquette“ an!

Derweil werde ich weiter stumpfe Oberflächlichkeiten daherreden: Wo war ich? Ja, beim Bassisten. Wenn BOSSE mit seinen Genen wesentlich mehr Glück gehabt hätte, hätte er vielleicht so aussehen können. Unterdessen schwingt der letzte Lude – Cute-Edition – in seiner Adidas-Jacke geschickt ein sechssaitiges Krach-Dingsbums und der eine von den THE BEATLES tut es ihm gleich. Am Knüppel-O-Maten rastet unterdessen Knuffi McKnuffiface aus. Das macht Spaß und ist schön anzusehen!
Ich soll noch was zur Musik sagen? THIS IS NOT UTOPIA sind schon lange geil und toppen das mit ihrer ersten Platte in voller Länge nun noch mal massiv. Wenn du bisher keine Gründe gefunden hast, warum Metalcore nicht aussterben sollte, dann liefern sie hier und mit „A Question Of Etiquette“ zwei der absolut besten! Das sieht auch das Publikum so: Als ein Live-Video gedreht werden soll, brennt das Indra förmlich und ein formschöner Circlepit dreht regelrecht durch (pun intended).

Ein weiterer Höhepunkt des Abends ist der neue Song „Fahrenheit“, der nicht nur das von einem Fan nicht zum ersten Mal reingerufene Prädikat „Bester Song!“ erhält und die überzeugendste Harmonie zwischen Cleans und Shouts mitbringt, sondern eine wunderbare Wall of Death herbeizaubert – auch wenn das sympathische Kuschel-Geschubse der THIS-IS-NOT-UTOPIA-Fans glücklicherweise überhaupt gar nicht nach Death aussieht.

Fazit:
Verdammt geiler Scheiß – oder wie Cedric selbst sagen würde: nice!


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