23.04.2022, Tilburg,
ROADBURN 2022 - TAG 3 - ULVER + KÆLAN MIKLA + LITURGY und mehr...
Am dritten Tag kommen im Normalfall schon die ersten Ermüdungserscheinungen. Aber bis jetzt war der Partymodus bei mir noch auf Sparflamme, und daher war ich noch einigermaßen frisch (trotz kurz vor der Abreise überstandener Covid-Erkrankung)!
Daher stand ich auch schon bei der ersten Band auf der Matte: DIVIDE & DISSOLVE im Terminal fand ich aber leider nur mäßig spannend. Zwei Frauen, die minimalistische Doom-Wände mit Saxophon-Loops unterlegen.
Die Spannung war nun aber schon groß, was den nächsten Act betraf. Die Cellistin und Komponistin JO QUAIL hatte schon Auftritte am Roadburn in Kooperation mit AT THE GATES, MONO und MYRKUR. Nun gab es aber mit "The Cartographer" ein Auftragswerk, bei dem Jo federführend war. Das Stück wurde aufwändig und langwierig vorbereitet und das sah man auch schon am Bühnenaufbau mit etlichen Notenständern, Pauken und Klavier. Und dann waren da auch noch acht Posaunen, eine Violinistin und einen Dirigent! Später mischten sich dann auch noch eine Sängerin und ein Sänger ein! Dazwischen Jo mit ihrem E-Cello, hoch konzentriert, tief versunken in ihr Schaffen. Dazwischen aber auch immer wieder ein Lächeln. Soundtechnisch ist es für mich schwierig zu schubladisieren, Post-Neo-Klassik oder so ;-). Aber alles in allem eine großartige Performance aller Beteiligten!
Als Kontrastprogramm konnte man sich dann nebenan bei GNOD zwischendurch ordentlich die Ohren durchblasen lassen. Die Band aus Manchester verströmte mit ihrem Psychedelic-Noise-Rock auch noch einen ordentlichen Punk-Vibe.
In der Haupthalle ging's dann aber wieder ruhig weiter. Ein einsamer Flügel und eine Akustik-Gitarre waren nun die einzigen Instrumente auf der Bühne. EMMA RUTH RUNDLE stand auf dem Programm und wir durften diesmal nur während der letzten 15 Minuten fotografieren. Wohl um die Atmosphäre der sehr fragilen und minimalistischen Kompositionen nicht gleich zu Beginn zu stören, denn es standen nur Songs aus dem im letzten Jahr erschienen Album "Engine of Hell" auf der Setlist. Und in der Tat, das Klackklackklack der Kameras war dann im neben der Musik mucksmäuschenstillen Saal deutlich zu hören...
"Norwegian Gothic" – so auch der Titel ihres letzten Albums - boten danach ARABROT in der Next Stage. Ihre Mischung aus Goth-Rock, Postpunk, Noise und Metal wird dieser Bezeichnung durchaus gerecht. Das Ganze wirkt auch irgendwie wie eine religiöse Zusammenkunft: Das auffällige Bühnenoutfit von Sänger Kjetil Nernes mit einer Art Amish-Hut, komplett in weiß, ebenso KARIN PARK in einem weißem langen Kleid, und über dem Schlagzeuger thront ein mit Glühbirnen beleuchtetes Kreuz. Passend dazu dann auch gleich der erste Song "The Gospel". Und so predigt sich das Trio dann durch ein abwechslungsreiches Set, für mich eines der besten Konzerte des Festivals!
Was es nicht alles gibt! Auf der Mainstage waren danach LITURGY an der Reihe. Und die spielen Transcendental Black Metal. Das bedeutet, dass sie nichts mit dem antichristlichen, satanischen oder misanthropischen Oldschool BM am Hut haben, sondern sich ihre eigene ideologische Nische geschaffen haben (in die konnte man auch am nächsten Tag tiefer eintauchen). Dass derartiges unter den "Trve Black-Metallern" natürlich oft belächelt wird, liegt auf der linken Hand. Aber wir sind ja hier am Roadburn, und daher gibt's diesbezüglich keinerlei Ressentiments oder sonstige Probleme, und so lauschten die Besucher in einer gut gefüllten Halle der Mischung aus brachialer Raserei und infernalem Gekreische.
Eine Neuentdeckung für mich waren auch NOTHING, die ich in der Terminal Stage besuchte. Das Quartett aus den USA bot feinen Shoegaze Rock, und ich freue mich immer, wenn ich mal wieder über einen derartigen Sound stolpere!
Daneben im Zelt gab es SILVER KNIFE, eine unheilige Black Metal Allianz mit Mitgliedern von LASTER, WOLVENNEST, HYPOTHERMIA und PARAMNESIA. Die ewig lange Menschenschlange davor ließ aber schon vermuten, dass es drinnen bereits knackevoll ist. Da machte ein Durchdrängen zur Stage, um Fotos zu machen, auch nicht mehr viel Sinn, und so lauschte ich nur kurz von ganz hinten ein bisschen rein. Atmospheric Black Metal in seiner besten Form, das wäre schon sehr genial gewesen!
Aber allzu viel Zeit war leider nicht, denn die drei isländischen Elfen von KÆLAN MIKLA standen dann als nächstes am Programm. Der Engine Room war sehr gut gefüllt, und das zeigt, dass die Ladies über die letzten Jahre auch viele neue Fans gefunden haben. Dass die neuen Sachen etwas gefälliger und weniger sperrig sind, ist vielleicht mit ein Grund.
Ich finde es auf jeden Fall immer toll, wenn ich dem Post-Punk/Synth-Wave der Damen lauschen kann!
Langsam neigte sich der Konzert-Tag dann dem Ende zu. Das Finale gab es für mich auf der Hauptbühne. Das Stage-Setup von ULVER ließ wieder auf interessante Visuals schließen: Über die komplette Bühnenfront war eine transparente Leinwand gespannt (was ein Fotografieren vom Fotopit natürlich sinnlos machte). Und die Erwartungen wurden erfüllt! Es war wirklich ein visuelles Feuerwerk! Leider konnte aber die Musik auf Dauer nicht mithalten. Zu wenig Abwechslung bei den Songs und zu lange jamartige Instrumentalpassagen konnten für mich den Spannungsbogen nicht über Konzertlänge aufrecht erhalten. Schade, da wäre musikalisch mehr drinnen gewesen!
Das Dark-Pop Projekt KANGA hatte ich mir schon vorab vorgemerkt, war mir aber nicht sicher, wie fit ich um halb zwei noch sein würde. Aber nach einer kurzen Pause mit einigen "Erfrischungsgetränken" war ich dann doch noch in Partylaune und so hab' ich mir die Hupfdohle noch gegeben (ohne Kamera...). Hey ho, let's go!