Prosperity Denied - 12'' Split w/ SIX-SCORE

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VÖ: 30.06.2013
Bandinfo: Prosperity Denied
Genre: Death Metal
Label: Eigenproduktion
Lineup  |  Trackliste

Der Österreicher, er ist ein Suderant. Das ist seine Kampfdisziplin. „Wenn er nix ist und nix kann, geht der zum Bund oder der Bahn“, heißt es, und selbst wenn man ihn an jenen Stellen dankend ablehnt, so mag ihm vielleicht am noch so kleinsten Fünkchen Intelligenz mangeln, ein Geschick, sich über alles und jeden in noch so raffiniertester Finesse zu mokieren, das ist ihm dennoch gottgegeben. Der Wiener, er meckert nebst vielem anderen über die „Tschuschen“ und die „Bauern“, die Bundesländler meinend; Und jener, aus der Peripherie, er erkennt im Wiener den snobistischen Großkotz und weiß, im ihm grenzenteilenden Bundesland lauter „Dockan“, „Pleampl“ und zahlreiche andere Pejorativa daheim.

Aber gemeinsam, da sind die Österreicher stark und hetzen sie gegen das Ausland, wusste immerhin schon der große Thomas Bernhard, dass die heimische Leberknödelsuppe zu 50 Prozent aus Nazis und zu 50 Prozent aus Katholiken, ergo summa summarum 100 Prozent Idioten besteht. Hier jedoch, in der Musikbranche, da ist der Ausländerhass kein rechts motivierter, sondern man sieht sich – wie auch im Inland selbst, wohlgemerkt! – schlichtweg nicht beachtet. ORF und Ö3 kennen heimische Musiker nur sporadisch, per Zufall, und stets nur dann, wenn sie grad im Kontext des Internationalen schwimmen, und auch Fachmedien zeigen nur selten ein „Herz für Österreich“. Gleich ob Pop, Jazz, Electro oder Tralala: Wie auch vor einem halben Jahrhundert rühmt sich Österreich erst nachträglich gern mit den großen Namen, die zuvor flüchten mussten, um daheim Aufmerksamkeit zu lukrieren.

Fragt man international nach prägenden Künstlern, so hört man bei den Hartgesottenen gar vielleicht Verweise auf Mozart, nur selten werden Größen der Alpenrepublik – von PUNGENT STENCH über BELPHEGOR bis hin zu SUMMONING und ABIGOR – auch tatsächlich mit „Austria“ verbunden, denn jenes sucht man auf der Landkarte „where the kangaoors live“, und vermeint, es bei den zuvor genannten mit Deutschen zu tun zu haben. Auch Kollege Fröwein erkennt in einem Bericht für musicaustria die Negation von Österreich, innen wie außen: „Das katholisch geprägte Österreich ist für internationale Besucher eine Mischung aus „The Sound Of Music“, Arnold Schwarzenegger und Wiener Schnitzel. Doch die mitteleuropäische Zentrale hat inmitten saftig grüner Wiesen, mächtigen Gebirgsketten und beeindruckenden Seen auch genügend Platz für infernalische Blut-&-Beuschel-Klänge. Die österreichische Heavy-Metal-Landschaft ist nicht so ausgeprägt wie in anderen ähnlich großen Staaten, förderte aber so manch global respektierten Vorreiter zutage.“

Und tatsächlich, auch heute noch hat Österreich nicht allein ob des geschichtsträchtigen Gestern Anspruch auf zumindest eine Erwähnung im internationalen Reiseführer, wie die Splitveröffentlichung von SIX-SCORE und PROSPERITY DENIED beweist. Als snobistischer Hauptstädtler muss ich schnaufen, sind dies immerhin Linzer und Mödlinger, die sich anschicken, (erneut) dem Wiener zu zeigen, wo der Barthel den Most holt.

Neben DISTASTE, ROTTEN COLD, ANNIHILATE, sowie LOT und MONOLITH – beide letztgenannten schon am Zentralfriedhof begraben liegend – waren PROSPERITY DENIED von Anbeginn ihres Werkens an mein persönlicher Stern am Firmament – „Consciousless“ fuhr das Heu ein, auf „Go For Progress“ erntete man bereits Wasabi, und jeder, der sich das grüne Gold bereits einmal in die Nase zog, weiß, als wie unklug sich selbige Kurzschlusshandlung erweist. Nicht allein ihr latenter Hang zum großen Klaus Kinski, der auf der Split mit SIX-SCORE seine Fortsetzung findet, auch ihre kompromisslose Eigenständigkeit machte das Mödlinger Trio, das zuvor im Pandabären-Spektrum seine Sporen verdiente, zu einem Kleinod, das eigentlich durchaus Anspruch hätte, jenen internationalen Status in der Musikbranche verliehen zu bekommen, den Zotter, d’arbo und Manner im breiten Feld der Kulinarik bereits eingeheimst haben.

Georg Heine dürfte einem japanischen Hentai-Porn entsprungen sein, anders dürften jene Prügelattacken nur schwer durchführbar zu sein. In Heines Kit prallen nicht nur höchstgradig besoffene Rapid-Fans auf jene der Austria, auch der KAC wird auf den VSV losgelassen, das ist ein rabiater Tornado – hier wüten die Ultras in einer ungebändigten Manie. Tom, auch für den Bass verantwortlich, treibt mal keifend, mal grunzend, selten auch mit Hardcore-Shouts die beiden Blöcke zur „Wall Of Death“ an, und im Epizentrum, da steht ganz lässig, mit gegrätschten Beinen, Matthias und feuert aus jenen elektrisierenden Entladungen seinen Sechsssaiter an, dass selbst bengalische Feuer im direkten Vergleich abgewertet und plötzlich in jeder Trafik als handelsübliches Zippo erhältlich sind. Nur zu schnell sind die hierauf feilgebotenen zwanzig Minuten vorüber, doch der akustische Hooligan darf sich freuen: Der nächste Longplayer ist gerade in Mache.

Eröffnet wird jene wunderbare Vinyl-Veröffentlichung jedoch in Linz, immerhin: „In Linz beginnt’s.“ Es sind nicht die zuvor angesprochenen DISTASTE, sondern nicht minder fulminant die Herren SIX-SCORE, die sich ohne große Umschweife gleich der „Glaubensfrage“ stellen: „Frucade oder Eierlikör?“ Mit Pauken und Trompeten, Violoncello und Bratsche (so lügt ihr Facebook-Profil) hacken sich die vier, die 2010 bereits mit „Drudge“ aufhören ließen, durch die Botanik, dass die Regenwürmer singen und mit plötzlichem „Tunnelblick“ ausgestattet anstatt durchs feuchte Erdreich in den Hintereingang von Mauli, dem Maulwurf sich bohren. SIX-SCORE sind das Zäpfchen, das rezeptfrei schnellste Wirkung, dort, wo der Schmerz passiert – „im Inneren des Körpers“ – verspricht.

Was Schweden wie EXILE oder NASUM können, können diese Herren schon lange. Knarziger Bass, fieses Gekeife, wieselflinke Gitarrenarbeit und ein Schlagzeug im Schweinsgalopp. Herz von Österreich, was willst du mehr? Das groovt wie ein Moshpit im Elefantengehege von Schönbrunn, und wären sie noch nicht ausgestorben, würden die Velociraptoren nur zu gern zu jenen Klängen hier auf Einkaufstour durch die Feinkostabteilung gehen.



Bewertung: 4.0 / 5.0
Autor: Stefan Baumgartner (22.01.2014)

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