Pleonexia - Break All Chains

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VÖ: 17.01.2014
Bandinfo: PLEONEXIA
Genre: Speed Metal
Label: Pure Underground Records
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Lineup  |  Trackliste

Vor Äonen von Jahren ging ein Ruck durch die Hartwurstszene, als damals ein Album Namens "Walls Of Jericho" von einer Hamburger Band erschien, die ein Kürbisgewächs als Maskottchen und Namensgeber wählte und damit bis heute weltweit Erfolge feiert. Mit rasendem Spielwitz kombinierte man bis dato noch unbetitelte Metal-Klischees mit amerikanischem Speed und in der Szene zuletzt noch unbenutzte simple Melodik - ein neues Genre war geboren. Mit "Keeper Of The Seven Keys" festigte man die neuen Pfade und lieferte ein (Doppel-)Album ab, welches noch heute für sämtliche Melodic-(Power)-Metal-Alben als Referenz herangezogen wird. Stilistisch genau zwischen diese beiden Alben passt "Break All Chains" der italienischen Neulinge PLEONEXIA und überzeugt mit ähnlichem Spielwitz, wie ihn die Kürbisköpfe in den Achtzigern an den Tag legten.

Warum man den eigenen Stil "Philosophic Metal" bezeichnen muss, bleibt schleierhaft. Weder sind die Texte hoch philosophisch ("I don't care about what you think about me"), noch betritt man musikalisch auch nur ansatzweise neue Pfade. Muss man auch nicht, denn auf "Break All Chains" folgt Kracher auf Kracher und Hymne auf Hymne, dass es ein richtiges Fest ist. Gleich Opener und Bandhymne "Pleonexia" erzeugt eine analoge Wucht zum HELLOWEEN-Kracher "March Of Time" und beweist dabei ein ebensolches Händchen für Dynamik, Twists und Melodik. Ähnlich speedig und melodisch geht es durch die komplette erste Albumhälfte, mal etwas humoriger ("Everything You Said"), mal etwas metallischer ("Iron Will"), aber immer auf handwerklich sehr gutem Niveau. Da ist es auch nicht allzu schlimm, dass sich die Refrains melodisch ziemlich gleichen und man ein Mal zu oft die gleiche Akkordfolge verwendet. Ob Drum Wizard Stefano Clara oder das Gitarren-Trio(!) aus Michele Da Pila, Federico Fondrini und Leonardo Manoiero, da wird gefillt, geblastet, soliert und gerifft was das Zeug hält - und das höchst ökonomisch, also ausschließlich, wenn der Song es verlangt. Dabei nimmt man auch kleine songwriterische Umwege in Kauf, so dass die Spannung konstant aufrecht erhalten bleibt. Die Keys von Lorenzo Luca dienen zu 90 Prozent der klanglichen Fülle und spielen sich angenehm in den Hintergrund, Sänger Da Pila klingt auffallend nach Martin Steene. Und da IRON FIRE bis zum "Rebirth"-Album bei den speedigen Songs auch immer nach HELLOWEEN klangen, dürften beide Fanlager Gefallen an dieser Scheibe finden.

In der zweiten Hälfte verlässt man den Melodic-Speed-Pfad ein wenig, öffnet sich mit der superben Halbballade "Use Your Mind" der Epik, bringt eine gewaltige Dosis NWoBHM ins Titelstück und sogar Punk/Early-Thrash-Vibes bei "We're Not The Same". Leider hat sich mit "We Just Want More" auch eine richtige Gurke aufs Album geschmuggelt. Eine simple und penetrant-nervige Keyboard-Hook (die dazu nicht authentisch Old-School, sondern einfach nur schrottig klingt) holpert sich durch einen halbfertigen Song, der von Epik bis Speed alles bedienen will, bei dem aber kein Part richtig zündet oder zusammenpasst. Schade. Auch schlägt hier das Hauptmanko des Albums potenziert zu, nämlich der Sound. Authentischer Retro-Klang schön und gut, aber mit ganz wenigen Mitteln ist da aufnahmetechnisch heutzutage einiges mehr rauszuholen, ohne unnötig zeitgemäß klingen zu müssen. Der produktionstechnische Aufwand scheint dahingehend eher in die Richtung zu zielen, künstlich auf alt trimmen zu wollen. Und das resultiert nicht in wohligen Flashbacks sondern in unnötigem Gerumpel.

Fazit: Ausgenommen der verkorksten Produktion und einem einzigen Ausfallsong ist "Break All Chains" einer der frischesten und authentischsten Referenzen an die Pioniertage des Melodic-Speed, die man sich wünschen kann. Wer etwas mit frühen HELLOWEEN, BLIND GUARDIAN oder mit Abstrichen auch den Speed-Songs von IRON FIRE anfangen kann, der sollte, nein, muss auf alle Fälle ein Ohr riskieren.



Bewertung: 4.0 / 5.0
Autor: Christian Wilsberg (10.01.2014)

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