03.06.2009, Kulturhaus Fürstenfeld

SUMMER NIGHTS

Veröffentlicht am 07.06.2009

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An einem sonnigen und gemütlichen Mittwochabend bricht die buchstäbliche Hölle über die beschauliche oststeirische Thermenhauptstadt Fürstenfeld ein. Der angrenzende Würstelstand wird von volltätowierten Menschen belagert, mobile Schaulustige mit tiefergelegten Vehikeln werden süffisant belächelt und der Eingangsbereich ist übersät mit Kappen, Ohrtunnel und halblangen Frisuren. Hardcore ist heute angesagt – das ist hier wohl jedem klar. Das Kickside-Team lädt zu einer weiteren Runde kollektiven Moshens und körperlicher Verausgabung in einem familiären und gemütlichen Rahmen. Rund 350 Anwesende lassen sich weder vom darauffolgenden Arbeitstag, noch vom allseits herrschenden Prüfungsstress davon abhalten, das erstmals für härtere Klänge verwendete Kulturhaus bis über Mitternacht hinaus zu belagern. Autokennzeichen aus Wien, Niederösterreich und Burgenland werden registriert und beweisen, dass das Kickside Quartett mit ihrer langjährigen Erfahrung regelmäßig überregionale Veranstaltungen auf die Beine stellt.

Um Punkt 19.00 Uhr steirischer Ortszeit beginnt das „Summer Nights“ und lässt die Deutschlandsberger Metalcore-Institution

UNHALE

das Fest eröffnen. Aufgrund beruflicher Verpflichtungen war es mir nicht vergönnt, den Opener des Abends zu sehen. Nach mehrfacher Informationseinholung wird mir aber ein explosiver und straigher Auftritt des Quintetts bestätigt. Weiter geht’s mit den Grazer Hardcore/Punkern

FATHER AND GUN

, die sich so nebenbei gerade auf einer Split CD-Release Tour befinden und als einheimischer Support für dieses große Konzert natürlich viel Aufmerksamkeit auf sich ziehen können. Diverse Mitglieder der Band waren schon bei Szenegrößen wie BOUNZ THE BALL oder THE MINUTE BETWEEN dabei und bieten eine dementsprechend hohe musikalische Qualität. Das Publikum bleibt zu dieser frühen Stunde noch überschaubar, lässt sich nach den ersten drei/vier Songs aber bereits von der Spielfreudigkeit und dem Stageacting der Städter mitreißen. Zurück bleibt ein gelungener Auftritt, der als Einheizer perfekt gewählten Truppe. Das internationale Paket wird von

TRAPPED UNDER ICE

aus Baltimore eröffnet. Deutlich im Old-School Hardcore verankert, füllen die Jungs aus den US of A erstmals das Fürstenfelder Kulturhaus. CROWN OF THORNZ, LIONHEART oder auch INTEGRITY haben den Burschen augenscheinlich als Vorbilder gedient. Der Sound bekommt aber nicht den nötigen Druck, um das ganze Geshreddere auch wirklich wirksam in die Massen zu streuen. Eingesetzte Gang-Shouts vermischen sich mit Power Chord Verschiebungen und Breakdowns. Garniert wird die ganze Chose mit den obligatorischen Moshparts. Als Vorband dieser Tour ideal besetzt werden TRAPPED UNDER ICE mit dem bestehenden Material aber auch nicht viel weiter darüber hinaus kommen. Trotz deutlich sichtbaren Bemühens wirkt die Band in ihrer Gesamtheit einfach zu beliebig.

Das erste Highlight dieses Abends folgt aber auf den Fuß:

STICK TO YOUR GUNS

. Die fünf Jungs aus O.C., California zocken druckvollen Hardcore, der aber mit vielen Rock- und Punklicks vermengt wird und damit eine Eigenständigkeit aufbringt, die niemals fad oder eintönig wirkt. In herausragender Hochform befindet sich vor allem Shouter und Bühnenderwisch Jesse Barnett der – mit szenetypischem Vegan Straight Edge Gürtel behaftet – auf der kleinen Bühne unzählige Kilometer abspult und allein durch seine extrovertierte Anwesenheit die ersten Circle-Pits und Moshstakkatos entfacht. STICK TO YOUR GUNS sind bereits sehr bekannt und auch zu Recht beliebt. Songs wie „Looking For The Surface“, „Enough’s Enough“ oder „We Must Look Like Ants“ sind Hardcore-Brecher vor dem Herrn und lassen keinen der hier Anwesenden ruhig zurück. Nach anfänglicher Vorsicht fallen bald alle Hemmungen und vor der Bühne sieht man nur mehr fliegende Gliedmaßen. Abgeschlossen wird der großartige Gig mit dem Übersong „This Is More“, der durch seine wuchtige Intensität die ersten Maniacs auf die Bühne befördert. Spätestens jetzt ist die Party am Laufen!

Schwerer Stand für die Holländer

BORN FROM PAIN

, die mit ihrem gewohnten Metalcore-Paket als einzig europäischer Vertreter dieser Tour nicht so ganz zum Rest des Billings passen. Einen bombastischen Sound und alles vernichtende Kompositionen kann der Fünfer schon seit jeher sein Eigen nennen, aber man wirkt mit dem Thrash-lastigen Material in gewisser Weise falsch aufgehoben. Shouter-Neuling Rob Franssen hat sich mittlerweile perfekt integriert und bringt eine souveräne Show. Das Stageacting wirkt etwas eingefroren, STICK TO YOUR GUNS kann man in punkto Bühnenaction einfach nicht das Wasser reichen. Der Agilität der Fans tut das freilich keinen Abbruch. Es wird weiter gemosht was das Zeug hält und der Einbruch der Dunkelheit in der mit unzähligen Glasfenstern gebauten Halle lässt mehr Atmosphäre walten. Mittlerweile ist das Kulturhaus bis oben hin gefüllt und die Holländer tun sich – trotz andersartigem Sound – nicht schwer, die Massen zum Auszucken zu bewegen. „Sound Of Survival“, „Stop At Nothing“, „Rise Or Die“ oder “Reclaiming The Crown” – BORN FROM PAIN bieten einen bunt gemischten Querschnitt ihrer Bandgeschichte und machen nichts falsch. Das gewisse Etwas fehlt den Westeuropäern aber leider trotzdem…

Nach kurzer Umbauphase ist es endlich soweit. Die großen Headliner und Knochenbrecher erster Güte machen sich bereit, die Beschaulichkeit der Oststeiermark endgültig zu beenden.

TERROR

is in the house! Vokillist Scott Vogel und seine bunte Brutal-Crew machen keine Gefangenen und schlagen den Anwesenden mit ihren Hardcore Hassbrocken direkt ins Gesicht. Bassist David Wood scheint aus unerklärlichen Gründen ausgefallen zu sein, sodass sich BORN FROM PAIN Shouter Rob Franssen kurzerhand den 4-Saiter um die Schulter schwingt. Die Crowd kennt kein Halten mehr - wenn TERROR zockt, brechen Nasen und Parkettböden. Vom ersten Riff weg ist nichts mehr wie es war. Durchgehendes Stagediving, monströse Circle-Pits und unzählige Quadratmeter voller zuckender Körper. TERROR leben und spielen Hardcore wie wenige andere Bands der Szene und genau das erkennen und lieben auch ihre Fans. Das Hauptaugenmerk wird natürlich auf den neuesten Streich „The Damned, The Shamed“ gelegt, aber wer so viele potenzielle Nackenbrecher wie TERROR im Köcher hat, muss natürlich einen kompletten Karrierequerschnitt vorweisen können. „Never Alone“, „Better Off Without You“, „Push It Away“, „One With The Underdogs”, “Always The Hard Way” oder “Overcome” – die Kalifornier wechseln zwischen Alt und Neu, beweisen von Song zu Song, dass die Qualität der verschiedenen Veröffentlichungen nicht variiert sondern beständig stark geblieben ist. Die Bühne füllt sich mit Menschen die sogleich wieder runtersegeln und das Kulturhaus in ein Schlachtfeld der musikalischen Brutalität verwandeln. Dazwischen dürfen auch die Shouter der Vorbands ins Mikro ihrer Idole grölen – TERROR räumen an diesem Abend alles nieder und verlassen nach einer knappen Stunde den völlig verschwitzten und übel riechenden Saal, der nur eines zu sagen hat: Das war die Apokalypse! Somit geht eine großartige Show zu Ende, die sich als absolutes Highlight auf dem Hardcore-Sektor erwiesen hat. Tolle Organisation, passable Location und voll motivierte Bands sorgten für einen starken und launigen Konzertabend. Negative Punkte sind mit der Lupe zu suchen, dass man Bier und Zigarette nirgends gleichzeitig genießen kann war wohl der größte Minuspunkt eines ansonsten starken Festes. Horns Up für diesen tollen Abend!


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