SCHIZOFRANTIK - The Knight On The Shark

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VÖ: 08.11.2013
Bandinfo: SCHIZOFRANTIK
Genre: Progressive Rock
Label: Gentle Art Of Music/Soulfood Music
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Lineup  |  Trackliste

Die Avantgarde-Progger SCHIZOFRANTIK aus München rund um den umtriebigen Martin Mayrhofer haben wieder zugeschlagen. Und es ist wie nicht anders zu erwarten ein musikalischer Teufelsritt auf dem avantgardistischen Progschimmel geworden. Seit November 2013 steht ihr neues Album "The Knight On The Shark" in den Plattenläden.

Das musikalische Konzept: Konzeptlosigkeit

Ich muss an dieser Stelle zugeben, dass mir die Recken um den Multiinstrumentalisten Martin Mayrhofer bisher völlig verborgen geblieben sind, obwohl SCHIZOFRANTIK bereits seit 1998 in wechselnden Besetzungen immer wieder Alben produziert haben. Was es auch nicht leichter macht: das Konzept des Albums scheint mir spontan in einer Art völliger Konzeptlosigkeit zu liegen. Noch schwieriger: Das Album ist eine Achterbahnfahrt durch ein gnadenloses musikalisches Labyrinth. Insofern hat mich die CD offen gestanden zunächst völlig überfordert. Aber so ist die CD auch total abgefahren, voller Überraschungen und interessanter musikalischer Wendungen. Was die CD ebenfalls hergibt: Die Band um Mayrhofer ist mit großartigen Protagonisten besetzt, von denen sich so mancher "Weichei-Progger" durchaus eine Scheibe abschneiden kann.

Ich starte also den nächsten Versuch, mache es mir in meinem Sessel bequem, schiebe den Silberling erneut in den CD-Player und nehme das Booklet zur Hand. Denn immer dann, wenn ich Gefahr laufe, dass sich mir ein musikalisches Machwerk nicht so recht erschließen will, ist das in aller Regel hilfreich. Dabei stelle ich sehr schnell fest, dass Mayhofer und Konsorten zu jedem Stück eine Story abliefern, die die Entstehungsgeschichte der einzelnen Stücke mehr oder weniger liebevoll beschreibt.

Tiefer Griff in die avantgardistische Progkiste

Auf der Suche nach musikalischen Vorbildern muss ich dann tief in die avantgardistische Prog-Kiste greifen. Bei FRANK ZAPPA, KING CRIMSON und Konsorten werde ich fündig. Ohnehin scheint sich Mayrhofer gerne bei ZAPPA zu bedienen, dem Godfather des musikalischen Chaos. Aber eben auch nicht bedingungslos. SCHIZOFRANTIK kommen durchaus eigenständig daher, auch wenn diese gemeinsame musikalische Komponente in Form von ZAPPA-Chaos hier eindeutig zu finden ist.

Was man Mayrhofer und Konsorten jedenfalls nicht vorwerfen kann: Dass sie mit weichgespültem Prog daher kommen. Das verbietet allein schon die Tatsache, dass SCHIZOFRANTIK auch mit ihrer neuen Scheibe nicht anders eingeordnet werden können, als im Avantgarde des sogenannten Progressive Rock. Insofern erwartet den geneigten Zuhörer hier ständig das Unerwartete.

Schon der Basslauf ganz am Anfang der ersten Nummer "The Knight On The Shark (Beside The Ship Which Is Not Sunken Yet)" macht mich völlig irre und lässt für den Rest der Scheibe erwarten, dass da noch einiges auf mich zukommt, was es zu verkraften gilt. Kein leeres Versprechen. Der Silberling ist in der Tat teilweise ziemlich anstrengend aber dann irgendwie auch wieder großartig, weil völlig abgefahren.

Ziemlich beklopptes Coverartwork

Wenn man einen Blick auf das Coverartwork wirft, stellt man fest, dass es exakt zur abgelieferten Musik passt. Denn auch das ist völlig abgefahren: Ein einkopierter Ritter auf einem Hai vor einem mit Wasserfarbe gemalten Hintergrund, auf dem ein Schiff zu sehen ist. Und das Schiff ist noch nicht gesunken, weil das Kind, das das Motiv entworfen hat und das offensichtlich ein Neffe von Mayrhofer ist, sich dazu entschlossen hat, dass das Schiff dann doch voraussichtlich erst irgendwann in der Zukunft sinken soll. Cool!

Und hier wird dann auch, zumindest schemenhaft, das Konzept von Mayhofer sichtbar. Sein Konzept liegt in einer Art Konzeptlosigkeit. Denn offensichtlich hat der Multiinstrumentalist gar kein Konzept im eigentlichen Sinne im Sinn. Er setzt Ideen, die ihm musikalisch und textlich so in den Sinn kommen, Bilder, die in seinem Kopf entstehen oder von außen generiert werden, einfach musikalisch um und bannt sie dann auf einen Silberling. Fertig!

Was bei der aktuellen CD von SCHIZOFRANTIK musikalisch dabei herauskommt, ist erfrischend und spontan klingender Avantgarde Prog. Vom jazzigem Prog-Rock über Fusion-Prog, ZAPPA-mäßigem Avantgarde bis hin zu melodiösem Gitarrenprog reicht hier die musikalische Bandbreite. Das Angebot auf dieser Scheibe ist dann auch definitiv nichts für Weicheier. Wer allerdings auf abgefahrenen Avantgarde Prog mit jazzigen Fusion-Elementen steht und außerdem nichts gegen verproggte Tangonummern einzuwenden hat, für den kann die Neue von SCHIZOFRANTIK durchaus erste Wahl sein. Für alle anderen, die zumindest offen sind für eher experimentellen Progressive Rock ist es mindestens eine sehr interessante musikalische Erfahrung.

Persönliche Anspieltipps gefällig?

Besonders abgefahren und am klassischen Tango orientierte Nummer: "The Human Slaughter Tango". Auch heftig: "Nazis On LSD". Und: Wenn es auf dieser CD überhaupt eine "weichgespülte" Prog-Nummer gibt, dann ist das "Thanx Dog" - eine reine Gitarrennummer, jazzig angehaucht, sehr laid back und Schlagwerk-technisch mit Ambient-Elementen programmiert.



Bewertung: 4.0 / 5.0
Autor: Lothar Epe (01.01.2014)

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