20.12.2013, Hanns-Martin-Schleyer-Halle

SUBWAY TO SALLY's Eisheilige Nacht 2013

Text: Anthalerero | Fotos: Anthalerero
Veröffentlicht am 28.12.2013

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SUBWAY TO SALLY's Eisheilige Nacht hat sich in den vergangenen Jahren zu einem beliebten Indoor-Event entwickelt. Stets mit den Urvätern des Mittelalterrocks als Headliner, tingelt alle Jahre wieder unter dem Banner der Eisheiligen Nacht ein buntes Konglomerat von Bands aus verschiedensten Genres während der Weihnachtszeit durch Deutschland. Für die diesjährige Ausgabe holten sich SUBWAY TO SALLY die Monster-Rocker LORDI, die Folk-Metaller KORPIKLAANI (beide aus Finnland) und die deutschen Gothic-Rocker LORD OF THE LOST mit ins Boot. Am 20. Dezember machte die Tour Station in Stuttgart, wo die Hanns-Martin-Schleyer-Halle vom ca 70 Mann starken Tourtross beehrt wurde. In der fast 15.500 Personen fassenden, größten Veranstaltungshalle Süddeutschlands wirkte die nicht ganz mittig im Oval aufgebaute Bühne fast verloren, und auch die mehr als 4.000 Besucher füllten das Parkett der Halle gerade mal bis zur Hälfte aus. Selbst die Tatsache dass die ungenützten Tribünen ringsherum mit Vorhängen verhängt waren um die Halle optisch zu verkleinern, machte die Halle weniger erdrückend. Vielleicht lag es an der schieren, erschlagenden Größe der Schleyer-Halle dass man sich an diesem Abend des Gefühls nicht erwehren konnte dass der letzte Funke zur ekstatischen Begeisterung nicht so recht aufs Publikum überspringen wollte.

Eröffnet wurde der Konzertabend von den deutschen Gothic-Rockern

LORD OF THE LOST

. Obwohl die genretypisch top gestylten Herren dem Großteil des Publikums (mit Ausnahme der stimmkräftigen weiblichen Fraktion die extra für sie angereist war) relativ wenig sagten, konnten sie für ihren traditionell eher undankbaren Platz als erste Band sehr viele positive Reaktionen des Publikums einfangen. Laut eigener Definition spielen LORD OF THE LOST Dark Rock, der wie eine Mischung aus HIM und RAMMSTEIN klingen soll. Das ist keineswegs irreführend, wechselten sich doch tatsächlich relativ harte Industrial-lastige Songs die auch mit Elektro-Elementen kombiniert wurden mit nachdenklich-melancholischen Faserschmeichlern ab. Frontmann Chris klang mit seiner tiefen, melodischen Stimme in der Tat ein wenig nach Ville Valo, während sein Stageacting am ehesten an den Fronter der DEATHSTARS erinnerte. Technisch einwandfrei, lediglich mit streckenweise zu leisen Vocals konnten LORD OF THE LOST das bereits zu diesem Zeitpunkt sehr zahlreiche Publikum über weite Strecken überzeugen und auch häufig zum Mitklatschen animieren. Dementsprechend wurde ihr Auftritt auch mit verdientem Applaus honoriert.

Obwohl in anderer Reihenfolge angekündigt (und so auch auf Flyern und Tourshirts vermerkt), wurde als nächstes die finnische Monstertruppe von

LORDI

auf das Publikum losgelassen. Die Finnen brauchten nach ihrem versehentlichen Song Contest-Sieg 2006 nicht mehr extra vorgestellt werden, und wurden vom Publikum mit ordentlichem Beifall empfangen. Nach einem etwas verhaltenen Beginn aufgrund von technischen Problemen, und herumliegenden Flaschen auf der Bühne die das Obermonster mit seinen turmhohen Plateauschuhen beinahe zu Fall brachten, stieg auch das Publikum auf die kauzig vorgetragenen Mitsing-Hymnen der Finnen ein. Zwischen Co2-Kanonen und Kettensägen wurden Roadies auf der Bühne enthauptet und ein ziemlich blutiges "Chainsaw Buffet" serviert, ehe LORDI dem Publikum zwischendurch ein "Happy New Fear" wünschten. Auch "Blood Red Santa" bekam passend zu Weihnachten seinen Gastauftritt, und verteilte allerlei (Merch-)Gaben aus seinem Jutesack ins Publikum. Nach Fledermausflügeln ("Devil Is A Loser") und einem Meer aus gestreckten Mittelfingern ("Sincerely With Love") fragten die Finnen noch "Would You Love A Monsterman?" in die Runde - was das Publikum mit eindeutigem JA beantworten konnte, und die gründlich verschwitzten Latexmonster sodann mit lautem Jubel unter die verdiente Dusche entließ. Bis auf die anfänglichen Probleme mit zu leiser Gitarre und einem über zwei Songs hinweg auf dem Fell nachschlagenden Drum-Mikrofon, konnten die rockenden Monster trotz der Unkenrufe auf ganzer Linie überzeugen und einige neue Fans dazu gewinnen. Auch der rege Betrieb am Merchtable von LORDI, der gegen Ende des Abends fast ausverkauft war sprach Bände.

Nachdem die erste finnische Band des Abends ordentlich vorgelegt hatte, war es an der Zeit für den nächsten nordischen Exportschlager namens

KORPIKLAANI

nachzulegen. Der energiegeladene Humppa-Party-Metal nahm das Publikum auch sofort für sich ein, und die Fans der Finnen schwangen enthusiastisch das Tanzbein und ließen die Matten kreisen. Doch mit Fortdauer des Gigs wurden die Reaktionen der Zuschauer spärlicher, bis auf die im Publikum verstreuten Hardcore-Fans die man durch wirbelnde Haare und Gliedmaßen leicht identifizieren konnte. "Irgendwie klingt das alles gleich..." fasste ein an der Mischpult-Absperrung lehnender Besucher die Situation sehr treffend zusammen. Wobei es weniger am Songmaterial an sich, als vielmehr an dem suboptimalen Mix lag dass die Identifizierung und Unterscheidung der gespielten Stücke kaum möglich war (Besucherdialog: 'War das gerade "Happy Little Boozer"?' 'Ich glaub schon...'). Fast über die komplette Länge des Auftritts gab es übersteuernden Bass und matschigen Gitarrensound, dafür aber alles übertönendes Akkordeon und die zumindest körperlich auf der Bühne anwesende Geige war so gut wie gar nicht auszumachen. Für die wenigen Publikumsreaktionen zeigten sich vermutlich auch die gebrabbelten, kaum verständlichen Ansagen des Sängers Jonne verantwortlich, deren Wortlaut man beim besten Willen nicht verstehen konnte. Doch die Sprache des Alkohols ist international, so wurden zumindest die Sauf-Hymnen "Vodka" und "Beer Beer" gebührend abgefeiert, auch wenn Korpiklaani nach ihrem eher durchwachsenen Auftritt ein gespaltenes Publikum zurückließen. Wer mit dem bierselig-schrägen Spaß-Metal der Finnen überhaupt nichts anfangen konnte, nutzte die Zeit ohnehin um sich ich am halleninternen Imbiss (mit gesalzenen Preisen!) für den Headliner zu stärken.

"Stille Nacht, Eisheilige Nacht..." dröhnte es aus den Boxen - und dann gab es auch schon den ohrenbetäubenden Knall der anzeigte dass sich der Headliner

SUBWAY TO SALLY

anschickte die Bretter die die Welt bedeuten zu betreten. Das sollte auch die letzte verschlafene Nase in der Halle wieder aufgeweckt haben, inklusive der Bühnensecurity die kollektiv zusammenzuckte. Und da ward er gleich wieder, der übersteuerte Bass, der seit Korpiklaani sonor durch die Halle wummerte und hallte - doch dieses Mal erbarmte sich der Tontechniker, und bekämpfte die Soundschwächen während der ersten Songs. Das sorgte schlussendlich für einen eines Headliners würdigen, kristallklaren und differenzierten Sound wie man ihn sich bei vielen Konzerten wünschen würde. Lediglich die ersten Reihen mussten Abstriche in Kauf nehmen, da um die große Halle würdig zu beschallen der Lautstärkepegel direkt vor den Boxen schon an der Grenze zur Gesundheitsgefährdung einzustufen war. Zumindest die Fotografen verließen den Graben unisono mit klingenden Ohren - trotz Gehörschutz. Was Performance und Können angeht sind die alten Hasen von SUBWAY TO SALLY ohnehin über jeden Zweifel erhaben, auch wenn die Band an diesem Abend im Vergleich zu den vor Energie geradezu sprühenden Vorgruppen ein wenig müde wirkte. Vielleicht entstand der Eindruck auch nur durch die zwar ausgewogene, aber mit vorwiegend langsameren Songs ausgefüllte Setlist, die zumindest für Nicht-Liebhaber der sehr außergewöhnlichen, stark polarisierenden Stimme des Fronters Eric Fish ihre Längen hatte. Zumindest ein Teil der Besucher sah das wohl ähnlich als nach "Sieben" und "Kleid Aus Rosen" jeweils zwei kleinere Abwanderungsschübe einsetzten. So präsentierten sich die Reihen zu den letzten Stücken von SUBWAY TO SALLY zwar ein wenig gelichtet, aber dafür bei bester Stimmung. Die abgewanderten Zuschauer fielen um das Vergnügen einer amtlichen Pyroshow um, da sich die über das Set zunächst nur spärlich verteilten Knalleffekte klarerweise im hintersten Viertel der Show konzentrierten - selbst schuld! Alles in Allem war die Eisheilige Nacht 2013 ein interessantes, weil sehr stilistisch sehr abwechslungsreiches Bandpaket, bei dem alle Bands eine angemessene Spielzeit zur Verfügung hatten. Einzig die überdimensionierte Halle mit ihrer einschüchternden Größe dämpfte die positive Grundstimmung ein wenig, und hemmte die zahlreich erschienenen Besucher wohl ein wenig daran so richtig aus sich heraus zu gehen. Das ist rückwirkend betrachtet ein wenig schade, doch wird man vermutlich daraus Konsequenzen ziehen und für die nächste Ausgabe der Eisheiligen Nacht eine etwas gemütlichere Halle wählen.


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