Oruga - Oruga

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VÖ: 04.11.2013
Bandinfo: Oruga
Genre: Sludge Metal
Label: Apathia Records
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Lineup  |  Trackliste  |  Credits

Es gibt derer Deutsche, die nennen sich DEPRESSION – und klingen auch danach. Und dann gibt es auch noch GRIEF, Briten, deren erste EP selbigen Titel ziert: „Depression“. Die Herren können einen den ganzen Tag versauen – heute ist ja auch vielleicht ein ganz, ganz guter Tag zu sterben. Gestern und morgen … eigentlich auch.

Zurzeit dröhnt es von links und rechts, von vorn und hinten, von oben und unten auf mich ein – der Suizid wird mit jedem Atemzug eingesogen, als setzte ich mich freiwillig in ein dunkles Kämmerchen, haushoch gefüllt mit Cyanwasserstoff. ORUGA, so aktuell die Wurzel allen Übels, drehen mit der Neuauflage ihrer selbstbetitelten Debüt-EP am Hahn und lassen strömen, ein Gasgemisch, dass sich forsch den Weg durch die Atemorgane den Weg unweigerlich in die Lunge bahnt.

Die Stimmung, in jener Kabause, ist freilich beklemmend – und doch fühlt man sich wie im Uterus, geborgen, nur, dass nicht der Geburtsprozess, sondern das Überschreiten der Grenze ins Licht angestrebt wird – vom Organischen zum Unbelebten. Dabei werden Frust, Hass, Leid und Pein entzogen – ein innerer Frieden macht sich breit, eine Destruktivität mit Empathie, eine Anleitung zum unglücklichen Glücklichsein und vice versa.

Es steht die letzte Ölung an, der Körper wird jedoch nicht gesäubert, sondern mit Dreck besudelt, mit blubberndem Teer übergossen, bevor er von den Franzosen hier in seine Elementarteilchen aufgelöst und mit pulverisiertem Aggregatzustand ins Jenseits gehaucht wird. Der Drecksauger von Thyssen-Krupp, er saugt nicht, sondern bläst, dieses fiese garstige Endprodukt – lähmt, anstatt dass er lärmt, sobald er durch Mark und Bein fährt. Freunde von UFOMAMMUT und ELECTRIC WIZARD, aber auch NEUROSIS und ISIS wissen ob der Druckfähigkeit jener schlammig-stehenden Akkorde, den quälenden Feedbacks und dem Knurren, dass Cerberus gleich hinterfotzig in jedem der Töne haust.

Dies klingt auch urtypisch nach NOLA, einem Monolith, der sich aus einem kehligen Organ und minimalistischem Groove nährt – DOWN allein haben den Todeskampf nicht gepachtet. „Oruga“ ist das Mittel zum Zweck, mit dem Bockwurstbudentod ein flottes – langsames – Tanzbein zu schwingen. Wie die Schlange im paradiesischen Garten schlängeln sie sich mit giftigem Gezische durch die Gehörgänge, nisten sich in der grauen Masse ein, infiltrieren mit ihrem Toxikum das zerebrale Nervensystem. Kein Wunder, dass bei so viel Geifer im Maul ORUGA selbst nach Atem ringen und sich krampfhaft an den verzerrten Feedbacks nach vorne hangeln. Hier ist der Todeskampf beiderseitig, der Wärter steht in der Kammer mit dem Delinquenten.

Wie auch die Doris von METALLICAs „Justice“, der blinden Beharrerin des Rechts, wird auch hier – namentlich „Blitzkrieg Lady“ – ein Koloss aufgebaut, der blind wütet, und hierauf durch eine Heerschar an Giganten niedergeschlagen bricht, inwendig zuvor aber bereits von sich aus, selbständig berstet und – als wäre er kristallen – in tausende Stücke splittert, Stücke, die, wie kleine Nadelgeschosse durchs Fleisch bohrend, ob des Blutstoßes für einen Moment an wohliger Wärme sorgen.

Psychotisch wirken somit nicht die Klänge der Introduktion, „Texas Chainsaw Massacre“ entliehen, allein, denn der Tanz mit dem Teufel ist hierauf ein leibhaftiger – nicht ganz so gekonnt, wie auf „Black Sabbath“, aber hier, bei den Franzosen, ist der Hexenmeister auch kein altes Weiblein oder Männlein mit strubbeligem Haar und windschiefen Hut, sondern ein Wolfsfisch: ein gar hässlich Lebewesen, mit Frostschutzmittel im Blut.



Bewertung: 3.0 / 5.0
Autor: Stefan Baumgartner (24.01.2014)

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