21.03.2011, ((szene)) Wien

DEVIN TOWNSEND PROJECT

Text: nagelfar | Fotos: caroline
Veröffentlicht am 23.03.2011

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Erste richtige Europatour und dann gleich mal Headliner in gut gefüllten bis ausverkauften Hallen, das muss Mr. Townsend erstmal jemand nachmachen! Hat man ihn und diverse Mutationen seiner noch diverseren Bandprojekte in den letzten Jahren vornehmlich auf Festivals antreffen können, so bot diese Headliner Tournee nun erstmal die Möglichkeit, den Großmeister des Wasauchimmer-Metals im, naja, zumindest halbwegs intimen, Clubrahmen kennenzulernen.

Dass Devin seine Fans wichtig sind konnten wir schon nach unserem Interview sehen, als dieser, bestens gelaunt, sich vor den Club bemühte um den dort schon anwesenden, vornehmlich ausländischen Fans, so ziemlich jeden möglichen und unmöglichen Gegenstand zu siginieren, für Fotos zu posen und geduldig diverse Fragen zu beantworten. Auch zwei weitere Fakten sollen hier nicht unerwähnt bleiben (und damit aus dem Weg geschafft sein): Ja, das Bier kostet in der Szene [noch, weiterhin] 3,60 und die Merchpreise waren mit 16 Euro für ein T-Shirt und 35 Euro für einen Hoodie Sweater wirklich erfreulich. Wichtiger als die Frage nach den Preisen war aber natürlich die Frage nach der Musik. Würde die Townsend-Wall-Of-Sound in einem Club überhaupt zur Geltung kommen können? Würde die Stimme des Meisters ähnliche Dimensionen erreichen wie auf CD? Würden wir Nummern von STRAPPING YOUNG LAD hören? würden die eher seichten Nummern des "Addicted" Album einen wesentlichen Beitrag zur Songliste leisten? Würde Ziltoid die Erde endgültig vernichten?

Bevor diese wirklich brennenden Fragen beantwortet werden konnten, durften jedoch erstmal die (gefeierten?) Newcomer von AEON ZEN auf die Bühne. Sehr melodisch, teilweise progressiv, insgesamt zu zerfahren. Die Vergleiche zu Bands a la QUEENSRYCHE und SYMPHONY X kann ich nachvollziehen, bis man deren Status erreicht werden aber noch viele Jahre ins Land ziehen müssen. Bezeichnend, dass gerade mal hängen blieb, dass irgendeiner der Tourmusiker (Wikipedia sagt es ist der Keyboarder) mal bei DRAGONFORCE gespielt hat. Nunja, erfreulicherweise sollte das jedoch die einzige Vorband bleiben und damit genug Spielzeit für den Meister himself vorhanden sein, eine willkommene Abwechslung in Zeiten der "55 Minuten plus eine Zugabe" Headliner!

Glücklicherweise habe ich in über 20 Jahren und nach hunderten Konzertbesuchen eines gelernt: Der Sound wird besser. Gerade bei Bands die vielschichtige und komplexe Musik praktizieren, dauert es oft zwei bis drei Nummern, bis die Snare nicht mehr klingt wie ein rostiges Häferl, die Gitarren nicht vom Bass überdröhnt werden und die Stimme nicht komplett untergeht. Nicht anders ging es Mr. Townsend, der, stimmlich leicht angeschlagen, zuerst sein Alter Ego Ziltoid mit launigen Videos die Halle aufheizen ließ. Wer bis zu diesem Zeitpunkt noch Fragen bezüglich "sweaty balls" oder kreativen Bezeichnungen für weibliche Geschlechtsmerkmale hatte, sie wurden beantwortet! Besonders hervorheben möchte ich an dieser Stelle das Publikum. Selten, dass eine Band ab der ersten Sekunde so bejubelt wurde, selten, dass eine so positive Grundstimmung herrschte, selten, dass soviele Leute die Hände in die Höhe bekommen haben, bevor überhaupt noch der erste Ton zu vernehmen war. Böse Zungen behaupten ja, dass dies am zahlreich erschienen ausländischen Publikum gelegen hat...sie haben vermutlich recht. Weiters hervorzuheben ist die hervorragende Playlist, mit der wir auf dieser Tour beglückt wurden, einen umfassenderen Querschnitt durch das musikalische Schaffen von gut 20 Jahren hätten man sich kaum wünschen können. Dabei vermutlich einmalig die Darbietung von "Seventh Wave", die nicht nur mir ein überbreites Grinsen ins Gesicht zauberte, welches durch das darauf folgende "Life" nur gesteigert werden konnte. Fantastisch auch der gelungene Einsatz von Samples, Backingvocals/Chören und den im Metal leider SO kaum anzutreffenden Subbässen, spätestens bei "Truth" folgte hier ein beuschlresonierender Schlag dem nächsten, Halleluja Mr. Townsend, Halleluja!

Über die restliche Playlist will ich nicht allzuviele Worte verlieren (langweilig, gibt's eh hier nachzulesen!) aber selbst humorliebende Ziltoid Fans kamen voll auf ihre Kosten, nicht zuletzt durch die unterhaltsame "Intermission" welche Band wie Publikum eine kurze Verschnaufpause bot und Mr. Townsend zu einer humoristischen Spoken Words Einlage verführte, Mikael Åkerfeldt lässt grüßen. Diese führte ansatzlos in den ersten Zugabenblock über, welcher die Nettospielzeit schon mal auf gut 80 Minuten hinauftrieb und im satirisch hippiesken "Earth Day" sein Ende fand. Die dazu gezeigten National Geographic Visuals waren so passend wie ungewöhnlich und eine willkommene Abwechslung zu den üblichen, computergenerierten Bildern. Last but not least musste jedoch auch dieser Abend ein Ende finden und dieses manifestierte sich in einer Bühne voller ausgelassen tanzender Fans und dem Pophit "Bend It Like Bender!" für den sich der Meister noch ausführlich entschuldigte, passiert auch eher selten. Es bleibt als Fazit ein Konzertabend, der besser kaum verlaufen hätte können, ein Musiker, der sich nicht nur vollkommen irr sondern auch extrem sympathisch gibt und eine ehrliche Rockperformance, die hunderte Menschen eine Spur glücklicher gemacht hat - fast schon kitschig - nur von STRAPPING YOUNG LAD bekamen wir leider nichts zu hören, diese Ära ist wohl endgültig abgehakt.


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